Die Wiener Austria konnte auch das dritte Pflichtspiel unter Neo-Coach Thorsten Fink gewinnen. Im ersten Heimspiel der Saison besiegten die Veilchen den SCR Altach... Drei Punkte gegen mannorientierte Altacher: Finks System noch mit Kinderkrankheiten

Thorsten Fink - FK Austria Wien 2_abseits.atDie Wiener Austria konnte auch das dritte Pflichtspiel unter Neo-Coach Thorsten Fink gewinnen. Im ersten Heimspiel der Saison besiegten die Veilchen den SCR Altach dank Toren von Vance Sikov, Lary Kayode und Alexander Gorgon mit 3:1. Die anvisierte Spielweise konnten sie dabei jedoch noch nicht durchgehend zeigen.

Unter Fink soll die Austria wieder mit ballbesitzorientiertem und schnellem Offensivfußball assoziiert werden. Zumindest ersteres konnte der Deutsche sofort erreichen. Nachdem man gegen den Wolfsberger AC in der ersten Runde bereits 56,1% Ballbesitz hatte, waren es in der Generali Arena gegen Altach sogar 67,3%. Zwingend wurden die Wiener jedoch auf andere Art und Weise.

Zulechner setzt Kayode in Szene

In seinem ersten Heimspiel setzte Fink, wie schon letzte Woche, auf eine 4-2-3-1-Grundordnung, wobei Sikov den verletzten Richard Windbichler ersetzte. Ansonsten gab es keine Umstellung gegenüber dem Sieg in Wolfsberg. Somit standen Philipp Zulechner und Kayode gemeinsam am Feld. Zwischen den beiden gab es bereits im ersten Spiel interessante Wechselwirkungen, die unter anderem einen Elfmeter zugunsten der Veilchen zur Folge hatte.

Kayode ist aufgrund seiner Schnelligkeit und seinem Zug zum Tor ein extrem spektakulärer Spieler. Andererseits hat der Nigerianer taktisch – vor allem wenn sein Team in Ballbesitz ist – einige Luft nach oben, positioniert sich unpassend. Erst wenn er etwas Platz bekommt und in die Tiefe geschickt werden kann, wird es gefährlich. Hier kommt Zulechner eine entscheidende Rolle zu. Die Freiburg-Leihgabe konnte bisher zwar in puncto Torgefährlichkeit nicht an seine Grödig-Zeit anschließen, zieht aber mit seinen intelligenten Bewegungen immer wieder Räume frei – unter anderem beim vorentscheidenden 2:1.

Zulechner wich dabei auf die Seite aus, zog den Innenverteidiger aus seiner Position und Kayode konnte dann mit einem Diagonalsprint seine Schnelligkeit gegen den Altacher Rechtsverteidiger ausspielen. Den Querpass seines Mitspielers musste er nur mehr über die Linie drücken. In der ersten Hälfte gab es eine ähnliche Szene, in der Kayode diagonal in die Mitte zog und auf die Latte schoss, nachdem Zulechner für ihn Platz machte.

Extremes Abkippen bremst

Einen Punkt, den man unter Fink beim FC Basel und Hamburger SV bereits häufig sah, ist das extreme Abkippen defensiver Mittelfeldspieler. Auch bei der Austria ist das bis jetzt ein markanter Punkt, der aber nicht wirklich positiv zur Geltung kommt. Zwar können die Wiener dadurch den Ball sicher in den eigenen Reihen halten, jedoch nur in ungefährlichen Zonen. Gegen Wolfsberg war beispielsweise das Passschema von Ognjen Vukojevic sehr markant. Der Kroate spielte hauptsächlich Querpässe.

Gegen Altach war die Austria nun etwas flexibler. Vukojevic besetzte – vor allem in der ersten Hälfte – höhere Räume, während der am Ball stärkere Raphael Holzhauser primär der abkippende Sechser war. Doch auch das blieb zunächst ohne Wirkung. Fünf Tore in zwei Spielen sind zwar eine gute Ausbeute, das Zustandekommen dieser lässt aber nicht auf das anvisierte Kombinationsspiel schließen.

