Zuhause empfing Rapid dieses Mal den SV Mattersburg. Eigentlich eine klare Angelegenheit; und im Titelrennen eine Pflichtaufgabe. Doch ein Spiel innerhalb einer englischen Woche... Rapid im Fokus (8) – Souveräner Sieg gegen Mattersburg mit kleinen Schönheitsfehlern

_Florian Kainz 2 - SK Rapid WienZuhause empfing Rapid dieses Mal den SV Mattersburg. Eigentlich eine klare Angelegenheit; und im Titelrennen eine Pflichtaufgabe. Doch ein Spiel innerhalb einer englischen Woche kann sich auch gegen nominell klar schwächere Gegner schwierig gestalten; insbesondere wegen der Doppelbelastung der Rapidler über die ganze Saison hinweg. Insofern war interessant, wie die Hütteldorfer hier auftreten würden.

Das Ergebnis war ein klarer Erfolg für die Grün-Weißen, welche von Anfang an mehr von Ball und Raum hatten, sich sogar einen Elfmeter herausholten, diesen vergaben und kurz darauf dennoch durch einen schönen Distanzschuss Schwabs in Führung gingen, woraufhin das Spiel effektiv vorbei war. Der Rest war Ergebniskosmetik – auf (für das diesjährige Rapid und die österreichische Liga generell) hohem Niveau.

Trotz des letztlich souveränen Erfolgs (mit ein paar kleinen Wacklern) sollte jedoch nicht der Mantel des Schweigens um die Nachlässigkeiten bei Grün-Weiß gehüllt werden. Die Probleme im Rapid-Spiel haben sich zwar schon verringert, gewisse Mängel sind aber weiterhin vorhanden.

Selbstisolation auf dem Flügel

Ein grundsätzlicher Aspekt, der immer wieder vorkommt, ist die Raumaufteilung Rapids. Dies wurde schon mehrfach diskutiert. Die Verbindungen stimmen nicht immer, die Abstände zwischen den Spielern sind unpassend und es wird darum häufig nicht effektiv Raum geschaffen. Daraus ergibt sich ein klares Folgeproblem, welches aus den teils zu geringen Distanzen und inadäquaten Anspielstationen in der Mitte entsteht.

Rapid isoliert sich häufiger auf dem Flügel selbst. Sie lassen den Ball dort mit drei, vier oder gar fünf Spielern zirkulieren, ohne eine Verbindung in die Mitte zu haben. Das sorgt nicht nur dafür, dass sie den Ball nicht in die Mitte spielen können (der kürzeste und erfolgreichste Weg zum Tor führt mathematisch wie statistisch über die Mitte), was zu ineffektiven Angriffsverläufen führt. Durch die große Enge auf dem Flügel haben sie dort teilweise keinen Raum, wodurch sie auch einige Bälle verlieren.

1 - Selbstisolation auf dem Flügel

Noch problematischer sind solche Situationen. Gelegentlich versucht Rapid auf dem Flügel durchzubrechen, bevor Unterstützung in der Mitte und auf dem Flügel vorhanden ist. Hier unterstützt der Mittelstürmer ballnah am Flügelstürmer, durch die geringe Distanz ist er aber leicht abzudecken und schwierig anzuspielen. In der Mitte befindet sich nur der ballferne Flügelstürmer, der wiederum, ebenso wie sein Hintermann, der ballferne Außenverteidiger, deshalb nicht die nötige Breite geben kann. Eine Flanke in die Mitte wäre dadurch nahezu mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ungefährlich. Auch für Abpraller steht keiner bereit und bei Rückpässen ist die Struktur so, dass man kaum stabil so weit vorne bleiben kann.

Die mangelnde Breite, welche in dieser Szene ersichtlich wird, zeigte sich auch in anderen Situationen.

2 - Mangelnde Breite

Hier lässt Rapid kleinräumig den Ball laufen, bevor zurückgespielt wird. Der ballferne Außenverteidiger ist nicht nur zu nahe an einem Gegenspieler, um sich bei einer Verlagerung zurückzubewegen, sondern auch nicht nahe genug am Flügel. Im Idealfall soll er nach dem Rückpass schon direkt für eine lange Verlagerung anspielbar sein oder nach zwei Pässen für einen Flachpass bereit stehen. Das Geben von Breite ist nicht nur für Verlagerungen wichtig, sondern öffnet Räume in der Mitte. Wenn die Flügel breit stehen – und dies nicht nur in der ersten Linie –, dann muss der Gegner sich entweder breiter formieren (mehr Räume zwischen den Flügeln im Zentrum), oder muss bei Verlagerungen weiter verschieben.

