Der SK Rapid Wien ist immer wieder für Überraschungen gut. Nach den peinlichen Leistungen gegen die Austria und Bayer Leverkusen, besiegte die Schöttel-Elf am... Burgstaller als überragender Akteur: Rapid knackt Red Bull Salzburg zum zweiten Mal mit 2:0!

Der SK Rapid Wien ist immer wieder für Überraschungen gut. Nach den peinlichen Leistungen gegen die Austria und Bayer Leverkusen, besiegte die Schöttel-Elf am Sonntag Tabellenführer und Double-Gewinner Red Bull Salzburg mit 2:0 und ist damit die einzige Mannschaft, die die Roten Bullen bisher in der Liga bezwingen konnte – und das gleich zweimal mit 4:0-Toren!

Rapid lief in einem 4-2-3-1-System auf, in dem Steffen Hofmann den 10er mimte und Drazan mit Burgstaller eine Flügelzange bilden sollte. Dahinter spielten mit Heikkinen und Kulovits zwei klassische Sechser. Spielerisch durfte man sich von Rapid keine Wunderdinge erwarten, entsprechender Einsatz war gegen die kombinationsstarke Salzburger Mannschaft eine Grundvoraussetzung. Daher war Schöttels Wahl im defensiven Mittelfeld eine richtige.

Salzburg kombiniert schnell, Leitgeb sortiert clever

Rapid lebte über die vollen 90 Minuten von großer Aggressivität und setzte Salzburg früh zu, sodass die Schmidt-Elf stets sehr schnell schalten musste. Doch der Tabellenführer machte dies überraschend gut: Derart gefordert wurde Salzburg in der bisherigen Saison noch nie und dennoch gelangen immer wieder sehr schnelle Spielzüge, vor allem über die flinken Flügelspieler Mane und Kampl. Auch Christoph Leitgeb dahinter war ein wichtiger Faktor im Salzburger-Spiel, da er speziell mit seinen typischen „360°-Dribblings“ Ordnung ins hektische, intensive Spiel brachte und sich so immer wieder einen Überblick über die Feldpositionen seiner Vorderleute (und auch Hinterleute!) verschaffte.

Der Ball wollte nicht rein

Das große Problem von Red Bull Salzburg war die schwache Chancenauswertung: Jonathan Soriano bleibt trotz seiner neun Saisontore seinem Ruf gerecht, zu wenig aus seinen vielen Chancen zu machen. Bei Stanglpässen von Mane war er oft nicht abgebrüht genug. Doch auch den anderen Salzburger Offensivspielern fehlte die Ruhe vor dem Tor, oft agierte man bis zum Strafraum äußerst präzise und zielgerichtet, dann jedoch zu unentschlossen. Hinzu kam eine starke Leistung von Rapid-Schlussmann Lukas Königshofer, der Salzburg das Leben zusätzlich erschwerte.

Vorsah wechselhaft, Ulmer überfordert

Die Schwachstellen der Salzburger fand man gestern im Defensivbereich. Isaac Vorsah begann gut, verlor jedoch in der zweiten Halbzeit die Bindung zum Mittelfeld. Ebenso wie sein schwaches Innenverteidiger-Gegenüber Gerson suchte er weite Bälle, die jedoch aufgrund der großen gruppentaktischen Antizipation Rapids kaum Abnehmer fanden. Den schwersten Stand hatte Andreas Ulmer, der als Linksverteidiger immer wieder mit Guido Burgstaller, dem mit Abstand besten Spieler auf dem Platz, zu kämpfen hatte.

Bestes Spiel in Burgstallers Karriere

Guido Burgstaller zeigte gestern wohl seine beste Partie als Fußballprofi. Besser noch als beim 4:2-Heimsieg Rapids über Salzburg im November 2011, bei dem Burgstaller drei Treffer erzielte. Der 23-Jährige war überall zu finden, rannte sich die Seele aus dem Leib und glänzte auch mit technischen Gustostückerln, großer Power im Zweikampf und (in dieser Konstanz ungewohnt) präzisem Spiel. Die Bullen brachten Burgstaller nie unter Kontrolle und sein Assist zum 2:0 für Terrence Boyd war die Krönung seiner Leistung, die trotz fehlendem Torerfolg als „Sternstunde“ zu bezeichnen ist. Ob der launische Kärntner an diese Top-Performance anknüpfen kann, sei vorerst dahingestellt.

