Im ersten Teil unseres Zweiteilers über den unbekannten Topspieler von einst, Otto „Stopperl“ Fodrek gingen wir auf seine Jugend, Herkunft und aktive Karriere ein.... Der „Jahrhundert“-Fußballer (2) – Otto „Stopperl“ Fodreks Zeit nach der Karriere

Retro FußballIm ersten Teil unseres Zweiteilers über den unbekannten Topspieler von einst, Otto „Stopperl“ Fodrek gingen wir auf seine Jugend, Herkunft und aktive Karriere ein. Nun werfen wir einen Blick auf die Zeit nach dem aktiven Fußball, gute Freunde und jede Menge Anekdoten aus der großen, weiten Fußballwelt.

Der Anekdotensammler

Nach seiner aktiven Karriere wurde Otto Fodrek zum FC Simmering geholt, wo er als Nachwuchstrainer tätig war. Zu seinen Schützlingen gehörten damals Peter Pumm und „Gustl“ Starek. Seine eigentliche Heimat blieb aber der WAC. In diesem Allround-Sportverein fanden sich nicht nur Fußballer sondern auch Hockeyleute, Tennisspieler, Schwimmer und Handballer. „Stopperl“ war nicht nur als Jugendtrainer im Einsatz, sondern verrichtete stets auch Massagedienste. Einen „Auftrag“ wird er wohl nie vergessen: Ein Streifenwagen der Polizei holte den Ex-Fußballer einmal direkt vom Platz ab um ihn auf dem schnellsten Wege ins Wiener Radstadion zu bringen. Die amtierenden Wimbledonsieger O’Conners und Smith waren zu einem Exhibitionsturnier nach Wien gekommen und klagten über Rücken- und Genickschmerzen. „Stopperl“ sollte es richten, bevor die Veranstaltung ins Wasser fiel. Und siehe da: Seine heilenden Hände wirkten Wunder.

„Stopperls“ erste Tätigkeit bei einer Kampfmannschaft ergab sich 1963: Fodrek wurde Trainer der Vienna, Alfred Körner deren Sportdirektor. Als Klubpräsidenten wünschten sich die beiden den glühenden Vienna-Anhänger und Kult-Regisseur Franz Antel. Auch bei der Vienna war Fodrek nebenbei „Mädchen für alles“: Er massierte und verrichtete auch Zeugwarttätigkeiten. Die Personalknappheit führte dazu, dass er auch bei diesen Arten der Betreuung einspringen musste.

Eines Tages blieb die versammelte Mannschaft nach dem Match vor dem Massageraum stehen um zuzusehen wie der Wiener den 86-fachen A-Teamspieler Karl Koller „durchwalkte“. Nach kurzer Zeit verspürte „Stopperl“ ein starkes Brennen auf dem Bauch. Das unangenehme Gefühl griff auch auf andere Körperpartien über und die beobachtende Mannschaft bog sich vor Lachen. Die Witzbolde hatten an die Enden des Massagetisches die brennende Salbe „Finalgon“ geschmiert und da „Stopperl“ meistens oberkörperfrei massierte zeigte die Creme bald ihre Wirkung. Fodrek versuchte cool zu bleiben und rächte sich mit einer besonders kräftigen Behandlung an Koller.

Im Bauch des Happel-Stadions

Seine weitere Laufbahn führte Fodrek und Körner anschließend zum FC Wienerberger, welchen sie in die Regionalliga Ost führten. Daneben verselbständigte sich „Stopperl“ immer mehr: Er vergrößerte seinen Schneiderbetrieb auf drei Bekleidungsgeschäfte, machte die Ausbildung zum Sportlehrer und bildete sich auch als Masseur fort. Schließlich eröffnete er sein eigenes Fitnesscenter am Mittersteig, hielt selber Massagekurse und zog schließlich mit seinem Studio ins Happel-Stadion um. Dort war er als Geschäftsführer seines Athletik-Centers tätig und hielt bis ins hohe Alter selbst Fitnesskurse.

