Usain Bolt läuft die 100 Meter in 9,58 Sekunden. Das ist unbestritten. Es gibt eine Stoppuhr und eine Laufbahn und Usain kann während der... Das gewisse Etwas (2) –  Auch „talentbefreite“ Spieler können Erfolg haben!

Paul ScharnerUsain Bolt läuft die 100 Meter in 9,58 Sekunden. Das ist unbestritten. Es gibt eine Stoppuhr und eine Laufbahn und Usain kann während der Messzeit durch nichts anderes glänzen, als mit der Tatsache als Erster die Ziellinie zu Überqueren. Auch Stefka Kostadinowa konnte nur mit ihrem  „Hupfer“ über 2,09 Metern 1987 Weltmeisterin im Hochsprung werden. 

In vielen Sportarten ist die Leistungsbeurteilung ziemlich eindeutig, in einigen aber auch nicht.  Zu diesen Sportarten zählt der Fußball. Hier gibt es Spieler, die technisch so viel Feingefühl besitzen wie ein Schlachter in St. Marx und trotzdem aufgrund anderer Attribute ein wertvoller Mannschaftsteil sein können.  Oder Kicker, die über das Feld kriechen und durch gutes Stellungsspiel dennoch brillieren können.

„Flipper“ Klinsmann scheiterte gelegentlich schon an der Ballannahme,  seine kämpferische Spielweise und Torgefährlichkeit ließen ihn jedoch erfolgreich bei Inter, Bayern und Tottenham spielen.  Thomas Müller ist ein „Raumdeuter“, der ohne zaudern zum Abschluss kommt, ein unberechenbarer Offensivspieler mit Übersicht wie kein Zweiter, seine Trickkiste ist dagegen „wie eine Flasche leer“. Die beiden Deutschen sind Beispiele dafür, dass einseitige Begabungen im Fußball wichtig sein können. Fehlendes Können in einem Bereich kann durch ausgeprägte Talente in einem anderen Fach wettgemacht werden, das ist ziemlich logisch. Nur die wenigsten Spieler sind schließlich Allround-Könner.

Die internationale Dimension

Spieler wie die im gestrigen Artikel genannten gibt es überall. Jedoch sind die wirklichen Fußballriesen so gut bestückt, dass bei Auftritten mit der Nationalmannschaft oder bei ausländischen Topklubs „One-Hit-Wonder“-Kicker oft chancenlos sind und daher nicht zum Einsatz kommen. Experten ausländischer Ligen kennen bestimmt zahlreiche Exemplare dieser unausrottbaren Abteilung. Es gibt sie überall und hin und wieder schaffen sie es auch in einem guten Verein zu landen. An dieser Stelle seien Peter Crouch, Andy Carroll, Gareth Barry, Antonio Nocerino oder Lorik Cana genannt. Sie alle haben eines gemeinsam: Unterdurchschnittliche Begabung, in allen Messwerten eigentlich nicht den notwendigen Grenzwert erreicht, keine Profis auf dem Theorieblatt und doch schaffen sie es für Topteams zu kicken.

Das gewisse Etwas

Meistens sind es Fleiß und harte Arbeit, die aus wenig viel machen. Wenn es aber dann immer noch nicht reicht, müssen die eigenen Möglichkeiten so gut wie möglich genutzt werden. Bei Stefan Maierhofer wurde aus der Not wurde eine Tugend gemacht. „Der Lange“ musste sich wohl oder übel auf Kopfbälle spezialisieren. Und regelmäßige seine Stutzen durchscheuern um im Sturm etwas bewegen zu können. Für andere Positionen reichen seine technischen Fähigkeiten bei aller Liebe leider nicht aus. Hin und wieder bringt aber auch das aufgezogene Herumlaufen nichts: Ein besonderer Fan des Ex-Rapid-Stürmers hinterließ auf YouTube ein „Worst“ frameborder=“0″ allowfullscreen> of“ des Gablitzers aus dem Länderspiel gegen Litauen. Der Witzbold unterlegte Maierhofers Pannenserie mit dem Donauwalzer und wiederholte jede gezeigte Spielsituation zur besseren Verdeutlichung nochmal. In dem Match hatte Maierhofer eindeutig nicht seinen Tag: Verlorene Kopfballduelle, Fehlpässe, Kerzen, Luftlöcher und Trickversuche, die durchwegs in die Hose gingen.

Auch sein „Try and error“ gegen Düdelingen ist für viele Kritiker ein Grund mehr dem „Langen“ jede Qualifikation abzusprechen. Maierhofers damaliger ungewollter“ frameborder=“0″ allowfullscreen> „Übersteiger“ hatte aber Konsequenzen: Red Bull Salzburg schied gegen die Amateurmannschaft aus Luxemburg in der CL-Quali aus.

Auch sein Ex-Nationalteamkollege Paul Scharner leistete sich im österreichischen Dress einige „Stückerl“: Ein mieser Elfer gegen Kamerun, eine unnötige rote Karte gegen Belgien und zahlreiche Spiele in denen er haarsträubende Fehler beging. Seine harte englische Spielweise konnte man im Team nicht wirklich gebrauchen. Dort fielen nur seine eklatanten Mängel auf.

Das ist das Schicksal der vermeintlichen Spitzkicker aus Österreich. Sie bringen es zwar zu so manchem Erfolg, aber der Geschmack eines „lucky punches“ bleibt irgendwo immer zurück.

Langfristiges Durchsetzen bei Topklubs ist ihnen nicht vergönnt: Maierhofer und Kienast gehören zur Kategorie der Wandervögel. Kienast und sein Glücksengerl hatten fast überall Erfolg. Auch Maierhofer erlebte Großartiges, wenn er für Klubs kickte, wo ihm das Spielsystem zugute kam. Jetzt ist er vereinslos.

Scharner, regierender FA-Cupsieger, kann sich glücklich zurück lehnen: Er hat erreicht, was ihm die wenigsten zugetraut haben. Sein Image als schwieriger Kauz ist für ihn wahrscheinlich eher Kompliment als Beleidigung.  Garics ist auf persönlicher Ebene eigentlich der Erfolgreichste. Zwar wurde er nur mit Rapid in der obersten Spielklasse Meister, er hat sich aber in Italien etabliert, ist Stammspieler und läuft regelmäßig für das Nationalteam auf.

Labor omnia vincit

Maierhofer sprach einst aus, was alle wissen: „Ich bin fußballerisch limitiert, doch habe ich mir Herausforderungen gesucht.“ Damit ist es wohl auf den Punkt gebracht. Eine Weiterentwicklung ist nur möglich, wenn man sich mit Besseren messen muss. Insofern haben dem „Langen“ seine Stationen in England und Deutschland sicher nicht geschadet, sondern ihn nur noch stärker gemacht.

O-Ton Maierhofer über die Misserfolge vieler österreichischer Kollegen: „Man gibt sich zu leicht mit wenig zufrieden – das ist das größte Problem.

Kennt jemand noch Christoph Knasmüllner? Wie Stefan Maierhofer war der Wiener bei den Bayern Amateuren engagiert. Nur war „Knasi“ damals 17 Jahre alt und galt als „fußballerisch weit besser als David Alaba“. Disziplin und Biss waren aber Fremdwörter für den Wiener. 2010 wurde ein Transfer zu Inter Mailand, wo sich Christophs Management sicher war: „Er ist ein Spieler für die erste Mannschaft, das haben wir besprochen.“, eingeleitet. Acht Spiele machte Christoph schließlich in Mailand. Aber für die Primavera. Seit 2011 ist er beim FC Ingolstadt engagiert und kommt dann und wann zum Einsatz.

 „Es gibt nichts Schlimmeres, als vergeudetes Talent.“

…sagt Robert de Niro als italienischstämmiger Busfahrer im Mafia-Streifen „In den Straßen der Bronx“ zu seinem Filmsohn. Einen Lottoschein in der Tasche zu haben, den man aus Bequemlichkeit nicht einlöst, ist auch blöd. Das kann man all den hier porträtierten Spielern nicht vorwerfen. Aus charakterlicher Sicht kann man ihnen ebenso nichts ankreiden. Man kann sie nur bewundern.

Eine Einschränkung hat die Sache aber dennoch: Wenn sich das österreichische Nationalteam in Zukunft verbessern möchte, dürfen derartige Fußballer nicht regelmäßig spielen. Eine Anhebung des Niveaus wird nur durch spielerisch gute Kicker erreicht. Als moralische Vorbilder und als „Anstacheler“ beim Training können die Maierhofers und Scharners gerne ins Teamcamp einrücken, ein Stammplatz darf ihnen aber nicht garantiert sein. Als Backups und „Dazwischenhauer“ reichen sie aber allemal.

Die Moral der Geschichte: Die richtige Einstellung zum Sport, das Herausarbeiten von Besonderheiten und ein eiserner Wille öffnen so manche Türe. Hinter so mancher Tür stecken tolle Erfolge. Und ein Batzen Geld.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert