Ähnliche Sechsertypen laden zum Umschaltspiel ein – Dortmund besiegt Napoli 3:1
Champions League 27.November.2013 Alexander Semeliker 0
Am fünften Spieltag der Champions League musste Borussia Dortmund gegen Napoli gewinnen um noch eine Chance auf die KO-Phase zu haben. In einer unterhaltsamen Partie gewannen die Deutschen dank Toren von Marco Reus, Jakub Blaszczykowski und Pierre-Emerick Aubameyang schließlich 3:1. Für die Gäste traf Lorenzo Insigne.
Der Fokus dieses Spiels lag auf dem Umschaltspiel, was kein Wunder war, da beide Teams durchaus ähnliche Spielstile pflegen und ein hohes Pressing präferieren. So fielen nicht nur bis auf das 1:0 alle Tore nach Umschaltmomenten, sondern auch der Großteil der zahlreichen Chancen – insgesamt 33 Schüsse wurden abgegeben – geht auf ebendiese zurück.
Beide Teams in 4-2-3-1-Grundformation
Bezüglich BVB dominierte in der letzten Woche vor allem die Verletzungsmisere in der Abwehr die Schlagzeilen. Im Spitzenspiel am Samstag gegen Bayern München begann der kurzfristig verpflichtete Manuel Friedrich in der Innenverteidigung, in der Champions League ist dieser aber nicht spielberechtig. Daher stellte Jürgen Klopp mit Sven Bender einen defensiven Mittelfeldspieler ins Abwehrzentrum. Den freigewordenen Platz auf der Doppelsechs übernahm Sebastian Kehl. Im Verbund mit Nuri Sahin ergaben sich dadurch hypothetische Probleme beim Verschieben, da sie sich weniger über Dynamik definieren, sondern in erster Linie mit sehr gutem Spielverständnis überzeugen.
Wie Dortmund begann auch Napoli in einer 4-2-3-1-Grundordnung, wobei Goran Pandev als Zehner etwas höher agierte im Vergleich zu Henrikh Mkhitaryan. Der Mazedonier, der Kapitän Marek Hamsik ersetzte, drängte dabei vor allem auf Bender. Die beiden Solostürmer lieferten überdies hinaus starke Leistungen hinsichtlich Ball Haltens und anschließendem Verteilen ab. Sowohl Robert Lewandowski als auch Gonzalo Higuain bereiteten teamintern die meisten Torchancen vor (je vier).
Napoli mit der Oberhand im Pressing
Zu Beginn erkennte man aufseiten der Gastgeber einmal mehr, dass sie Probleme haben das Spiel zu machen. Erst in der 14. Minute gelang der erste Schuss aus dem Spiel heraus. Schon gegen Arsenal konnte man nach dem Rückstand keine Akzente setzen. Wie gegen die Londoner biss man sich vor allem am hohen Pressing des Gegners die Zähne aus, machte es sich dabei auch selbst schwer.
Hier sieht man die 4-4-2-Pressingformation der Neapolitaner. Der BVB formte im Aufbau wie gewohnt eine Dreierkette, indem sich ein Sechser (hier: Sahin) fallen ließ. Allerdings erkennt man im obigen Bild auch, dass die drei aufbauenden Spieler eng beieinander stehen. Für die Stürmer ist es daher einfach die zentrale Anspielstation nach vorne zuzustellen. Bei einem Pass auf die Außen schoben Napolis Flügelspieler schnell heraus und zwangen den BVB wieder nach hinten. Im Kontrast dazu stand das Aufbauspiel der Gäste.
Sie formieren sich zwar nicht in einer klaren Dreierkette, jedoch fächern die beiden Innenverteidiger zum einen breit auf, zum anderen ergänzen die beiden Sechser die Aufbauformation intelligent. Einer bleibt zentral, der andere geht nach außen und zieht damit seinen Gegenspieler aus dem Zentrum heraus. Der tiefere Sechser stand meist tiefer, damit die Innenverteidiger nicht in Gleichzahl gegen Higuain und Pandev standen. Die BVB-Stürmer haben dadurch gegen die beiden Passdreiecke keinen Zugriff. Dank der frühen Führung – bezeichnenderweise holte man den Elfmeter nach einem Eckball heraus – war man allerdings über den Großteil des Spiels nicht auf ein hohes Angriffspressing angewiesen.