Auch die Gattin des jetzigen Bundespräsidenten besuchte gelegentlich das damalige Athletik-Center am Mittersteig. „Stopperl“ riet ihr an Waldläufen teilzunehmen, Frau Fischer schickte ihren Gatten vor. Geplant war ein großer Rundkurs, ausgehend von der Marswiese in Neuwaldegg. Heinz Fischer kam, sah und siegte.

Der übergewichtige Politiker steckte den Ex-Fußballer Fodrek locker in die Tasche und kam lange vor dem ehemaligen WAC-Verteidiger im Ziel an. Trotzdem konnte „Stopperl“ Fischer als Kunden gewinnen und hielt „Privatunterricht“ im Parlament ab: Die Staatsmänner Mock und Blecha beteiligten sich.

Freundschaftliche Kontakte pflegte Fodrek auch mit dem Schauspieler Paul Hörbiger, diesen chauffierte er gelegentlich nachhause. Sein bester Freund war aber Ernst Happel. Hier scheint sich die Geschichte mit dem Prater-Stadion, das ja nach dem österreichischen Trainergott benannt ist, zu schließen. Schmunzelnd erzählt Fodrek heute noch von Heurigenrunden mit dem begnadeten Grantler.

Aber auch andere außergewöhnliche Sportler konnte Fodrek als Masseur oder Betreuer begleiten. Am Schicksal eines jungen Spielers nahm er besonders Anteil: Günther Happich.

Dieser spielte beim Sportklub und wurde später von Rapid gekauft. Seine Ballverliebtheit führte immer wieder zu schweren Fouls, die sich in groben Frakturen äußerten. Während einer Verletzungspause kam das Talent mit Rauschgift in Kontakt und ruinierte sich so seine vielversprechende Karriere. Zwar lief Happich später sogar für das Nationalteam auf, blieb aber weit unter seinen Möglichkeiten, ehe er mit 43 Jahren starb. Der „Fall H.“ ging „Stopperl“ besonders nahe.

Die Fußballsektion des WAC verlor im Nachkriegsösterreich an Einfluss. Nach dem Abstieg aus der damaligen „Nationalliga“ fusioniert der WAC mit Austria Wien. 1983 wurde die eigene Ballsportabteilung wieder reaktiviert, blieb aber bedeutungslos. Seit 2002 besteht nur noch eine WAC-Hobbymannschaft.

Fodrek wechselte schließlich als Masseur zum Wiener Sportklub, wo er 15 Jahre langblieb. Ebenso gab es ein Intermezzo als Masseur der österreichischen Nationalmannschaft. Horst Nemec, dem Austria-Star und Nationalteamstürmer, verpasste er hierbei ein Extra-Training, da der damalige Teamchef meinte, „Horstl“ sei zu dick.

Privat spielte Fodrek mit vielen Prominenten beim Charity-Verein FC Antel: Jenes Team, das die Freunde des Filmregisseurs Franz Antel um sich versammelte, um hier und da Spenden für den guten Zweck einzuspielen.

Mein Freund Ferenc und andere Bekannte

Ein weiterer bekannter Zeitgenosse, den Fodrek kennenlernen durfte, war niemand geringerer als das ungarische Ballgenie Ferenc Puskás.

Puskás flüchtete wie viele andere Ungarn 1956 nach Österreich. Dort hielt er sich beim Wiener Sportclub fit und machte Bekanntschaft mit „Stopperl“, der damals noch beim WAC kickte. Freundschaftsspiele und gemeinsame Heurigenabende führten zu einer Kameradschaft zwischen den beiden Herren.

Nach Puskás Abreise aus Wien begegneten sie sich später nochmals in Südfrankreich. „Stopperl“ war mit dem Wiener Sportclub unterwegs und Puskás machte einen Abstecher um seinen alten Freund zu sehen. Als der Ungar schon schwer krank in einem Budapester Spital lag, konnte er seinen Freund „Stopperl“ nicht mehr in Empfang nehmen, da er schon zu schwach war. So war der Abschied, den sie voneinander in Frankreich genommen hatten, leider endgültig.

