Fußball ohne Zuschauer macht keinen Spaß – aber spielen müssen die Akteure trotzdem. Und auch wenn das Geisterspiel zwischen Rapid und der Admira von... Admira ambitioniert, Rapid kaltschnäuziger – das Geisterspiel geht mit 2:0 an Grün-Weiß

Fußball ohne Zuschauer macht keinen Spaß – aber spielen müssen die Akteure trotzdem. Und auch wenn das Geisterspiel zwischen Rapid und der Admira von „Training-Ground-Feeling“ geprägt war und in der ersten Runde der neuen Saison nicht untypische technische Fehler passierten, war das Spiel zwischen dem Vorjahresfünften und dem Aufsteiger durchaus schön anzusehen.

Dies lag allerdings zu Beginn hauptsächlich an der Admira, die sehr schnell umschaltete, aggressiv an den Mann ging, Rapid mit Kampf und Dynamik zusetzen wollte. Zudem wurden die Standardsituationen durch Plassnegger und Jezek gut getreten; die Admira hat Potential eines der „Standard-Teams“ der Liga zu werden. Was ja für technisch vermeintlich unterlegene Teams immer ein probates Mittel ist. Dabei ist die Admira aber auch noch technisch solide und vor allem Patrik Jezek und der sehr aktive Stefan Schwab ließen ihr Können im Hanappistadion des Öfteren aufblitzen.

ADMIRA SUCHT KNIPSER!

Was der Admira eindeutig fehlte (und was auch Trainer Didi Kühbauer nach dem Spiel bemerkte) war die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Zwar suchten die beiden Angreifer Froylan Ledezma und der starke Issiaka Ouedraogo stets schnell den Abschluss, versuchten nicht lange zu fackeln, das Endprodukt lässt sich aber noch nicht sehen. Es wird im Laufe der Saison wieder viel von den Knipserqualitäten des Benjamin Sulimani abhängig sein, zumal Ledezma und Ouedraogo nicht als Goalgetter bekannt sind. Der 33jährige Costa-Ricaner Ledezma erzielte in zwei Jahren für die Admira nur 13 Tore, Ouedraogo machte in drei Jahren für Grödig und die Red Bull Juniors in der Ersten Liga nur 15 Tore – im Schnitt also fünf pro Jahr. Beim 22jährigen Ouedraogo ist jedoch schnell ersichtlich, dass er auf clevere, passsichere Nebenspieler angewiesen ist. Wenn das Team über Spieler verfügt, die Ouedraogos Vorzüge, seine Schnelligkeit und seine Durchschlagskraft, gut in Szene setzen können, wird er fast schon automatisch mehr Tore erzielten, weil er auch zu mehr Chancen kommen wird. 2009/10 erzielte der Stürmer aus Burkina Faso sechs Saisontore für die Red Bull Juniors – wenn er seine Leistung aus der ersten Runde bestätigen kann, werden’s 2011/12 mehr werden!

MITTELFELD MITTELMÄSSIG, ANGRIFF FLEXIBLER

Dass Rapid erst zusammenwachsen muss, war schnell ersichtlich. Das Mittelfeld präsentierte sich in einer völlig neuen Konstellation, in der Kulovits den defensiven Chef mimte und Steffen Hofmann zentral als Freigeist fungierte, der jedoch ganz offensichtlich mehr Defensivaufgaben als in der Vergangenheit zu verrichten hatte. Nun könnte man dieses System wieder als 4-2-2-2 bezeichnen – eine Formation, die den Fans in der Ära Pacult immer wieder sauer aufstieß, weil das Spielermaterial dafür nicht geeignet war. Auch am Samstag offenbarte das System seine Schwächen: Der phasenweise starke Christopher Trimmel spielt auf der rechten Seite eine klassische Rolle als Flügel, lässt sich in der Zentrale nur selten blicken. Anders Boris Prokopic auf links, bei dem man zeitweise sogar den Eindruck hatte, dass er zentral Steffen Hofmann auf den Zehen stand. Der Unterschied zum Pacult’schen (gescheiterten) System: Im Angriff spielte nicht etwa ein Duo wie einst ein ungeschliffener Nuhiu und Vennegoor of Hesselink oder Salihi, sondern eben klar verbesserter Nuhiu mit einem ambitionierten, technisch starken Deni Alar.

NUHIU BELOHNT SICH FÜR STARKE LEISTUNG

Die Fortschritte, die Atdhe Nuhiu in den letzten Monaten machte, sind enorm. Klar sieht so manche Bewegung noch „patschert“ aus und nicht jeder Ball bleibt an Nuhius Schuhen kleben, aber wenn etwa Roman Kienast 2005 bis 2006 derartige Fortschritte gemacht hätte, wie Nuhiu seit Winter 2010, hätte der heutige Sturm-Angreifer Rapid wohl nie verlassen (und wenn dann zu Gunsten eines internationalen Spitzenklubs). Nuhiu ist mittlerweile ein Stürmer, gegen den das effektive Verteidigen schwer ist: Der 21jährige deckt die Bälle sehr gut ab, setzt seinen Körper nahezu mustergültig ein. Die Handschrift seines dauerhaften Individualtrainings mit Ex-Champions-League-Sieger Carsten Jancker ist unverkennbar. Zudem hat Nuhiu mit Deni Alar einen Nebenmann, der sich ebenfalls oft ins Mittelfeld zurückfallen lässt, das durch Hofmanns defensivere Ausrichtung entstehende zentrale Loch gut stopft. Dass er seine Gegenspieler auf dem Bierdeckel ausspielen kann zeigte Alar bereits in Kapfenberg und auch in seinem ersten für Rapid ließ er seine Verspieltheit aufblitzen. Was Rapids Angriff aber tatsächlich stärker als früher und die systemtechnischen Möglichkeiten breiter macht, ist, dass mit Hamdi Salihi der Schütze des vorentscheidenden 1:0 von der Bank kam. Schöttel kann offensiv aus dem Vollen schöpfen, kann vier Stürmer mit unterschiedlichen Stärken aufbieten – das macht Rapid in erster Linie schwerer ausrechenbar. Was wiederum ein Segen für die Hütteldorfer ist, deren Aufstellung und taktische Ausrichtung man gegen Ende der Ära Pacult Tage vor einem Spiel kilometerweit gegen den Wind riechen konnte…

PICHLER ALS NEUER „BOSS“?

Neben Nuhiu ist Innenverteidiger Harald Pichler der zweite Spieler, der am Samstag für einen Aha-Effekt im „Publikum“ sorgte. Pichler besticht nicht nur durch viele gewonnene Duelle, sondern auch durch eine unverwechselbare, positive Körpersprache. Zwischen den beiden Treffern hatte man sogar den Eindruck, dass Pichler die Rapid-Defensive organisiert, was eigentlich Ragnvald Somas Aufgabe sein sollte. Der 24jährige Pichler, der zwar wie schon gegen Hoffenheim mit kleineren Abstimmungsproblemen zu kämpfen hatte, gewann fast jedes Kopfballduell, dazu viele Zweikämpfe und Laufduelle. Zudem staunte man auf der Pressetribüne nicht schlecht, als er nach einer guten halben Stunde aus der Innenabwehr heraus, mangels Anspielstationen, zu einem eigenmächtigen Vorstoß ansetzte und sich mit Hilfe eines Doppelpasses mit einem Mitspieler und dem einen oder anderen überlegten Haken in die gegnerische Hälfte vorwagte, um den Spielaufbau auch offensiv selbst in die Hand zu nehmen. Wenn Pichler diese Leistung in den nächsten Wochen bestätigen kann, wird kaum jemand dem Transfer eines ausländischen Innenverteidigers nachtrauern, der zwar populistischer gewesen wäre, womöglich aber gar nicht stärker als das, was Rapid quasi vor der eigenen Haustüre fand.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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