Starker Schimpelsberger und schneller Sonnleitner runden rechte Seite ab

Burgstaller erfreute sich aber auch starker Rückendeckung: Überraschend stark präsentierte sich etwa Michael Schimpelsberger, der als Rechtsverteidiger einen schweren Stand gegen Mane hatte, sich die Spielweise des Senegalesen zuerst ein wenig ansah, es dann aber schaffte, ihm sein Spiel aufzuzwingen. Unmittelbar neben Schimpelsberger präsentierte sich Mario Sonnleitner ebenfalls bärenstark und selbst wenn Rapids 21-jähriger Außenverteidiger seine Position zu hoch anlegte und nicht rechtzeitig auf Defensive umschalten konnte, war Sonnleitner als sprintstarker Innenverteidiger nach außen hin zur Stelle.

Unausgewogen: Rapids linke Seite war verwundbar

Ein ebenfalls starker Markus Heikkinen und ein laufstarker Stefan Kulovits komplettierten die starke rechte Seite Rapids. Links hingegen war das Team von Peter Schöttel grundsätzlich anfälliger, weil Gerson einen schlechten Tag erwischte, Schrammel etwas zu vorsichtig agierte und auch Alar und Grozurek nach ihren Einwechslungen, aufgrund von zu körperlosem Spiel, nur für vereinzelte Nadelstiche sorgen konnten. Salzburg forcierte diese defensiv nicht hundertprozentig stabile Seite jedoch nicht und kam vor allem in der zweiten Halbzeit viel zu selten über die rechte Angriffsseite, dafür aber durch die viel zu enge Mitte.

Boyd unelegant, aber als „falscher Neuner“ effizient

Auch wenn sich Red Bull Salzburg kombinationsstark präsentierte, schaffte Rapid es, die Mitte zuzumachen. Dies gelang, indem sich zahlreiche Spieler schnell hinter den Ball bewegten und die Flügelspieler ebenfalls gut defensiv antizipierten. Bei grün-weißen Ballgewinnen entpuppte sich der spielschwache, aber sehr intensiv kämpfende Terrence Boyd als besserer Entlastungsstürmer als Deni Alar gegen Bayer Leverkusen. Boyd zeigte spielerisch noch keine Klasseleistungen, ist aber für Gegenspieler aufgrund seiner harten Zweikampfführung schwer zu verteidigen. Auch wenn man seiner Art und zu spielen nicht immer gerne zusieht, stehen unterm Strich bereits acht Pflichtspieltore für Rapid in 17 Spielen – im Schnitt trifft Boyd alle 167 Minuten, ein durchaus respektabler Wert für einen Perspektivspieler, der jedoch noch mehr Hundertprozentige verwerten müsste.

Hofmanns Tor wichtig für Rapids „Spielverlaufsproblem“

Abgerundet wurde ein starker grün-weißer Fußballabend durch das Freistoßtor von Steffen Hofmann, der mit einer Spezialbrille auflief und alleine mit seiner Anwesenheit Sicherheit in die Mannschaft brachte. Sein 82.Bundesligator war eines der wichtigsten der jüngeren Vergangenheit, denn alle Saisonspiele zeigten, dass Rapid immer dann gut spielt, wenn der Spielverlauf der Schöttel-Elf in die Karten spielt. Wenn Rapid in Führung ging, konnte in der diesjährigen Ligasaison immer gewonnen werden – andererseits drehte Rapid heuer noch keine Partie.

2:0-Sieg schön – aber keine Lösung für allgemeine grün-weiße Probleme

Diese statistische Tatsache ist dennoch einer durchschnittlich betrachtet schwachen bzw. unausgewogenen Bank geschuldet, sodass Trainer Peter Schöttel auf Rückstände oft nicht so reagieren kann, wie es ihm lieb wäre. Dies wiederum verdeutlicht trotz des überzeugendes Sieges über Red Bull Salzburg, dass der Verein Rapid in einer mittelfristigen (Gesamt-)Krise steckt, die nur in den Büros der Keißlergasse beendet werden kann. Man darf sich von diesem schönen Erfolg nicht täuschen lassen, denn die mittel- bis langfristigen Problemquellen wurden mit dem 2:0 über den mittlerweile Nicht-mehr-Tabellenführer, nicht ausgemerzt.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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