Der längstdienende Präsident im öffentlich präsenten österreichischen Klubfußball ist am Scheideweg angelangt. Peter Michael Reichel, seit mehr als 13 Jahren sportlicher Vorstand des LASK,... Reichel und der LASK: Gibt es die erhoffte Lösung der Never-Ending-Story made in Linz?

Peter Michael Reichel (LASK Präsident)Der längstdienende Präsident im öffentlich präsenten österreichischen Klubfußball ist am Scheideweg angelangt. Peter Michael Reichel, seit mehr als 13 Jahren sportlicher Vorstand des LASK, muss seine persönliche Zukunft und damit jene des LASK entscheiden. Die Frage ist nicht mehr ob er aufhört, sondern wann. Wir gehen der Frage nach, wie prekär die Lage wirklich ist, was ein Führungswechsel bringen könnte und was sich die Fans davon erhoffen.

Schauplatz Wels am gestrigen Montag. Außerordentliche Hauptversammlung des LASK – von 100 Mitgliedern sind nur 20 erschienen. Die Versammlung soll lediglich der Information dienen, dennoch geschieht mit dem Rücktritt von Vizepräsidentin Sandra Reichel ein kleiner Paukenschlag. Sie legt das Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Peter Michael hingegen bestätigte vor den Mitgliedern ein Übernahmeangebot, das unterschriftsreif ist und bei einer erneuten Versammlung am Freitag eine endgültige Lösung der LASK-Zukunft herbeiführen muss. Muss deshalb, weil Reichel das Geld ausgegangen ist. Im anschließenden Chat mit Lesern der Oberösterreichischen Nachrichten bestätigte Reichel, dass der LASK seit Mitte Oktober kein Geld mehr besitzt und der aktuelle Spielbetrieb gefährdet sei. Ein Konkurs sei dennoch keine Option, „eher spiele man mit der B-Mannschaft die Saison fertig.

Anschließend bekräftigte Reichel seine Opferrolle, da er sich von den Fans nicht verstanden fühlt. Fakt ist auch, dass der Präsident mit der Unterschrift des Übernahmeangebotes aus dem Klub ausscheiden würde. Bei einer Neuaufstellung des LASK spielt Reichel keine Rolle mehr, da die Investoren auch sämtliche Haftungen begleichen müssten.

Reichels Geschichte beim LASK im Zeitraffer

Er kam 2000 als deklarierter Sanierer, der den LASK nach der Rieger-Affäre schuldenfrei machen wollte. Zahlreiche Spieler wurden in Reichels Anfangszeit verkauft, es folgte 2000/01 der Gang in die zweite Liga. Trostlosen Jahren in der zweiten Liga (mit dem Tiefpunkt 300 Zuschauer gegen Wörgl) folgte die Erkenntnis, dass Reichel alleine den Marktwert des LASK nicht mehr in die Höhe würde treiben können. Auf Bestreben einiger Wirtschaftskräfte, allesamt bekennende LASK-Fans, bildete sich ein schlagkräftiges Wirtschaftskonsortium, das zum Beispiel das Engagement von Ivica Vastic ermöglichte. Der Aufstieg gelang 2007 schließlich ein Jahr später als geplant mit Trainer Karl Daxbacher. Die erste Saison in der Bundesliga entfachte einen Hype – der LASK spielte lange sportlich eine gute Rolle, hatte einen landesnahen Hauptsponsor, der Gerüchten zufolge mehr als 600.000 Euro pro Jahr beisteuerte. Kurzum: Der LASK stand auf gesunden Beinen.

Hier versäumte es der bekennende Tennisfan, sich auszuklinken. Fußball war nie seines, in der dreizehnjährigen Amtsperiode sah er vielleicht jedes 10. Spiel im Stadion. Der Trainer ging am Ende der Saison, es folgten tollkühne Personalrochaden, die prinzipiell bis heute andauern. In sechs Saisonen hat der LASK sechs Trainer und fast 100 Spieler verschlissen. Es gab Unterhaltung für ganz Österreich: Handschlagverträge, die gebrochen wurden, Verträge auf Servietten von McDonalds, Spieler, die die Kabineneinrichtung selbst bei IKEA kaufen mussten. Das unprofessionelle Umfeld resultierte prompt in einer erneuten Anhäufung von Schulden. War man um 2008 laut Aussage von Reichel die Rieger-Schulden (über 80 Millionen Schilling, entspricht heute etwa 6 Mio. Euro) beinahe los, ist man Stand 2013 etwa wieder auf diesem Niveau angekommen.

Die Fans hingegen hielten dem Verein lange die Treue. Selbst in der katastrophalen Abstiegssaison 2010/11 lockte der LASK im Schnitt noch über 6.000 Zuschauer ins Stadion. Ein Wert, der heute der tipp3 Bundesliga gut tun würde. Die breite Masse der Fans verweigerte anschließend Schritt für Schritt den Stadionbesuch, was mit den absolutistischen Führungsmethoden Reichels zu tun hat.

Den LASK sponsern? Wozu?

Um auch hier auf abseits.at die mangelnde Attraktivität des LASK für einen Investor auf den Punkt zu bringen gibt es eine kleine Auswahl an Argumenten:

  • Der Stand an Passiva beträgt laut Medieninforationen je nach Betrachtungsweise vier bis sechs Mio. Euro
  • Der LASK verfügt über kein Heimstadion, kein eigenes Büro. Die Trainingsanlage befindet sich in Zöhrdorf, da man mit dem dortigen Unterhausklub eine Spielgemeinschaft für die unterste Klasse eingegangen ist (dort hat man im Herbst übrigens sämtliche Partien gewonnen)
  • Die Spieler haben seit Wochen kein Gehalt mehr bezogen, sind also bald nicht mehr an den Verein gebunden.
  • Der LASK besteht aus einer GmbH und einem von Reichel rundherum konstruierten Firmengeflecht, das nur wenige Menschen durchschauen. Wer also eine Lösung ohne Reichel möchte, muss seine Haftungen in den einzelnen Teilen mit übernehmen und das Konstrukt zerschlagen.

 

Dem gegenüber steht das Potenzial eines Bundesligaklubs, wie die LASKler nie müde werden zu betonen. „Dazu haben wir eine Mannschaft samt Trainerteam, die mit ganzem Herzen dabei sind beim Klub und sich mit unseren Farben voll und ganz identifizieren“, erklärt Stadionsprecher Wolfgang Fröschl. In der Stunde der Not rückt man zusammen. „Wir haben erst unlängst einen Punschstand gehabt, bei dem bis auf die Spieler die bereits auf Urlaub weilten, sämtliche Spieler und das komplette Trainerteam anwesend waren“, erzählt uns Christian Zeintl, Obmann der Fanplattform seit1908.at. Unter den Fans hofft und bangt man, vielen sind ihres Stadionboykotts, obwohl in der Regionalliga angekommen, längst überdrüssig. „Wenn Reichel weg ist, bin ich wieder da.“ Diesen Satz hört man aber nicht nur von Fans, sondern auch von möglichen Geldgebern. Personen, die in dieser Causa immer wieder genannt werden, sind zum Beispiel:

Fürst Georg Adam Starhemberg: Starhemberg ist derzeit Ehrenpräsident des LASK und genießt unter Oberösterreichs Wirtschaftstreibenden hohe Sympathien. Fädelte einst für den LASK einen Deal mit den Boca Juniors ein, wodurch drei argentinische Spieler zum LASK kamen. Da Reichel diese Kooperation wieder zerschlug und Starhemberg Stück für Stück nach außen drängte, ist ein Comeback bei einem Rücktritt Reichels absolut denkbar.

Helmut Oberndorfer: Reichels Schwager, der ein großes Bauunternehmen besitzt, sprang schon mehrmals in letzter Sekunde rettend in die Bresche.

Heinrich Schaller: Der Raiffeisenbank-Chef ist bekennender LASK-Fan und könnte mit seinem Wissen entscheidend dazu beitragen, den LASK auf einen durchführbaren Entschuldungsweg zu führen. Angeblich besitzt die Raiffeisenbank bereits Namensrechte der LASK-GmbH. Ein öffentliches Statement sucht man aber bisher noch vergeblich.

Michael Strugl: Der Wirtschaftslandesrat ist ebenso von klein auf Schwarz-Weißer und schon länger am Netzwerken, um ein Übernahmekonsortium für den LASK zusammenzustellen. Eine mögliche Übernahme soll bereits Ende vergangenen Jahres gescheitert sein, aber Strugl gibt in dieser Causa nicht auf

Wolf-Dieter Holzhey: Er ist neu im Namen-Karussell rund um schwarz-weiß. Als Schwiegersohn von Helmut Oberndorfer kennt er seit Jahren die Probleme des LASK aus seinem direkten Umfeld, weiß dadurch sicherlich, worauf er sich einlässt. Als Geschäftsführer des Linzer Senders WT1 hätte er eine Medienkompetenz, die der LASK seit Jahren vermissen lässt. Er ist laut unbestätigten Medienberichten momentan die treibende Kraft hinter der Aufstellung eines Konsortiums. Eine breite, gesunde wirtschaftliche Basis, gepaart mit genügend Transparenz im Klub – das wünschen sich viele Anhänger.

Für die Fans beginnt nun ein unangenehmes Warten, dass das Tauziehen endlich aufhört. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“, hörte man schon zu oft aus LASK-Kreisen. Reichel hat jetzt die Chance, ein letztes Mal seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und die wirtschaftlichen Belastungen hinter sich zu lassen. Wenn er dabei stur bleibt, werden sich auch die letzten Verbliebenen abwenden und den Start in der untersten Liga wagen. Er hat es nun in der Hand, den letzten ihm angebotenen Strohhalm zu ergreifen.

Christoph Zeppetzauer, abseits.at

Christoph Zeppetzauer

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