Wieder Probleme bei den Rangers: Geht noch in der laufenden Saison das Geld aus?
Fußball & Business 29.Januar.2014 Daniel Mandl 0
Seit die Glasgow Rangers 2012 in die vierte schottische Liga zwangsabstiegen, weil ihre Betreibergesellschaft insolvent war, wurde es um den Klub, der die meisten Landesmeisterschaften weltweit gewann (54) relativ ruhig. Doch es könnte wieder lauter werden, zumal die Rangers erneut schweren finanziellen Turbulenzen entgegensteuern.
Es sind Altlasten, auch vertraglicher Natur, die den schottischen Traditionsverein weiterhin quälen. Mit einer jungen Mannschaft gelang den Rangers in der Saison 2012/13 der Aufstieg in die Division Two, die dritthöchste Spielklasse des Landes. Phasenweise tragen „The Gers“ ihre Heimspiele im Ibrox Park vor fast 50.000 Zuschauern aus. Weltrekordkulissen für Spiele in einer vierten Leistungsklasse.
Nachdenklichkeit nach dem Division Three Meistertitel
Von 36 Spielen in der Division Three gewann die Rangers aber „nur“ 25. Elfmal konnte man den Platz gegen Konkurrenten wie Stirling Albion, Clyde, Peterhead oder Annan Athletic nicht als Sieger verlassen. Trotz des Aufstiegs gab man sich nach einigen unnötigen Punktverlusten gegen Amateurklubs, deren Spieler teilweise direkt von der Arbeit in die Umkleidekabine fuhren, um gegen die einst so großen Rangers anzutreten, nachdenklich. Also wollte die sportliche Leitung für die Saison 2013/14 vorsorgen.
Teure Neuzugänge – > Das Geld geht aus
Man lockte erfahrene Spieler vor der Saison in die League One (3.Spielklasse), die dem Team den nötigen Halt für einen neuerlichen Aufstieg geben sollten. Das System fruchtet sportlich: Nach 22 Runden führen die Rangers mit 64 Punkten die Tabelle der Division One an, spielten nur einmal Unentschieden. Aber den Blauen geht erneut das Geld aus – viel zu hoch sind die Ausgaben für den bombastischen Kader, von dem schottische Premier League Klubs zum Teil nur träumen können. Experten zu Folge dürfte den Rangers mitten in der noch laufenden Saison das Geld ausgehen…
25 Punkte Abzug?
Das Resultat dessen wäre ein Punktabzug von bis zu 25 Zählern. Hierbei handelt es sich um einen Abzug, der in der laufenden Saison mehr oder weniger verkraftbar wäre, zumal man nach 22 Runden 23 Punkte Vorsprung auf Dunfermline hat und praktisch jedes Spiel gewinnt. Die Rangers wären quasi Wiederholungstäter, weil schon in der Saison 2011/12, unmittelbar vor dem Zwangsabstieg, zehn Punkte vom Premier-League-Konto des Teams aus Glasgow abgezogen wurden. Daher das enorm hohe Ausmaß an potentiell abgezogenen Punkten. Ein Problem, mit dem heuer auch Heart of Midlothian zu kämpfen hat: Der Premier-League-Klub startete die Saison 2013/14 ebenfalls aus finanziellen Gründen mit 15 Punkten Abzug.
RFC vs. Club 12
Dass eine mögliche (neuerliche) Rangers-Strafe dermaßen hoch ausfallen würde liegt daran, dass der schottische Fußballverband Wiederholungstäter entsprechend höher bestrafen will. Und hier beginnt die Rangers-Posse kompliziert zu werden, weil der Verein nach dem Zwangsabstieg von neuen Eigentümern neu gegründet wurde. Fragt man einen Rangers-Fan, wird er behaupten: „RFC died in 2012“. Der neu gegründete „Club 12“, wie er in Schottland auch gerne genannt wird, ist eine neue Institution und wäre demnach noch nie insolvent gewesen. Somit dürfte man den neuen Klub nicht als „Wiederholungstäter“ sehen.
