Unter anderem ein Sackerl war diese Woche daran schuld, dass sich die Wut der Austria-Fans über das Ausscheiden ihrer Mannschaft gegen den Regionalligisten Kalsdorf... Ho-Ho-Hosen voll? – Die Formschwankungen des Austriastürmers

Philipp Hosiner (FK Austria Wien)Unter anderem ein Sackerl war diese Woche daran schuld, dass sich die Wut der Austria-Fans über das Ausscheiden ihrer Mannschaft gegen den Regionalligisten Kalsdorf noch steigerte. In numerischer Unterlegenheit gewannen die Steirer dienstags mit 2:1 und warfen die Austria so aus dem ÖFB-Cup. „Zur Pause hätten wir 0:3 zurückliegen müssen. Kalsdorf hat verdient gewonnen, denn sie haben auch in Unterzahl weitergekämpft.“, gestand Trainer Bjelica ein und war über diese „Nicht-Leistung“ seiner Elf bitterböse. Der Torschützenkönig der vergangenen Saison kam erst in Minute 82 zum Einsatz und konnte es auch nicht mehr richten. Zehn Minuten später erzielte Dorn den Siegtreffer für die Hausherren per Kopf.

Am nächsten Tag sah man die Austrianer mit hängenden Köpfen zum Training schleichen. Einer hatte auch noch ein hängendes Sackerl dabei: Stürmer Philipp Hosiner kam mit einem Papierbeutel, der den Schriftzug eines Fast-Food-Konzernes trug. Die Reporter des Fernsehsenders Sky erkannten dies gleich als „Kater-Frühstück“. Schäumende Austria-Anhänger hinterfragten nun die Ernährung des Stürmers, Fans anderer Verein machten sich lustig. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott eben nicht zu sorgen.

Die Wahrheit liegt aber wieder einmal wo anders. Viel wahrscheinlich ist, dass PH16 die Rolle des  „Kellners“ für den verletzten Alexander Grünwald, der auf Krücken neben ihm humpelte, mimte. Der gehandicapte Mittelfeldspieler war nicht in der Lage sein Mittagessen selbst zu transportieren und ließ sich von Kumpel Hosiner helfen. Beruflich war es davor meist umgekehrt.

Trotzdem: Ein blöder Eindruck bleibt. Auch ein Verkehrspolizist fährt in seiner Freizeit mal zu schnell, ein Jurist beschäftigt vielleicht schwarz eine Putzfrau und auch ein Profisportler lebt eben nicht immer wie ein Mönch. Ausgerechnet nach einem peinlichen Cup-Ausscheiden war dieser Anblick jedoch äußerst kontraproduktiv.

„Alle Jahre wieder…“

…kommt der Hosiner Philipp zu einem anderen Verein. Bis lange war das jedenfalls so. Der am 15. Mai 1989 in Eisenstadt geborene Mittelstürmer beginnt seine Karriere bei seinem Heimatverein (SC Eisenstadt) und wechselt anschließend von verschiedenen burgenländischen Jugendvereinen in den Nachwuchs von 1860 München. Von deren zweiter Mannschaft kommt er zum SV Sandhausen und wieder in die Heimat. 2010 spielt er ein Jahr lang bei der Vienna. Für Tore ist Hosiner bei allen seinen Stationen gut, doch richtig zu klappen scheint es nirgendwo. In heimatlichen Gefilden sind seine Goals aber endlich von Nutzen: 2011 wird er von der Admira verpflichtet.

33 Spiele und 13 Tore hat er für die Vienna erzielt, bei der Admira bestreitet er fünf Spiele mehr und trifft auch zwei Mal öfter ins Tor. Eine gute Quote. Das Jahr ist schließlich um und die Austria klopft an. Bis 2015 bindet sich „Ho-Ho-Hosiner“ an den Wiener Verein und ist mit seinen Toren maßgeblich am Meistertitel beteiligt. Seine Statistik ist zum Zungenschnalzen: 30 Tore in 35 Begegnungen erzielt der Burgenländer für die Violetten.  Der Hosiner-Komet schlägt buchstäblich in Monte Laa ein.

Das Murmeltier des Klubwechsels grüßt aber bei Hosiner bekanntlich jährlich. Auch nach seiner famosen Saison bei Austria Wien hätte es wieder so weit sein sollen: Hoffenheim klopft in Wien 10 an die Türe. Und der Torschützenkönig hofft weiter auf einen Transfer, auch nachdem die Verhandlungen eigentlich schon offiziell beendet sind. „Ich habe erst vor Kurzen mit Trainer Gisdol gesprochen, er hat mir versichert, dass er mich unbedingt holen will.“, sagte der Offensivspieler damals. Jedoch bleiben die Gespräche ohne Ergebnis und die Hosiner’sche Regelmäßigkeit des Vereinstausches wird erstmals in seiner Profizeit unterbrochen.

Die Launen des Philipp H.

So wichtig Hosiners Tore auch für seine jeweiligen Teams sind, so zermürbend sind auch seine zeitweiligen Torsperren. Schon zu Admira-Zeiten kämpft der Eisenstädter mit einer kurzen Krise: Vom 25. September 2011 bis zum 3. Dezember 2011 bleibt das gegnerische Tor für den Mittelstürmer verschlossen wie Fort Knox. Sein Führungstreffer beim 1:1 gegen die SV Ried beendet die „Ho-Ho-Hosiner“-Flaute schließlich. Der Stürmer selbst gibt damals die typische Fußballer-Antwort, wenn er auf seine fehlenden Treffer angesprochen wird: „Solange wir punkten, ist es egal, wer die Tore schießt.“ Didi Kühbauer, damals Admira-Coach, hält ihm 2011 den Rücken frei: „Er legt nach wie vor lange Wege zurück, beschäftigt jede Abwehr. Da kann man von keinem Hänger reden.“

Aber jetzt nach einer torreichen Meistersaison mit der Austria geht Anfang August wieder ein Gespenst in Österreich um: Hosiner und die Torkrise. Ist das nicht etwas übertrieben? Die Erwartungshaltung der Wiener Fans ist hoch, doch kein Stürmer der Welt produziert laufenden Tore wie am Fließband. In Hosiners Fall liegt das Problem aber etwas tiefer: Ärgerlich ist die Tatsache das der Jungstar zahlreiche gute Möglichkeiten nicht nutzt.

 „Der Druck, der auf ihm lastet, ist nicht klein. Vielleicht ist es besser, ihn einmal draußen zu lassen, damit er unbekümmerter hineinkommen kann“, meint Austria-Trainer Bjelica. Im Anfangsspiel gegen seinen Ex-Klub Admira Wacker kann Hosiner im Sommer 2013 noch einnetzen, dann mussten die Fans wieder auf ein Hosiner-Tor warten. Erst gegen Sturm Graz am 21. September darf der Goalgetter erneut jubeln. Davor hat er gegen Ried sowie Salzburg und in der CL gegen den FC Porto viele aussichtsreiche Möglichkeiten ausgelassen. Vermehrt bleibt ihm deshalb auch die Rolle des „Bankerldrückers“.

„Wenn‘s laft, dann lafts“, heißt es in West-Österreich. Dieser Spruch gilt auch für den Ost-Österreicher Philipp Hosiner. Im Frühjahr 2013 hat der Mittelstürmer aus allen Positionen getroffen und wusste stets genau, wann er abziehen musste.

Besonders im Heimspiel gegen den FC Porto kann man dann beobachten, dass Hosiner unsicher wirkt, auch die physische Komponente scheint plötzlich nicht mehr zu stimmen. Mitunter kann ihn der Gegenspieler aus dem Stand einholen. Wenn er die Kugel in aussichtsreicher Position bekommt, reagiert er gegen Porto als ob er einen heißen Erdäpfel am Fuß hätte: Oft zieht er fast panisch und unpräzise ab.

 Treffsicher und schnörkellos

Dabei ist Hosiner eigentlich der geborene Vollstrecker. Wenn er in Form ist, trifft er aus allen möglichen Lagen. Er ist jedoch keiner, der Spiele alleine entscheiden kann. Hosiner braucht eine gut funktionierende Mannschaft, um wirksam zu agieren.

Der Ex-Admiraner ist ein eiskalter Knipser, der eine Abwehr gut beschäftigen kann. Pressing gehört ebenso zu Hosiners Stärken. Störend sind jedoch seine andauernden Krisen, die regelmäßig ihren Schatten über „Hosis“ Karriere werfen. Wenn die Mannschaft nicht gut ist, ist auch Hosiner nicht gut. Erst bei der Vienna konnte er sich richtig durchsetzen. In seinen deutschen Nachwuchsteams wurde er hin und her geschoben und das, obwohl der Mittelstürmer überall traf. Um einen Stammplatz in der jeweiligen Mannschaft zu ergattern, spielte er jedoch zu instabil.

Seine Antrittsschnelligkeit und seine Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor lässt der Goalgetter in letzter Zeit vermissen. Dabei sind gerade diese zwei Faktoren ausschlaggebend, wenn er nur eine Handvoll guter Pässe bekommen kann. Lässt Hosiner rare Chancen nämlich auch noch liegen, ist er nur ein durchschnittlicher Stürmer und kein Meisterkicker.

Der Mittelstürmer erzielt seine Treffer meistens im Strafraum. Sein Timing ist, wenn er in Form ist, fast perfekt. Er ist gleichzeitig ruhig und handlungsschnell und gibt präzise Schüsse ab. Außerdem weiß er sich im richtigen Moment zu lösen. Geschwindigkeitsmäßig gab es zwar schon flinkere Stürmer, dennoch liegt Hosiner hier weit über dem Durchschnitt. Quirlig und spielintelligent kann er freie Räume erkennen und nutzen. Sein Aufstieg war rasant, schnell hat er seine Spielzeit genutzt und das Vertrauen der Trainer rasch zurückgezahlt. Anpassung scheint für den 24-jährigen kein Problem zu sein.

Ein Hosiner ist nur so stark, wie sein Team – Diva wider Willen

Mit dem Strafraumstürmer steht und fällt die Offensive: Bekommt Hosiner keine guten Bälle serviert, macht er auch weniger Tore. Ein Topverein bräuchte also geschickte „Handlanger“, die den Vollstrecker im Strafraum maßgerecht bedienen. Wenn er einen Lauf hat, trifft Hosiner scheinbar mit Leichtigkeit nach Belieben. Aber seine längeren Schwächeperioden können zu maroden Durststrecken für seine Torstatistik werden. Diese Pausen sind für einen 24- Jährigen ungünstig, eigentlich müsste der Burgenländer schon genug Routine haben um Stillstände letztendlich früher durchbrechen zu können.

Es ist klar, dass der Goalgetter nicht in jedem Spiel einen Triplepack erzielen kann oder wird. Jedoch ist die Torgefährlichkeit seine wichtigste Qualität ohne die er für eine Elf nicht sehr nützlich ist. Deshalb scheint es besorgniserregend, wenn bei ihm regelmäßig „Hop oder Drop“ angesagt ist.

Entweder er zerbombt die Liga oder er lässt gute Möglichkeiten über mehrere Spiele aus. Dazwischen scheint es nichts zu geben. So manche Kritiker werfen Hosiner auch vor, zu wenig robust zu sein und sich darüber hinaus in Zweikämpfen zu oft fallen zu lassen. Auch hier gibt es in der österreichischen Liga sicher andere Kandidaten, die Jürgen Klinsmann nicht nur beim Toreschießen sondern auch in diesem Punkt nacheifern wollen.

Überaus körperlich durchsetzungsstark wirkt der violette Superstürmer aber auch nicht. Daran muss gearbeitet werden. Ebenso an seiner Torhemmung, falls diese tatsächlich eine „Kopfnuss“ ist.

 Probleme im mentalen Bereich?

Gegen Porto hat „Hosi“ eindeutig das Zielwasser vergessen und zieht meistens zu früh ab anstatt noch ein paar Meter mit dem Ball zu laufen. Seine „Bio-Abstimmung“ scheint an diesem Septemberabend defekt zu sein und er machte einen nervösen Eindruck.

Lastet etwa zu viel Druck auf Hosiner? Klar, die Austria-Fans erwarten sich von ihrem Mittelstürmer auch heuer Top-Leistungen und am liebsten aus 9 Chancen 10 Tore. Doch dies ist im Profifußball normal.

Geht es für „Ho-ho-Hosiner“ zu schnell? 2011 trägt er noch das blau-gelbe Trikot der Vienna in der Ersten Liga und jetzt spielt er beim amtierenden Meister in der Champions-League. Aufgrund seiner persönlichen Jahresringe, 24 an der Zahl, kann er sich nicht mehr als unerfahren deklarieren. Seine reale Laufbahn hat jedoch nicht dieselbe Aussagekraft: Erst seit Juni 2011 spielt Hosiner in der obersten österreichischen Spielklasse. Mögliche fehlende Routine hindert aber andere Klubs nicht Angebote für den Burgenländer zu lancieren. Auch der Spieler selbst wünscht einen Auslandstransfer.

Chelsea-Fan Hosiner träumt dabei eher nicht von der Insel, sondern von unserem Lieblingsnachbarn: „England ist ein Traum, aber mein Spielstil würde wohl besser zur deutschen Bundesliga passen.“

Reif für das Ausland erscheint der Strafraumspezialist jedoch (noch) nicht: Seine Tore, schön und gut. Wenn diese aber ausbleiben, muss er vorne mehr bewegen können und besser gegen den Ball arbeiten.

Dann ist es auch egal, welches Sackerl er in der Hand trägt. Ist es bei Wayne „ The Legendary Finisher“ Rooney nämlich auch.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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