Der von Michel Platini adaptierte Europacup geht heuer in seine dritte Saison. Eine der Neuerungen ist die reformierte Qualifikation zur Champions League, in der... Sturms Einzug in das Champions League Playoff: Eine Betrachtung aus anderer Perspektive

Der von Michel Platini adaptierte Europacup geht heuer in seine dritte Saison. Eine der Neuerungen ist die reformierte Qualifikation zur Champions League, in der seither zwischen den Landesmeistern jener Verbände, die aufgrund ihrer Position in der Fünfjahreswertung der UEFA keinen Fixplatz für die Königsklasse haben und den Vereinen, die die Meisterschaft in einer der Topligen auf dem Qualifikationsplatz beendet haben, unterschieden wird. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass es für die Meister der kleineren Ligen nun einfacher ist, sich für die Champions League zu qualifizieren, fünf von ihnen nehmen aufgrund des neuen Modus garantiert in jeder Saison teil. Diese Zahl liegt deutlich über dem Durchschnitt jener Zeit, als es noch keine getrennten Qualifikationswege gab.

Salzburg und Sturm als Österreichs bisherige Vertreter im lukrativen Playoff

Die letzte Hürde vor der Gruppenphase stellt das neu geschaffene Playoff dar. Auch dieses ist finanziell bereits äußerst reizvoll, garantiert eine Teilnahme daran doch schon Einnahmen von etwa zwei Millionen Euro, der Zentralvermarktung der UEFA sei Dank. Zudem winkt beim Scheitern in dieser Runde die Gruppenphase der Europa League und damit verbundene weitere Einnahmen. Österreichs Meister konnte sich bisher jedes Mal für das Playoff qualifizieren: Zweimal scheiterte Salzburg dort an Vertreten aus Israel und heuer versucht Sturm Graz sein Glück gegen BATE Borisov. Dass Sturm überhaupt soweit gekommen ist, wurde jedoch von zahlreichen überraschenden Meisterschaftsentscheidungen in diversen europäischen Ligen begünstigt. Abseits.at zeigt auf, welche dies waren und warum sich Salzburg und die Wiener Austria über den verpassten Meistertitel besonders ärgern müssen.

Die Setzung als wichtiger Faktor im Europacup

Das Playoff stellt die vierte und letzte Qualifikationsrunde zur Champions League dar, davor spielen in der ersten die Meister der vier schwächsten UEFA-Verbände (heuer Luxemburg, Andorra, Malta und San Marino) zwei Aufsteiger aus, die sich in der nächsten Runde zu den Meistern jener Ligen, die auf den Plätzen 17 bis 49 der Fünfjahreswertung liegen, darunter derzeit auch der österreichische Titelträger, gesellen. Die Aufsteiger aus den Duellen dieser Runde stoßen zu den Meistern der Länder 14 bis 16 (Belgien, Dänemark und Schottland) und spielen die zehn Teilnehmer des Playoffs aus.

Vor der Auslosung jeder Runde werden die Vereine in eine gesetzte und ungesetzte Hälfte aufgeteilt und danach die Spielpaarungen ermittelt, wobei immer ein gesetzter auf einen ungesetzten Club trifft. Die Setzung hängt von der Höhe des Teamkoeffizienten ab, der auf den internationalen Leistungen jedes Vereins in den letzten fünf Jahren basiert, zudem spielen in einem geringen Maße auch noch die Erfolge der anderen Clubs aus dem jeweiligen Land eine Rolle.

Trotz weniger Punkte ist Sturm in zwei von drei Runden gesetzt

Sturms Teamkoeffizient beträgt für die laufende Saison 8,640 Punkte, was eine problemlose Setzung in der zweiten Qualifikationsrunde ermöglichte, hier hatte man von 34 Vereinen den achtbesten Wert. Wesentlich knapper ging es in der dritten Runde zu, wo die Setzung als zehnter von zwanzig Teilnehmern hauchdünn geschafft wurde, wie auch die nachfolgende Tabelle veranschaulicht.

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Neben dem äußerst geringen Vorsprung auf die Vertreter aus Bulgarien und Belgien reicht dieser geringe Teamkoeffizient für gewöhnlich auch nicht für eine Setzung in dieser Phase des Wettbewerbs aus. Dies liegt daran, dass mit der Europacupreform ein neues Punktesystem eingeführt wurde, welches im Gegensatz zu früher den Teamkoeffizienten nun auch in der Qualifikation ansteigen lässt, dazu kommen etwa durch die Europa League und auch deren vergrößerte Qualifikation mehr Spiele als zuvor, in denen zusätzliche Zähler gesammelt werden können. In der Saison 2009/10 waren noch 7,733 für eine Setzung in der dritten Qualifikationsrunde nötig, in der darauf folgenden bedurfte es bereits 13,800.