Mannorientiertes Pressing öffnet Räume

Dass die Austria aus dem Aufbauspiel kaum Tempo aufnehmen konnte, lag auch an Altachs Spiel gegen den Ball. Das Team von Damir Canadi spielte nominell im 4-4-2, das aufgrund von vielen Manndeckungen im Pressing jedoch kaum in dieser Weise zu sehen war. Besonders auffällig war, dass Louis Ngwat-Mahop dabei oft sehr nah an Holzhauser stand, während Hannes Aigner sich auf das Versperren bzw. Belauern der Passwege ins Zentrum konzentrierte.

Ein weiterer markanter Punkt im Altacher Pressing war, dass einer beiden Sechser weit nach vorne rückte und Druck auf den Ballführenden ausübte. So waren Philipp Netzer bzw. Felix Roth in vielen Szenen die höchsten Spieler. Die Flügelspieler orientierten sich meist an den Außenverteidigern, ließen sich aber nicht zu weit zurückdrängen, sodass man das Vorstoßen der Austria zunächst gut unterbinden konnte. Dieser mannorientierte Ansatz ist zwar vergleichsweise einfach umzusetzen, ist jedoch enorm intensiv und aufreibend.

Im Verbund mit dem entstehenden 4-1-3-2 ergab das für Altach ein weiteres Problem. Der verbleibende Sechser musste, wie man im obigen Bild sieht, viel Platz alleine abdecken. Ein einziger verlorener Zweikampf und ein unpassendes Attackieren hätte dazu führen können, dass die Austria einfach mit Tempo hätte nach vorne kommen können. Die Fink-Elf nahm diese Möglichkeiten zunächst aber nicht an. Vor allem die Abstände zwischen erster und zweiter Linie waren sehr groß, sodass Altach schnell in eine geordnete Formation zurückfallen konnte und stabil stand.

In-Game Coaching von Canadi und Fink

Erst nach ungefähr einer halben Stunde – man sah einen regen Austausch zwischen Fink und Alexander Grünwald – wurde das besser. Sikov und Lukas Rotpuller versuchten den einen oder anderen Vorstoß, die Zentrumsspieler rochierten stärker und vor allem Gorgon brachte sich besser ein. So hatte die Austria bei zweiten Bällen vor der Altacher Abwehr mehr Zugriff. Der erwähnte Lattenschuss von Kayode resultierte zum Beispiel aus einem erfolgreichen Gegenpressing.

Nach dem Seitenwechsel gab es bei Altach eine kleine Anpassung darauf: Die Flügelspieler orientierten sich tiefer und weiter ins Zentrum. Gemeinsam mit dem weiterhin starken Aufrücken eines Sechser entstand aus dem 4-1-3-2 dann entweder ein 4-3-1-2 oder, wie oben zu sehen, ein 4-3-3. Damit hatte man eine bessere Präsenz in der Mitte. Gemeinsam mit dem Umstand, dass die beiden Flügelspieler auch zentral spielen können, hatte Altach also gute Voraussetzungen geschaffen, um das Aufbauspiel der Austria weiterhin zu neutralisieren.

Andererseits reagierte nicht nur Canadi, sondern auch Fink auf die entstandenen Strukturen. Die Austria zeigte in der zweiten Halbzeit nämlich eine weitaus höhere Fluidität im zweiten Drittel. Grünwald und Holzhauser bewegten sich nun flexibler, zudem rückte auch Gorgon immer wieder gut zwischen die Linien der Altacher ein – unter anderem vor dem 2:1. So konnte Fink – auch wenn das Kombinationsspiel wohl noch nicht so funktionierte, wie man es sich vorstellt – seine weiße Weste bewahren.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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