BVB-Außenverteidiger unter Druck
Was Napoli – insbesondere in der ersten Halbzeit – ebenfalls gut gelang war, Druck auf die im Allgemeinen offensiven Außenverteidiger des BVB auszuüben. Fokussiert wurde dabei die linke Abwehrseite mit dem unerfahrenen Erik Durm. Bereits die Bayern sahen in ihm eine Bruchstelle, was dazu führte, dass seine Passgenauigkeit während der ersten Halbzeit auf 17% sank. Gegen Napoli war es ähnlich und die Quote lag phasenweise weit unter dem endgültigen Wert von 61%. In der zweiten Hälfte wirkte Durm schließlich stabiler, was auch daran lag, dass Christian Maggio, der von Reus nicht immer konsequent verfolgt wurde, zurückhaltender agierte.
Rafael Benitez antwortete darauf mit der Auswechslung von Jose Callejon für Lorenzo Insigne, der ebenso wie Dries Mertens öfter ins Dribbling geht als der Spanier. Der Belgier biss sich davor die Zähne am starken Kevin Großkreutz aus. Der Dortmunder Junge verzeichnete herausragende sieben Balleroberungen und fing drei Pässe ab. Man erkennt dies in der obigen Grafik. Durm konzentrierte sich in erster Linie darauf Situationen zu klären, Großkreutz konnte dank kontrollierter Balleroberungen hingegen wie gewohnt das Umschaltspiel umgehend unterstützen.
Napolis Sechser dynamisch, Dortmunds spielintelligent
Die Schlüsselduelle fand man aber, wie eingangs erwähnt, im Zentrum. Bei Napoli begannen mit Blerim Dzemaili und Valon Behrami zwei dynamische Spielertypen, die im Pressing situativ schnell ausbrechen und den Gegner unter Druck setzen konnten. Auf der anderen Seite konnte man aufgrund der Aufstellung der eher langsamen Sahin und Kehl annehmen, dass sich Probleme beim Verschieben ergeben würden.
Wegen der fehlenden Schnelligkeit hätte man erwartet, dass sich bei schnellen Seitenwechseln Räume öffnen würden. Bayern München schob beispielsweise die beiden Viererketten des BVB beim vorentscheidenden 1:0 zweimal hin und her. Napoli nutzte dies hingegen kaum aus. Dafür erkannte man die in einem früheren Artikel erwähnten Auswirkungen bzw. Probleme, wenn man zwei ähnliche Spielertypen auf der Doppelsechs aufbietet.
Die Auswirkungen auf das Umschaltspiel
Bei Dortmund äußerte sich dies dahingehend, dass sie in hohen Zonen kaum in ihr gefürchtetes Gegenpressing kamen. Die Sechser rückten zu langsam auf, weshalb Napoli die erste Welle schnell und leicht umspielen konnte. Die Folge waren einige Kontersituationen, die der BVB erst spät abfangen konnte. Bei Napoli war hingegen das Problem, dass beide Sechser zu schnell und zuweilen kopflos nach vorne schoben, Mkhitaryan dadurch in ihrem Rücken Platz bekam. Der Armenier kam so zu einigen guten Abschlüssen, bei denen auffiel, dass er stets diagonal gegen die Bewegungsrichtung der Napoli-Abwehr lief.
Anders als die Italiener bekamen die Dortmunder ihre Probleme in Griff. Sahin stand in der zweiten Halbzeit höher und unterbrach gegnerische Kombinationen früh. Das brachte allerdings auch Risiko mit sich. So musste Kehl dahinter viel Platz alleine abdecken, was aufgrund seiner fehlenden Dynamik problematisch hätte werden konnte. Da aber sowohl er als auch Sahin an die läuferischen Grenzen ging – die beiden legten zusammen 24,8km zurück – wurde Napoli in der zweiten Hälfte kaum mehr im Umschaltspiel gefährlich. Die Borussia hingegen konnte sich weiterhin einige Chancen erspielen und dem Gegner in der 78. Minute den Todesstoß versetzen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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