Der SK Rapid startete mit zwei Gesichtern in die Saison 2016/2017. Auswärts konnte man zwei Spiele nicht gewinnen, zuhause im neuen Stadion wurden die... Szenenanalyse: Das Zusammenspiel zwischen Traustason und Schaub in den letzten beiden Spielen

_Arnor Yngvi Traustason - SK Rapid WienDer SK Rapid startete mit zwei Gesichtern in die Saison 2016/2017. Auswärts konnte man zwei Spiele nicht gewinnen, zuhause im neuen Stadion wurden die Gegner an die Wand gespielt. Beides wird zukünftig wohl nicht so bleiben, dennoch konnte man bereits interessante Abläufe erkennen, insbesondere im Zusammenhang mit den Neuzugängen.

In diesem Artikel wollen wir uns zwei Szenen ansehen, bei denen vor allem Arnor Ingvi Traustason eine wichtige Rolle spielt. Der Isländer war in seinen Einsätzen zwar weitestgehend unauffällig, deutete aber an, dass er Rapid insbesondere im letzten Drittel helfen könnte.

Augenscheinliche Unterschiede zu Kainz

Nominell war die Verpflichtung von Traustason als Reaktion auf den Abgang von Florian Kainz, dem herausragenden Rapid-Spieler der letzten Saison, zu verstehen. Dass er jedoch kein 1:1-Ersatz für den Neo-Bremer sein würde, haben wir bereits im Rahmen seiner Spielerinfo herausgearbeitet. In den ersten Einsätzen wurde diese Annahme bestätigt. Gegen Altach spielte er beispielsweise während 63 Minuten lediglich 19 Pässe. Während Kainz gewissermaßen als Spielmacher am Flügel agierte und Bälle verteilte, besticht Traustason durch sein enorm variantenreiches und intelligentes Anbieten.

Schaubs Rolle als Zehner

Dies ist nur eine Veränderung, die der Trainerwechsel und die personelle Besetzung mit sich brachten. Die gesamte Offensivreihe zeigte sich bisher nämlich mit einem neuen Gesicht. Nur Louis Schaub ist als Stammspieler der letzten Saison noch dabei – allerdings in einer anderen Rolle. In Abwesenheit des verletzten Steffen Hofmann bekleidete er in den jüngsten vier Spielen nämlich die Zehnerposition. Dort agierte er ab und an zwar schon in Vergangenheit, allerdings wurde er in eine Rolle gezwängt, die ihn in manchen Aspekten seiner Stärken beraubte.

Eine markante Charakteristik im Spiel von Schaub ist sein hohe Affinität für dynamische Situation sowie sein starker Zug zum Tor. Auf dem Flügel äußerte sich das in häufigen diagonalen Dribblings. Als zentraler offensiver Mittelfeldspieler im System von Zoran Barisic konnte er diese Dinge nur eingeschränkt einbringen, da darin der Zehner in erster Linie als Unterstützer im Kombinationsspiel und als Einfädler agierte. Unter Mike Büskens fand Schaub hingegen auch Situationen vor, in denen er mit Tempo in freie Räume vorstoßen konnte.

Wechselweises Öffnen von Räumen

In den beiden Szenen, die wir im Folgenden analysieren werden, wurden diese Räume von Traustason geöffnet. Kein Zufall, wenn man um die Qualitäten des Neuzugangs Bescheid weiß. In der ersten Aktion erkennt man vor allem, dass er ein sehr umsichtiger Spieler ist, der ständig versucht im Sinne des Teams zu agieren und sehr vorausschauend handelt.

Während sich hier alle Spieler auf den Ball konzentrieren blickt Traustason über seine Schulter und erkennt das große Potenzial dieser Situation. In seinem Rücken ist ein sehr großer Raum entstanden, weil Philipp Schobesberger seinen Gegenspieler auf den Flügel zieht. Schaub fordert von seinem Mitspieler, den Ball dorthin zu werfen. So weit, so gut – keinesfalls ein außergewöhnlicher Ablauf. Traustason denkt nun offenbar jedoch schon einen Schritt weiter.

Im Angriffszentrum bindet Stürmer Joelinton zunächst die beiden Innenverteidiger Altachs, sodass Schaub ohne nominellen Gegenspieler ist. Dadurch, dass der Einwurf auf ihn kommt, rückt nun ein Innenverteidiger nach vorne, was allerdings den Raum hinter ihm öffnet. Traustason antizipiert das und sprintet in das Loch, wird von Schaub mit dem ersten Kontakt eingesetzt und findet eine sehr gute Abschlussposition vor.

Das Besondere an dieser Aktion ist einerseits, dass hier zunächst Traustason für Schaub den Raum öffnet und dieser in weiterer Folge wiederrum Platz für den Isländer schafft. Außerdem ist diese Szene ein Beispiel für die die Weitsichtigkeit in den Aktionen von Traustason. Er startet nämlich bereits zum Zeitpunkt des Einwurfes in Richtung Gefahrenzone, wie man in diesem Video eindeutig erkennt.

Mocinic und Schwab als ideale Einfädler

Die zweite Aktion, die wir unter die Lupe nehmen, stammt aus dem jüngsten Spiel gegen Torpedo Zhodino. Sie mündete zwar nicht in einer Abschlusssituation, zeigte aber neben Traustasons Raumöffner-Fähigkeiten eine weitere potenzielle Verbesserung am Übergang in die Gefahrenzone: die Affinität zu Schnittstellenpässen der zentralen defensiven Mittelfeldspieler. Beide überzeugten im Spiel gegen die Weißrussen.

In diesem Bild erkennt man den zuvor erwähnten Mechanismus, der es Schaub ermöglicht mit Tempo in die Tiefe zu starten. Traustason bewegt sich nämlich, so dass er den zentralen Spieler vor der gegnerischen Abwehrkette auf sich zieht. Damit wird der Passweg in den Lauf von Schaub geöffnet. Rapids Nummer zehn läuft sich in der Folge allerdings in der vielbeinigen Abwehr von Torpedo fest.

Vor allem vertikale Pässe in die Gefahrenzone vermisste man in der letzten Saison häufig. Dies hatte mehrere Ursachen. Ein wichtiger Grund dafür war, dass mit Robert Beric jener Spieler, der für das Aufreißen der entsprechenden Lücken hauptverantwortlich war, abgegeben und nicht adäquat ersetzt wurde. Ein anderer Faktor war das Fehlen eines Spielers, der diese Pässe auch regelmäßig anbringen konnte. Stefan Schwab ist zwar jemand, der sich derartige Zuspiele zutraut, allerdings ist seine Erfolgsquote dabei eher gering.

Mit Ivan Mocinic holte der SK Rapid nun einen äußerst talentierten Spieler, in dessen Repertoire unter anderem diese Fähigkeit vorhanden ist. Der 23-jährige Kroate konnte seine großen Anlagen bereits in den ersten drei Spielen im Rapid-Dress bestätigten. Mit ihm holte Rapid wohl den lang ersehnten Einfädler aus der Tiefe. Schaffen es die Hütteldorfer, die Abläufe um Mocinic, Traustason und Schaub zu verfeinern sowie die daraus entstehenden Chancen zu nützen, ist der Traum vom Meisterteller alles andere als unrealistisch.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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