Wie kommt es nun, dass heuer Sturms geringe Punkteanzahl dennoch für eine Setzung ausgereicht hat? Die Antwort liegt im Ausgang zahlreicher Meisterschaften begraben, wo sich – ähnlich wie in Österreich – Vereine den Titel sicherten, die als Außenseiter bezeichnet werden konnten bzw. im Europacup zuletzt kaum präsent waren und dementsprechend geringe Teamkoeffizienten aufweisen. Konkret handelt es sich hierbei um die Meisterschaften in Moldawien, Schweden, Belgien, Tschechien und der Slowakei.

Das Ende einer unglaublichen Serie in Moldawien

Sheriff Tiraspol schaffte das Kunststück, sich von 2001 bis 2010 zehn moldawische Meistertitel in Folge zu sichern. Dies erscheint auf den ersten Blick als herausragende Leistung, doch führt man sich die umfassenden Investitionen vor Augen, die die Firma Sheriff, der in der transnistrischen Teilrepublik, deren Hauptstadt Tiraspol ist, so gut wie alles gehört, in den letzten anderthalb Jahrzehnten getätigt hat, wäre alles andere auch eine große Überraschung gewesen. So verfügt Sheriff, das erst 1997 gegründet wurde, über ein Stadion und Trainingszentrum höchsten internationalem Standards, mit dem kein anderer Verein des bettelarmen Landes annähernd mithalten kann. Zudem wurde fleißig in den Kader investiert, was zuletzt auch zwei Teilnahmen an der Europa League bescherte, wo unter anderem Dynamo Kiew besiegt werden konnte. Doch in der abgelaufenen Saison geriet der Motor ins Stocken und man musste sich Dacia Chisinau geschlagen geben, die in der Champions League Qualifikation jedoch an Sturms späterem Gegner Zestafoni scheiterten. Auch Sheriff ist aus dem heurigen Europacup bereits ausgeschieden, in der zweiten Qualifikationsrunde zur Europa League war gegen FK Sarajevo Endstation. Sheriffs Teamkoeffizient beträgt 9,549 Punkte.

Der Titel geht nach Malmö

In Schweden sicherte sich Malmö FF den sechzehnten Meistertitel der Vereinsgeschichte. Nach langem Kampf konnte Helsingborg auf den zweiten Platz verwiesen werden. Da Malmö in den letzten Jahren jedoch keinerlei internationale Erfolge hatte bzw. teils gar nicht im Europacup aktiv war, weist der Verein nur einen äußerst geringen Teamkoeffizienten auf. Anders stellt sich die Situation bei Helsingborg dar, der Exclub von Henrik Larsson hat 10,825 Punkte zu Buche stehen. Malmö konnte allerdings in der dritten Qualifikationsrunde die Glasgow Rangers mit 1:0 und 1:1 ausschalten und zieht damit als erster schwedischer Verein seit 2007 in eine Gruppenphase ein.

Punkteteilung beschert Titelthriller

Der regierende belgische Meister heißt Racing Genk und setzte sich in einem Herzschlagfinale gegen Standard Lüttich durch. Das belgische Championat wird in einem etwas eigenartigen Modus entschieden; nach einem Grunddurchgang von 30 Runden ermitteln die Top Sechs der Tabelle an zehn weiteren Spieltagen den Meister, wobei die bisher erreichten Punkte halbiert werden. Nach Abschluss des Grunddurchgangs führte Anderlecht die Tabelle mit 65 Punkten vor Genk mit 64 an, Standard Lüttich hatte sich mit 49 Zählern am sechsten Platz gerade noch in die Meisterrunde gerettet – einen Punkt vor dem Siebten Mechelen. Was dann folgte war eine, auch maßgeblich durch die Punktehalbierung bedingte, beispielslose Aufholjagd seitens der Lütticher, die von den ersten neun Spielen acht gewannen und in einem remisierten. Anderlecht hingegen spielte aufgrund zu vieler Niederlagen bald keine Rolle mehr im Meisterrennen, so dass es am letzten Spieltag in Genk zum Titelshowdown zwischen den Gastgebern und Standard kam. Beide Vereine lagen punktegleich, Genk hätte jedoch ein unentschieden genügt, da man aus dem Grunddurchgang noch einen halben Punkt gut hatte, der sich nach der Punktehalbierung nicht in der Tabelle niederschlug. Direkt vor der Pause gingen die Gäste durch Mangala in Führung, was zu dieser Zeit den Meistertitel bedeutet hätte, jedoch konnte Genk durch Nwanganga zehn Minuten vor Spielende ausgleichen und der mittlerweile zu Chelsea gewechselte Courtois sicherte mit Glanzparaden in der Schlussphase den Titel. Da Genk, das nach der Eliminierung von Partizan Belgrad ins Champions League Playoff einzog, in den letzten Jahren im Europacup keine nennenswerten Erfolge feiern konnte, weist der Verein im Vergleich mit Standard (32,400) und Anderlecht (42,400) einen sehr geringen Teamkoeffizienten auf.

