Sieben Abgänge, fünf Neue. Die bisherige Transferstatistik Rapids liest sich nicht gerade nach dem in der Vorsaison geprägten Statement „den Kader in der Breite... Zahlreiche Optionen: Rapid und die mögliche Dreierkette

Wappen Rapid Wien am Trainingsplatz_abseits.atSieben Abgänge, fünf Neue. Die bisherige Transferstatistik Rapids liest sich nicht gerade nach dem in der Vorsaison geprägten Statement „den Kader in der Breite verstärken zu wollen“. Mit etwas Fantasie sind der im Winter geholte Thomas Murg und das hochgezogene Supertalent Maximilian Wöber die Neuen sechs und sieben. Dennoch ist Rapids Performance im bisherigen Sommertransferfenster alles andere als souverän. Die Tatsache, dass Rapid derzeit ein sattes Transferplus von 2,5 Millionen Euro auf der Kante hat, wird erstmals in der Vereinsgeschichte nicht nur positiv aufgenommen.

Selbst vor dem Hintergrund, dass es 2016/17 Titel geben muss, lehnt sich Rapid nicht zu weit aus dem Fenster. Das neueste Beispiel: Mattersburg-Außenverteidiger Patrick Farkas soll trotz des Abgangs von Stefan Stangl kein Thema sein. Thomas Schrammel soll als Linksverteidiger zurück in die Mannschaft finden, mögliche Backups sind der junge Wöber und auch der flexible Auer. Ein Verzicht auf den Österreicher-Topf zugunsten eines weiteren Klasselegionärs ist ebenfalls kein Thema.

Erst ein neuer Defensivspieler

Dennoch könnte die etwas biedere Art wie Rapid derzeit Abgänge kompensiert, für Vorteile in einer anderen Richtung sorgen. Während Andreas Müller mit der Zweijahresleihe von Joelinton hofft, das Stürmer-Problem gelöst zu haben und EM-Starter Arnór Ingvi Traustason Florian Kainz vergessen machen soll, wurde bisher erst ein einziger Defensivspieler verpflichtet. Admira-Kapitän Christoph Schösswendter ist dieser vorerst einzige – ein Sechser, bei dessen Verpflichtung man sich beunruhigend viel Zeit lässt, wird folgen.

Außenverteidiger werden zum Problem werden

Angesichts der bisherigen Transfers bzw. eher angesichts verweigerter, zukünftiger Transfers lässt sich die neueste Baustelle in Grün-Weiß schon jetzt ausmachen. Es werden – wieder einmal – die Außenverteidiger in der Viererabwehrkette sein. Thomas Schrammel ist derzeit der einzige defensiv sichere Außenverteidiger im Kader. Pavelic und Auer haben defensive Schwächen, Wöber ist ein unbeschriebenes Blatt, wird aber am stabilen Schrammel vorbeikommen müssen.

Dreierkette möglich?

Würde Rapid mit dem bestehenden Spielermaterial in die neue Saison gehen, stünde die Türe für eine Dreierabwehrkette offen. Wenn wir einen genaueren Blick auf Rapids Personal blicken, finden wir zahlreiche Vorteile, die für eine Dreierkette sprechen. Wir gehen hierfür von verschiedenen Formationen aus.

Allgemeines

Rapid verfügt über fünf Verteidiger, die in einer Dreierkette gut aufgehoben wären. Die zentrale Position kann der physisch starke Schösswendter einnehmen, außen wäre Dibon gesetzt und Sonnleitner würde mit Maximilian Hofmann um den dritten Platz streiten. Wöber ist eigentlich gelernter Sechser, spielte später im Nachwuchs in der Innenverteidigung und ist unter Büskens vorerst als Linksverteidiger eingeplant. Er ist aber in Wahrheit der Prototyp eines Verteidigers für die Dreierkette.

Wir beleuchten nun mehrere formative Beispiele im Detail.

Defensives 3-6-1

3-6-1-defensiv

In einer solchen Formation wäre nicht mehr der abkippende Sechser die erste Instanz im Spielaufbau, sondern die drei Innenverteidiger, die das Spiel beliebig breit oder horizontal kompakt machen können.

Spieler wie Schaub, Traustason, Murg oder Hofmann müssten nicht mehr am Flügel kleben, sondern können das Zentrum kompakter machen. Die Rolle der Anspielstation am Flügel nehmen die Außenverteidiger ein, die in unserem defensiven Beispiel Schrammel und Pavelic heißen.

Schwierig wird es in diesem System für echte Flügel, wie etwa Philipp Schobesberger. Dieser wäre für die einzige echte Außenposition wohl defensiv zu schwach. Andererseits können polyvalente Spieler wie Wöber durchaus die ganze Seite beackern.

Diese eher defensive Variante ist eine Option für Rapid, wenn es gegen Mannschaften geht, die einen ähnlichen Spielstil wie Rapid verfolgen, aber individuell stärker sind. Das Wichtigste an dieser Herangehensweise ist es jedenfalls, nur in die Breite Raum zu geben, vertikal aber im Block zu verschieben und dauerhaft sehr kompakt zu bleiben.

3-6-1 mit offensiver Mittelfeldzentrale

3-6-1-offensiv

Ein 3-6-1-System mit offensiverer Zentrale lässt sich sogar situativ herstellen, wenn man unser erstes Beispiel als Grundausrichtung annimmt. Hier gibt es schlichtweg keine Doppelacht vor der Dreierkette, sondern eine markantere vertikale Staffelung.

Angesichts dessen, dass die Außenspieler in Rückwärtsbewegung immer noch Verteidiger sind und damit ein 5-4-1 herstellen, wäre diese Herangehensweise nicht zu offensiv. Dieses System bietet sich gegen Gegner an, die man nur selten atmen lässt. Je eher man es schafft, sich in der gegnerischen Hälfte festzusetzen und damit den Aktionsradius der Außenspieler möglichst klein zu halten, desto besser wird diese Variante funktionieren.

Dadurch, dass ein Spieler aus der Doppelacht herausrückt und die Zehn besetzt, spielen die beiden anderen zentral-offensiven Mittelfeldakteure nun auf echten Halbpositionen. Der Sechser stabilisiert und ist Anlaufstelle für Spielverlagerungen, der Zehner balanciert die Offensive und die Spieler auf den Halbpositionen können variieren. Im Idealfall besetzt man diese Positionen mit Kreativspielern, die in ihren Entscheidungen flexibel sind. Mal kann man auf den Flügel gehen und den Außenspieler unterstützen, mal in die Spitze, man in die Schnittstellen der gegnerischen Abwehrkette. So oder so verfügt die Mannschaft mit dieser Aufstellung über zentral-offensive Masse und hat somit erhebliche Vorteile im Zwischenlinienraum.

Die zentralen Mittelfeldspieler müssen jedoch ein hohes Maß an Pressingresistenz und Ballsicherheit aufweisen, während auch die drei Innenverteidiger stets konzentriert bleiben und bei Bedarf individuell herausschieben müssen.

3-5-2 mit klassischer Doppelspitze

3-5-2-Doppelspitze

In dieser Variante spielt Rapid mit zwei Stürmern. Joelinton erachten wir als gesetzt, die zweite Spitze kann je nach Anforderung Jelic, Tomi, aber sogar Entrup, Traustason oder Schobesberger heißen. Gegen höher stehende Gegner wäre Schobesberger neben einem raumöffnenden Joelinton sicher eine sinnvolle Variante. Ähnliches könnte für den sehr direkt ausgerichteten Traustason gelten.

Im zentralen Mittelfeld gäbe es gleich mehrere Varianten: Entweder Rapid entscheidet sich für einen Solosechser und – wie schon im letzten Beispiel beschrieben –  zwei Spieler auf Halbpositionen, oder eine Doppelsechs mit nur einem offensiven Mittelfeldspieler. Die dritte Option wäre eine klassische 6-8-10-Staffelung, auf der etwa der noch zu verpflichtende Sechser, Schwab und Steffen Hofmann, Louis Schaub oder Thomas Murg als Mittelfeldtrio auftreten. Dies wiederum würde gleich mehrere Top-Spieler im Mittelfeld ausstechen.

3-5-2-Doppelspitze-FlügelOffensiv

Allerdings würde die zweitgenannte Variante eine andere Facette öffnen: Wenn Rapid mit einer defensiven Doppelsechs, etwa mit dem neuen Sechser und Schwab beginnt, kann man es auch wagen, an den Flügeln offensiver zu agieren. Erstmals greifen wir in unseren Beispielen nicht auf Schrammel und Pavelic als Flügelspieler zurück, sondern erwägen auch offensivere Varianten. So hat beispielsweise Louis Schaub in der vergangenen Europacupsaison (Ajax Amsterdam auswärts, Shakhtar Donetsk heim) bewiesen, dass er dem läuferischen Aufwand gewachsen wäre, sofern er topfit ist.

