Der SV Grödig ging gemeinsam mit Admira Wacker Mödling als großer Favorit auf den Abstieg in die Saison 2015/2016. Vor allem, dass Mannschaft personell... Angriffspressing war einmal: SV Grödig unter Peter Schöttel pragmatischer denn je

Peter SchöttelDer SV Grödig ging gemeinsam mit Admira Wacker Mödling als großer Favorit auf den Abstieg in die Saison 2015/2016. Vor allem, dass Mannschaft personell komplett umgekrempelt wurde, wurde den Salzburgern angelastet. Nach zwei Spielen sind sie aber noch ohne Niederlage und halten bei vier Punkten.

Die Auslosung meinte es mit den Grödiger nicht gut, mussten sie doch gleich gegen zwei Europacup-Starter ran. Nachdem das Auftaktspiel gegen Altach zuhause mit 2:1 gewonnen wurde, konnten sie aber auch beim SK Sturm Graz einen Punkt mitnehmen. Dass Sturm-Spieler Donis Avdijaj nach der Partie die Spielweise der Gäste als Grottenkick bezeichnet, ist ein erster Hinweis darauf, dass der SV Grödig auch am Platz einen Wandel durchmacht.

Hütters Chaospressing als Benchmark

Die Geschichte der Grödiger Aufstiegshelden, die in den Europacup stürmten, wurde – auch hier –bereits viele, viele Male erzählt. Adi Hütter galt wichtigster Baustein dafür. Der 45-Jährige prägte auch den Begriff „Offensivpressing“ und die Phrase „nach vorne Verteidigen“ wie kein anderer in den letzten beiden Jahren. Die Spielweise seiner Teams war dabei höchst spektakulär und mitreißend, hatte aber einige Mängel, da er sie noch extremer implementierte als beispielsweise Roger Schmidt, der zweite Trainer, den man hierzulande eng mit den genannten Wörtern assoziiert.

Das Pressing der Grödiger und Salzburger unter Hütter zeichnete sich durch einen enorm hohen Ballfokus aus. Dahinter fehlten allerdings oft die absichernden Strukturen, die unter Schmidt beispielsweise meist gegeben waren. Der Reiz des sofortigen Nachsetzens schien sogar etwas zu sehr ausgeprägt. So hatte man zwar stets viele Spieler um den Ball herum, die Kompaktheit war aber nicht immer gegeben. Das Spiel gegen dem Ball glich daher vielmehr einem kollektiven, hochaggressiven Jagen, bei dem es keine klare Ordnung gab.

Die Gegenspieler, die in der österreichischen Liga vor allem am Ball oft nicht sicher sind, wurden dann von diesem extremen lokalen Druck meist abgewürgt. Konnte sich der Gegner aber irgendwie befreien, hatte er viel Platz. Man erkennt dies auch anhand der Gegentore. Grödig musste unter Hütter pro Spiel 1,97 Gegentore hinnehmen und hatte als Dritter sogar ein negatives Torverhältnis. In Salzburg wurde der Schnitt zwar merkbar auf 1,17 gedrückt, lag aber noch immer über jenem von Schmidt (1,03).

Die Spielweise unter Hütter galt in Grödig aber als Benchmark und so wurde als Nachfolger mit Michael Baur auch jemand verpflichtet, der dieselbe Philosophie verfolgte. Unter dem Tiroler waren die Abläufe noch weniger harmonisch, was wohl auch der niedrigeren Kaderqualität lag, und man wurde nur Achter. Letztlich herrschte aber auch unter Baur ein gewisser Sicherheitsgedanken und man erhielt weniger Gegentore als unter Hütter (1,81 pro Spiel).

Defensivere Ausrichtung unter Schöttel

Mit der neuen Saison wurde nun aber ein völlig anderer Weg eingeschlagen. In Peter Schöttel haben die Grödiger nun einen erfahrenen Trainer auf der Bank, der jedoch für einen anderen Fußball als seine Vorgänger stehen. Während seiner Rapid-Zeit war der 48-Jährige zwar nicht überall beliebt – was vor allem eben an seiner Spielausrichtung lag – sein Punkteschnitt (1,66) liegt aber durchaus in Schlagdistanz zu jenem des aktuellen Trainers Zoran Barisic (1,80).

Ein weiterer Punkt, der Schöttel bei Grün-Weiß angelastet wurde, ist, dass er sich ein Team zusammenstellte, in dem keine polarisierenden Spieler vorhanden waren. Auch er selbst ist in seinen Reden und Interviews stets ein zurückhaltender Typ. Das geht Hand in Hand mit den Spielweisen seiner Teams. Rapid hatte beispielsweise schon unter ihm viel Ballbesitz, nutzte diesen aber vielmehr als defensives denn offensives Mittel. So konnten die Hütteldorfer zwar einen besseren Gegentorschnitt (0,94 pro Spiel) vorweisen als unter Barisic (1,07), mit 1,51 Toren pro Spiel war die eigene Ausbeute aber weit von dem entfernt, was man sich vorstellte. Zum Vergleich: unter Barisic liegt man aktuell bei 1,81.

Wenn man dies dann noch mit jenem Spiel, das man von Hütters Grödig gewohnt war, vergleicht, zeigt sich ein enormer Unterschied. Passenderweise trafen beide in ihrem ersten Auswärtsspiel als Grödiger Bundesligatrainer auswärts auf den SK Sturm Graz. Funfact: Auch Baur hatte sein zweites Spiel gegen Sturm, allerdings daheim. Die Gegenüberstellung der Defensivaktionen und Fouls zeigt den klaren Wandel der Spielweise.

Beim jüngsten Spiel unter Schöttel (links) fokussierte man sich darauf, die Angriffe spät abzufangen. Im Umschaltspiel ziehen sich die Sechser schnell zurück vor die Abwehr, stellen eine 4-2-Stellung her, in der man zur Stabilität finden will. Ziel ist es, den gegnerischen Angriff zu bremsen. Die Folge: hauptsächlich Balleroberungen im tiefen zweiten Drittel und eine große Zahl an klärenden Aktionen im und um den Strafraum. Unter Hütter (rechts) war dies anders: die Spieler gingen sofort ins Gegenpressing, eroberten auch in der gegnerischen Hälfte einige Bälle.

Daneben sticht noch ins Auge, dass es vor zwei Jahren viel mehr Ballsicherungen gab. Der Gegner wurde dazu gezwungen, die Bälle unkontrolliert zu klären, welche man dann „aufsammeln“ konnte. Andererseits zeigt auch das Ballbesitzspiel eine andere Charakteristik. Unter Hütter hatte man 57,9% Ballbesitz, unter Schöttel lediglich 33,7%. Setzt man das nun ins Verhältnis zur Passgenauigkeit (Hütter: 81%; Schöttel: 64%) ergibt sich eine deutlich höhere Pressingintensität. Ob Grödig damit den Klassenerhalt schaffen wird, wird man sehen. Der Start verlief zumindest gut.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert