Die Wiener Austria testet aktuell vier Spieler aus Costa Rica, deren Namen dem heimischen Fußballfan natürlich kaum ein Begriff sind. Die vier Kicker sind... Maitland, Fajardo, Araúz und Mitchell – was kann das Tico-Testquartett der Wiener Austria?

Die Wiener Austria testet aktuell vier Spieler aus Costa Rica, deren Namen dem heimischen Fußballfan natürlich kaum ein Begriff sind. Die vier Kicker sind zwischen 22 und 25 Jahren alt und stehen derzeit allesamt beim AD Santos de Guápiles unter Vertrag. Was können die „Ticos“ und wer ist der interessanteste Akteur des Mittelamerika-Quartetts?

Der Verein aus der Provinz Limón, an der Karibikküste Costa Ricas, gilt nicht unbedingt als hochprofessioneller Weltklub. 1961 von Hobbyfußballern gegründet und aufgrund zweier Testspiele des brasilianischen Großklubs FC Santos mit Weltstar Pelé Santos getauft, war der größte Erfolg des Teams ein Vizemeistertitel 2002. Aktuell liegt Santos in der elf Teams starken costa-ricanischen Meisterschaft auf dem achten Platz, spielte allerdings keine schlechten Partien, gewann etwa beide Spiele gegen den Lokalrivalen Limón FC.

Santos: Noch kein Europa-Transfer

Würde die Wiener Austria den einen oder anderen Spieler von Santos verpflichten, wäre das ein Novum in der Vereinsgeschichte der Mittelamerikaner. Noch nie wechselte ein Spieler von AD Santos de Guápiles nach Europa. Transfers nach Uruguay oder Südkorea waren bisher die spektakulärsten Transferaktivitäten des Erstligisten. Große Einkaufprogramme gibt es nicht, zumeist werden junge Spieler aus der Region verpflichtet, denen die Möglichkeit gegeben wird, sich bei Santos zu entwickeln. Der Panamaer Gustavo Ávila ist derzeit der einzige Legionär im Team von Santos. Offensichtlich hat noch kein europäischer Klub die potentiellen Vorzüge des Klubs entdeckt: Einerseits könnte dies ein Zeichen dafür sein, dass der Verein für europäische Klubs keinen großen Mehrwert bietet, andererseits könnten die Costa-Ricaner auch eine Okkasion darstellen, günstig an gute Spieler zu kommen. Die Austria fungiert derzeit als Versuchskaninchen.

Maitland – harter Innenverteidiger

Der Innenverteidiger Esteban Maitland ist wohl einer der beiden interessanteren Spieler aus dem Tico-Quartett: Der 25-Jährige wechselte erst im Juli zu Santos und schaffte zuvor bei den Brujas den Sprung ins costa-ricanische Nationalteam, wo er allerdings nur zu einem Einsatz gegen Argentinien kam. Maitland wird als schneller und sehr harter Innenverteidiger beschrieben, der weder sich noch seine Gegner schont. Mit 181cm Körpergröße hat er zwar nicht das Gardemaß für einen zentralen Abwehrmann, dies ist aber in Costa Rica ohnehin kein Kriterium – immerhin fehlen im mittelamerikanischen Land weitgehend die Brecherstürmer. Ob Maitland sich in Österreich durchsetzen könnte sei dahingestellt, hätte er mit körperlich robusten Angreifern doch seine Probleme. Auch technisch ist der fleißige Defensivarbeiter keine Koryphäe.

Fajardo – laufstarker Sechser

Ebenfalls ein sehr interessanter Mann ist der zweite Defensivspieler im Bunde: Kevin Fajardo (22) spielte bisher nur für Santos und wurde im vergangenen August erstmals von Teamchef Ricardo La Volpe ins A-Team Costa Ricas einberufen, wo er schließlich auch 20 Minuten spielen durfte. Fajardo gilt als technisch solider und hart arbeitender Spieler, der im defensiven Mittelfeld und auf beiden Außenverteidigerpositionen spielen kann. Bei Santos war er in den letzten drei Jahren jeweils eine Stütze und spielte im 4-4-2 des Teams als „Sechser“ im Mittelfeld oder als rechter Verteidiger. Ebenso wie sein Teamkollege Maitland ist auch Fajardo ein durchaus hart spielender Defensivmann, allerdings kassiert er weniger Karten als der Innenverteidiger und kommt gemäß seiner angestammten Position rasch hinter den Ball.