3-4-3 mit klassischen Flügelstürmern

3-4-3-Flügelstürmer

Dies wäre die taktisch anspruchsvollste Variante, weil man die Außenverteidiger komplett ausspart und somit die Abstimmung zwischen den Mitgliedern der Dreierkette und der Doppelsechs/Doppelacht komplexer wird. Situativ müssen nun nämlich die Verteidiger oder auf höheren Feldpositionen die defensiven Mittelfeldspieler nach außen und die ballfernen Defensivspieler leicht in Richtung aktiver Flügel nachschieben. Ein cleverer Gegner mit hoher individueller Qualität kann dies mit großer Wahrscheinlichkeit gut bespielen.

Auf der anderen Seite birgt diese Variante offensiv einiges an Explosivität in sich. Dies liegt einerseits daran, dass die klassischen Flügelstürmer – in unserem Beispiel Traustason und Schobesberger – sehr direkt agieren können, weil hinter ihnen gleich zwei Linien an Mittelfeldspielern absichern und als Balllieferanten dienen. Andererseits ist es auch von Vorteil, dass die beiden offensiveren Mittelfeldspieler ihre primären Stärken im Spiel auf der Zentralachse haben. Dies sorgt dafür, dass Rapid nicht nur viele Spieler im letzten Drittel, sondern auch hohe Ballsicherheit in der Zentrale hat.

Nichts desto trotz ist diese Variante praktisch nicht umzusetzen, sofern die Kommunikation der fünf defensiven Spieler nicht funktioniert. Eine solche Variante gehört dauerhaft einstudiert und kann nicht einfach zwischendurch ausprobiert werden. Vor allem die läuferischen Automatismen ohne Ball sind hier äußerst komplex und daher erfordert diese Systemvariante blindes Verständnis innerhalb des Defensivverbunds.

Ergänzungen

Einige Alternativen wurden in den dargelegten Beispielen komplett ausgespart. Dazu zählen

– Wöber kommt in unseren Grafiken nicht als Mitglied der Dreierkette vor, da er in der Hierarchie noch auf dem letzten Platz steht. Der 18-Jährige kann in der Dreierkette jedoch auf jeder Position spielen.

– Kaderspieler wie Kuen oder Nutz kommen nur selten oder gar nicht in den Beispielgrafiken vor, sind aber durchaus Optionen auf der Zentralachse bzw. den Halbpositionen.

– Junge Spieler wie Entrup (ST,RA), Szanto (ZM) oder Gashi (ZM,OM,LM-halb) können einzeln ausprobiert werden, wenn es der Spielstand und –verlauf zulassen.

Neben dem 4-2-3-1, das weiterhin als Standardsystem gilt, kommt nun auch ein 4-4-2 in Frage, das wie folgt aussehen könnte.

Bestbesetzung:

4-4-2-Einser

Zweiter Anzug:

4-4-2-Zweier

In einem 4-4-2 wird Rapid eher mit zentral starken, einrückenden offensiven Mittelfeldspielern agieren, anstatt Flügel wie Schobesberger oder Traustason tatsächlich an den Flügeln zu bringen.

Gerade in Heimspielen gegen schwächere Gegner ist jedoch auch ein 4-2-4 in Vorwärtsbewegung möglich. Hierfür könnte man Jelic und Joelinton als Mittelstürmer aufbieten, wobei einer von beiden stark antizipieren müsste. An den Flügeln würden Traustason und Schobesberger spielen und sehr direkt und invers agieren.

Die wahrscheinlichste Einsergarnitur im wahrscheinlich am häufigsten praktizierten 4-2-3-1 sieht momentan allerdings so aus:

4-2-3-1-Einser

Da aber auch der Kader Rapids nicht zur Gänze steht, sind all dies Spekulationen und lediglich theoretische Ansätze, was alles möglich wäre. So oder so wäre es wünschenswert, wenn Rapid 2016/17 endlich in unterschiedlichen Formationen auflaufen könnte, je nachdem, was das Spiel und die Qualität des Gegners von den Grün-Weißen verlangen.

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Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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