Was denn nun?
Die Meinungen der Fans prallen derzeit aufeinander: Die einen sehen die Glasgow Rangers laut schottischem Recht als weitergeführte Institution – die anderen verweisen schlichtweg auf das schottische Firmenbuchregister und die zwei verschiedenen Firmenbuchnummern der „neuen“ und „alten“ Rangers. Eine liquidierte Firma wäre „tot“, kann also kein zweites Mal sterben. Die Fans rätseln über das schottische Firmen- und Vereinsrecht, die Vorgehensweise der Football Association und das Wörtchen, das auch die UEFA früher oder später mitreden wird.
Mögliches Szenario
Fakt ist: Die Rangers werden mit großer Wahrscheinlichkeit noch in der laufenden Saison nicht in der Lage sein, den über sieben Millionen Euro teuren Kader zu bezahlen. Die Spieler stimmten einer Gehaltskürzung um 15% nicht mehr zu, so wie es noch vor 1 ½ Jahren der Fall war. Der Klub wird als neu gegründetes Unternehmen wohl nicht als „Wiederholungstäter“ behandelt, ein Punktabzug ist dennoch wahrscheinlich. So oder so werden die Rangers heuer in die zweithöchste Spielklasse aufsteigen. Die Dominanz der Mannschaft in der schwachen League One ist zu groß.
Mehr Nachhaltigkeit erforderlich
Das Problem des Rekordmeisters muss aber langfristiger betrachtet werden. Der Verein lebt über seinen Verhältnissen, blies den Kader vor der Saison nochmal auf, verabsäumte es aber nicht mehr benötigte Spieler von der Gehaltsliste zu bekommen. So steht aktuell unterm Strich ein Kader von über 30 Spielern, die in der dritthöchsten Klasse spielberechtigt sind. Große Exporte und Ablösesummen darf man sich aus der schottischen League One nicht erwarten und somit ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Rangers nachhaltiger denken müssen. Andernfalls wird es eines Tages der zweite Punktabzug des neu gegründeten Vereins sein – und der wird in einer höheren Liga passieren – der den Verantwortlichen und schließlich auch den Spielern später auf den Kopf fallen wird.
Kürzer treten, Nachwuchs forcieren
Was also tun? Ganz einfach: Back to the roots. Die Rangers müssen wohl oder übel ihre Topmannschaft nach dem Aufstieg wieder abspecken oder die Spieler tatsächlich dazu überreden, um ein Butterbrot zu spielen. Zweiteres wird nicht funktionieren und so dürfte der direkte Durchmarsch in die Premier League schwerer sein, als bisher angenommen. Der Verein muss auf natürliche Art und Weise wachsen und sollte eher eine Basis für talentierte schottische Nachwuchstalente sein.
Ausweg Europa?
Eine spektakuläre Variante, um den Verein auf gesündere Beine zu stellen wäre außerdem der Scottish Cup. Am 8.Februar treffen die Rangers im Achtelfinale auf Dunfermline, der aktuellen Zweiten der League One. Würde es den Rangers gelingen, sich über den Cup für die Europa League zu qualifizieren, könnte dies neben den Zuschauereinnahmen eine wichtige Finanzspritze für den weiterhin gebeutelten Verein darstellen. Dann würde sich aber wieder die Frage stellen, wie erbaut die UEFA darüber ist, dass die Rangers wohl schon in dieser Saison bei vielen Spielern in der Kreide stehen würden. Financial Fairplay lässt grüßen. Der romantische Gedanke von der sofortigen Rückkehr in den schottischen Top-Fußball könnte für die Rangers also noch zu einem Albtraum werden, sofern man weiterhin den kurzfristigen Erfolg über die langfristige Entwicklung eines Konstrukts stellt, das erst vor knapp 1 ½ Jahren wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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