Premiere in Tschechien, Jubiläum in der Slowakei

Auch in Tschechien und der Slowakei setzten sich mit Viktoria Plzen und Slovan Bratislava Vereine durch, die man nicht unbedingt auf der Rechnung haben musste. Für den Verein aus der tschechischen Bierstadt war es der erste Meistertitel überhaupt, dessen Basis mit einem überragenden ersten Saisondrittel gelegt wurde, denn so erzielte man in den ersten zwölf Spielen unglaubliche 34 Punkte und baute den Vorsprung auf den späteren Vizemeister Sparta Prag (Teamkoeffizient 30,170) auf bereits zwölf Punkte und die wesentlich bessere Tordifferenz aus. Plzen steht wie Sturm im Champions League Playoff und konnte auf dem Weg dahin unter anderem Rosenborg Trondheim zweimal besiegen.

Im Nachbarland errang Slovan Bratislava seine zehnte Meisterschaft und setzt sich dabei in einem Dreikampf gegen Senica und Zilina durch. Letztere konnten im Vorjahr die Qualifikation zur Champions League feiern, was ihnen einen durchaus stattlichen Teamkoeffizienten von 14,399 bescherte.

Sturm ist im Playoff ungesetzt – im Gegensatz zu Salzburg und Austria

Wäre in nur einer dieser Ligen die Meisterschaft anders ausgegangen und einer der Vereine mit höherem Koeffizienten hätte sich den Titel gesichert, wäre Sturm Graz in der dritten Qualifikationsrunde, wo man bekanntlich auf Zestafoni traf, ungesetzt gewesen und es hätten wesentlich unangenehmere Gegner gedroht. Diese waren zwar auch weiterhin möglich, vor allem in Form von Genk, Plzen oder Malmö, die Chance auf einen solchen Verein zu treffen war mit dem Status des Gesetzen jedoch wesentlich geringer. Dies soll nicht bedeuten, dass Sturm sich nicht auch gegen namhaftere Konkurrenz hätte durchsetzen können, der Ausgang in den beschriebenen Meisterschaften hat die Teilnahme am Playoff jedoch deutlich erleichtert.

Die Setzung im Playoff stellt sich nun wie folgt dar:

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Nachdem von den in der dritten Runde gesetzten Vereinen Partizan Belgrad, Rosenborg Trondheim sowie die Glasgow Rangers ausgeschieden sind, rückte Sturm sogar auf den siebten von zehn Plätzen im Playoff vor, ist aber weiterhin ungesetzt. Hier kommen nun die am Beginn des Artikels erwähnten Salzburg und Austria ins Spiel, denen man im Vorfeld der letzten Saison definitiv größere Meisterchancen als Sturm eingeräumt hatte und die trotz zahlreicher Probleme und Unzulänglichkeiten bis zum letzten Spieltag im Titelrennen waren. Sowohl Salzburgs (22,140) als auch Austrias (16,640) Teamkoeffizient hätte für eine Setzung im Playoff ausgereicht, was die für beide lange ersehnte Champions League-Teilnahme mehr als nur realistisch gemacht hätte.

Schlussendlich muss auch noch erwähnt werden, dass es sich lohnt um jeden internationalen Punkterfolg zu kämpfen, auch wenn dies auf den ersten Blick nicht den Anschein hat. Denn hätte Sturm beispielsweise nicht im Dezember 2009 das bedeutungslose Europa League-Spiel gegen Galatasaray gewonnen, wäre sich heuer eine Setzung in der so wichtigen dritten Qualifikationsrunde nicht ausgegangen.

OoK_PS, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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