Araúz – Publikumsliebling am Flügel

Eine Unbekannte stellt der Mittelfeldspieler Hanzel Araúz dar. Der 22-jährige Rechtsfuß spielt hauptsächlich im rechten Mittelfeld, kann aber auch links eingesetzt werden. Ins Nationalteam schaffte er es noch nicht, bei Santos ist er allerdings seit seinem Transfer von Ligakonkurrent Barrio Mexico nach Guápiles im Sommer gesetzt. In der aktuellen Saison machte er 16 von 18 Spielen mit, was er übrigens mit seinen Teamkollegen Maitland und Fajardo gemeinsam hat. Der 180cm große Flügelflitzer, der bekannt dafür ist, den Weg zur Grundlinie zu suchen, dafür eher selten selbst den Abschluss sucht, gilt bei Santos als einer der Publikumslieblinge. Mit seinen langen schwarzen Locken und seinem aufwändigen Laufspiel ist er auf dem Platz stets eine auffällige Erscheinung. Allerdings weist der junge Mittelfeldmann technische Mängel auf, macht viele Fehlpässe.

Mitchell – Strafraumstürmer alter Schule

Der vierte im Bunde ist der Mittelstürmer Josué Mitchell, der heute seinen 22.Geburtstag in Wien feiern darf. Ebenso wie Araúz kam er im Sommer von Barrio Mexico, für das er als Ergänzungsspieler vier Saisontore erzielte. Für Santos traf der 192cm große Angreifer nur einmal in 13 Spielen. Mitchell ist aufgrund seiner Körpergröße naturgemäß eine besondere Waffe, allerdings wohl auch der uninteressanteste der vier Spieler. Der große, schlanke Angreifer ist ein Angreifer alter Schule, der sich zwar offensiv durchaus gut bewegt, allerdings nicht besonders gut nach hinten fallen lässt, was das Aufbauspiel seines Teams immer wieder beeinträchtigt. Seine besten Spiele machte Mitchell, wenn er in einem Zweiersturm gemeinsam mit dem 29-jährigen Berny Scott spielte, mit dem er schon bei Barrio Mexico spielte und der 19 Zentimeter kleiner ist als Mitchell.

Costa-ricanische Fußballerexporte

Die vier Costa-Ricaner sind definitiv Wundertüten – Potential ist vorhanden, die Frage ist ob sie den Adaptierungsprozess an das höhere Tempo und den körperbetonteren Fußball verkraften. Santos ist ein Verein, der mit „Fußballerexporten“ noch keine große Erfahrung hat, allerdings schafften schon einige Spieler von anderen costa-ricanischen Klubs den erfolgreichen Sprung nach Europa: Der „Großklub“ Saprissa verkaufte letztes Jahr seine beiden Torhüter Keylor Navas und Esteban Alvarado an Albacete und AZ Alkmaar. Das 20-jährige Talent Joel Campbell wurde sogar an den FC Arsenal verkauft, danach nach Frankreich an Lorient verliehen. Ein zweiter erfolgreicher Klub des Landes, Alajuelense, verkaufte zuletzt Teamstürmer Marcos Ureña nach Russland an Kuban Krasnodar und zwei Jahre zuvor Außenverteidiger Roy Myrie an AA Gent. Einer der interessantesten costa-ricanischen Fußballer spielt in Norwegen: Celso Borges ist aktuell der Star im Team von Fredrikstad, wohin er 2009 von Saprissa wechselte. Hinter dem offensiven Mittelfeldspieler sind bereits zahlreiche europäische Topklubs her. Ansonsten hält sich das Interesse an costa-ricanischen Spielern in Grenzen: Die Top-10 der Torschützenliste 2010/11 blieb nach ihrer erfolgreichen Saison jeweils in Costa Rica, keiner der Liga-Toptorjäger wechselte ins Ausland. Ein ähnliches Bild gab es in der Saison 2009/10, nach der allerdings die siebenfachen Torschützen Jean Solórzano und Jonathan MacDonald zu Brisbane Roar und den Vancouver Whitecaps wechselten.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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