Die Kunst ist es, Breite auf beiden Flügeln zu geben, ohne die Mitte zu vernachlässigen. Dies ist etwas, was Guardiolas Bayern unabhängig von der individuellen Qualität herausragend machen. In dieser Partie hätte Rapid dies trotz des guten Ergebnisses mehr und fokussierter machen müssen.

Mattersburgs Spielweise war nämlich ein 4-1-4-1, in welchem die Flügelstürmer einrückten und die zentralen Mittelfeldspieler Rapids in den Halbräumen übernahmen. Diese konnten aber diese Aufgabe auch mit den Achtern tauschen und im Wechsel nach vorne herausrücken. Nominell waren damit die Außenverteidiger Rapids offen, aber der Passweg darauf wurde belauert.

3 - Mattersburgs Achter schieben heraus

Dies hätte Rapid deutlich effektiver und geschickter ausnutzen können.

Lange Verlagerungen auf wartende Spieler am ballfernen Flügel wären ebenso eine Möglichkeit wie einrückende Bewegungen der Außenverteidiger, die durch ausweichende Bewegungen der zentralen Mittelfeldspieler gegen Mattersburgs Mannorientierungen, oder durch Zurückfallen der dann breiteren Außenstürmer für Dribblings in den offenen Räumen genutzt werden können. Auch eine breitere Staffelung der drei tieferen Spieler (bei zurückfallendem Sechser wie in dieser Szene) wäre wichtig gewesen, in obigem Bild wurde dies nicht praktiziert.

Allerdings wurde beim 2:0 zum Beispiel genau jener lange diagonale Pass auf den Flügel gespielt. Dort erhielt man den Ball in Strafraumnähe und eine Ablage in die Mitte führte zum einfachen Tor. Hier bestrafte man Mattersburgs Passivität hervorragend, was man noch viel konstanter hätte machen können.

Dynamik in der Positionseinnahme

Neben den Positionen, die man besetzt und dadurch Räume schafft (oder nicht), ist auch entscheidend, wie schnell die Positionen eingenommen werden. Das offensive Umschalten ist im modernen Fußball enorm wichtig, wie natürlich auch das defensive Umschalten. Sehen wir uns also die folgende Situation an.

4 - Neuformation

Grundsätzlich sind solche Staffelungen kein Problem. Wenn man den Ball am eigenen Strafraum erobert, dann entstehen immer wieder sehr geringe Abstände. Das kann den Gegner bei starkem Gegenpressing dabei helfen, den Ball zu erobern, doch ist für ein effektives Defensivspiel unabdingbar. Das Ziel sollte darum sein, nach der Balleroberung möglichst schnell wieder in eine bessere Staffelung in eigenem Ballbesitz umzuschalten. Rapid spielte sich sogar in dieser Situation kleinräumig geschickt heraus. Wieso ist das Bild also problematisch?

Es dauerte schlichtweg zu lange, bevor diese Situation aufgelöst war. Rapid spielte in dieser Situation, die eine bessere Mannschaft sofort für ein aggressives Gegenpressing ausgenutzt hätte, mehrere Pässe und verharrte in den Positionen. Die Mattersburger Passivität mit nur einem Gegenpressingspieler war ursächlich, wieso dies nicht bestraft wurde. Auf höchstem Niveau muss aber Rapid deutlich schneller umschalten, das Spielfeld groß machen und früher in offene Räume raus aus dem Druck verlagern. Zwar kann man argumentieren, dass es gegen diesen Gegner nicht nötig war, doch bei einem Blick auf die Topteams in Europa erkennt man, dass diese solche fundamentalen Eigenschaften auch in Partien in der heimischen Liga gegen Abstiegskandidaten konstant und konsequent umsetzen. Dies sollte auch Rapids Anspruch sein.

Dies trifft im Grunde auch auf die folgende Situation zu.

5 - Flache Formation

Rapid wird es hier schaffen, dass man über den Flügel durchbrechen und in den Strafraum spielen kann. Doch sobald der Gegner sich besser bewegt, wird es hier Ballverluste und Konter geben. Eine Frage sollte sich Rapid allerdings stellen: Wie soll auf die andere Seite gespielt werden können? Eigentlich müsste im ballfernen Halbraum ein Spieler warten, der den Ball erhält, das gegnerische Pressing anlockt und Passoptionen auf den Flügel oder in die Mitte hinein besitzt.

Bei jeder Mannschaft mit höherem Niveau ist dies Gang und Gäbe, dies ist eine Schlüsselposition. Bei Rapid? Hier wird sie schlichtweg nicht besetzt. Das kann gegen Mattersburg funktionieren, aber auf internationalem Boden wird es ein neues Valencia geben, wenn diese Mängel nicht konstant behoben werden.

abseits.at Redaktion

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