Happel und Puskás waren aber nicht die einzigen Freunde, die „Stopperl“ in der Fußballwelt gefunden hatte. Regelmäßig hatte der Wiener Kontakt zu Max Merkel, Rudolf Edlinger, Ernst Hinterberger, Hans Menasse, Karl Schranz, Franz Hasil, Theodor „Turl“ Wagner und Helmut Senekowitsch. Mit Rapid-Legende Alfred Körner trifft sich Fodrek wöchentlich im Hanappi-Stadion.

Auch der einzige Österreicher, der je in einem WM-Finale stand, gehört zu „Stopperls“ Bekannten: Josef „Joschi“ Kadraba ein Doppelstaatsbürger (Österreich und Tschechoslowakei) verlor 1962 in Chile das Endspiel gegen Brasilien um den Weltmeistertitel.

Den Grafiker Hubert Schorn hätte Fodrek einmal beinahe aus der Kabine geworfen: „Stopperl“ war als Masseur des österreichischen Nationalteams tätig und bearbeitete gerade die „Wadeln“ des Hans Krankl vor dem Länderspiel gegen Deutschland. Plötzlich tauchte ein Mann in deutschem Pullover in der Türe auf. „Stopperl“ wies diesen zurecht, dass er sich wohl an der Tür geirrt habe. Hanseeee-Nationale meinte schließlich ganz cool: „Lass den, der macht unsere Bilder!“. Damit sprach der Rapid-Stürmer von den Karikaturen, die Schorn von den österreichischen Spielern anfertigte. „Stopperl“ wurde schließlich ebenso von diesem porträtiert.

Gerne erzählt Otto Fodrek auch Anekdoten von den vielen Trainergrößen, die er erleben durfte: Rapid-Trainer Gerdi Springer pflegte beispielsweise stets zu sagen: „Laafa, laafa…“ (Laufen, laufen). Dadurch erreichte seine Mannschaft ein hohes Konditionslevel. Austria-Trainer Nausch war dagegen ein Fußballphilosoph: „Ein Herz ist wenig, elf Herzen ergeben etwas Großes.

Mitunter versteht es „Stopperl“ auch so manche Meinungsverschiedenheit mit Humor zu lösen. Eines Sonntags wurde er wieder Zeuge der Streitigkeiten im Hause Marek: Günter Marek senior, der ehemalige Wiener Polizeivizepräsident, und sein gleichnamiger Junior diskutierten heftig, wer die besten Mannschaft Österreichs sei. „Stopperl“ sollte schlichten und glättete die Wogen. „Für mich waren die besten Mannschaften weder Rapid noch Austria. Es waren die WAC-Erste und die WAC-Reserve.“, gab der „Spitzbub“ zu Protokoll. Damit war die sonntägliche Ruhe wiederhergestellt.

Ruhen kann ich, wenn ich tot bin

Bis 2011 bestand „Stopperls“ Athletik Center im Wiener Praterstadion. Der 90-Jährige leitete damals noch höchstpersönlich Fitness- und Gesundheitskurse. Im November desselben Jahres war dann Schluss: „Bei 35 Euro Mitgliedsbeitrag im Monat bleibt nichts übrig.“, resümierte der 165cm große Wiener.

Sein Motto „Kein Tag ohne Bewegung!“ behielt er trotzdem bei. Auf seine Ernährung scheint der Schmalz- und Speckliebhaber dagegen nicht besonders zu achten. Deftige Hausmannskost liebt der ehemalige WAC-Verteidiger seit seiner Kindheit. Seine Leistungsfähigkeit führt er auf sein tägliches Turnen zurück, er ist Österreichs ältester Fitnesstrainer. Als aktiver Sportlehrer hatte sich der Wiener vor allem zum Ziel gesetzt: „Menschen zu helfen, nach Verletzungen oder Beeinträchtigungen ihre Beweglichkeit wieder zu erlangen.

Als Fodrek sich in den Ruhestand verabschiedete, ging eine Ära zu Ende. Seine Memoiren hat er bereits als 87-Jähriger niedergeschrieben. Das Happel-Stadion ist ohne Fodreks Fitnessklub nun leerer geworden. Hoffentlich leben seine Erinnerungen weiter.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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