Am zweiten Spieltag der Gruppe D in der UEFA Champions League trennten sich Manchester City und Borussia Dortmund 1:1. Nachdem Marco Reus die Gäste... Dortmund mit neuem Pressingmuster – City rettet Punkt dank spätem Elfmeter

Am zweiten Spieltag der Gruppe D in der UEFA Champions League trennten sich Manchester City und Borussia Dortmund 1:1. Nachdem Marco Reus die Gäste nach einer Stunde in Führung brachte, versäumten es diese mit vergebenen Chancen den Sack endgültig zuzumachen. So konnten die Citizens dank eines umstrittenen Strafstoßes in der 90. Minute noch ausgleichen – ein durchaus schmeichelhafter Punkt.

Er hätte lieber schon sechs Punkte am Konto, sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp, der mit dem späten Gegentreffer im TV-Interview nach dem Spiel noch haderte. Der Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Pavel Kralovec mag zwar diskutabel gewesen sein; dass er letztlich Auswirkungen auf den Spielausgang hatte, lag aber auch an der schlechten Chancenauswertung der Dortmunder, die meist am starken City-Schlussmann Joe Hart scheiterten.

Pressingresistentes 4-4-2

Roberto Mancini entschied sich für ein 4-4-2-System anstatt des zuletzt meist praktizierten 4-2-3-1. Edin Dzeko, der in dieser Saison bisher hauptsächlich von der Bank kam, bildete zusammen mit Sergio Agüero das Sturmduo. Während der statische Bosnier im Angriffszentrum verharrte, spielte der quirlige Argentinier um ihn herum. Im Zentrum setzte Mancini auf das Quartett Vincent Kompany, Matija Nastasic, Javi Garica und Yaya Toure. Dass Nastasic gegenüber Joleon Lescott und Garcia gegenüber Gareth Barry den Vorzug erhielt, zeigte, dass Mancini Respekt vor dem Dortmunder Pressing hatte. Die beiden sind im Passspiel nämlich um einiges sicherer als ihre Konkurrenten.

Startelf-Comeback von Bender

Borussia Dortmund agierte aus der gewohnten 4-2-3-1-Grundordnung heraus. Hinter Solospitze Robert Lewandowski, der am Wochenende pausierte, kristallisiert sich die Achse Kuba-Götze-Reus als erste Wahl zur Besetzung der offensiven Dreierkette heraus. Hinter ihr rotierte Sven Bender statt Kapitän Sebastian Kehl neu ins Team. Für den 23-Jährigen war es der erste Einsatz von Beginn an seit April im Derby beim FC Schalke 04. Bei seinem Comeback machte er eine sehr gute Figur, spulte über 13 Kilometer ab und stopfte wie gewohnt die Löcher im Mittelfeld. Ganze sechs Interceptions  – und damit so viele wie kein anderer Akteur am Platz – verbuchte Bender, der in der ersten Stunde des Spiels sehr antizipativ agierte und sich nach der Führung zurückzog.

Ist das 4-5-1 Dortmunds Pressinganordnung in Europa?

Das Spiel zeigte von Beginn an den erwarteten Charakter. Manchester City dominierte den Ball, Dortmund den Raum – mit jeweils Spitzenwerten um die 70%-Grenze. Dabei fiel vor allem die bisher unkonventionelle breite 4-5-1-Anordnung der Dortmunder gegen den Ball auf. Kuba und Reus ließen sich wie gewohnt neben die beiden Sechser fallen, Götze positionierte sich aber nicht wie gewohnt neben Lewandowski als zweiter Stürmer, sondern als rechter Mittelfeldspieler. Dadurch deckte man quasi die gesamte Breite des Platzes ab, da die Abstände zwischen den Spielern klein waren, wodurch Schnittstellenpässe kaum möglich wurden. Man wollte damit verhindern, dass die umtriebigen Flügelspieler von City, die sehr zentral agierten, sowie Agüero mit Pässen durch die Mitte eingesetzt werden, was über weite Teile des Spiels gut gelang.

Yaya Toure vom Offensivspiel abgeschnitten

Der Spieler, der in aller Regel für diese Verbindungen zuständig ist, ist Yaya Toure. Der Ivorer gilt als einer der besten seiner Zunft, stößt immer wieder mit dem Ball am Fuß nach vorne. In den Interviews vor dem Spiel merkte man Klopp durchaus an, dass er großen Respekt vor diesem Spieler hat. Der Dortmunder Coach legte sich aber ein passendes Konzept zurecht um ihn aus dem Spiel zu nehmen bzw. ihn nicht in hohe Positionen kommen zu lassen. Im Spielaufbau zog City seine Außenverteidiger sehr hoch, während die beiden Sechser zentral vor der Abwehr als Anspielstation blieben. Bekamen sie den Ball, schossen immer wieder Kuba oder Gündogan aus den Halbräumen heraus und setzen Toure und Garcia bzw. den später eingewechselten Rodwell unter Druck. Die nebenstehende Grafik (nur angekommenen Pässe) zeigt, dass Toure kaum über die Mittellinie kam und vom Offensivspiel abgeschnitten war.

City über Silva, Nasri und Agüero gefährlich

Nur mühsam konnte sich City gegen die breite Formation des BVB nach vorne kombinieren, kamen sie aber in die Nähe des Angriffsdrittels wurde es stets gefährlich, was vor allem am Trio Silva-Nasri-Agüero lag. Die beiden eingerückten Flügelspieler suchten ständig die Räume zwischen Mittelfeld- und Verteidigungslinie, wechselten phasenweise die Seite oder überluden gemeinsam eine Zone. Besonders die Wechselwirkung zwischen Nasri und Agüero, die jeweils die gegengleichen Bewegungen durchführten, war interessant. Der Argentinier wich oft auf die linke Seite aus um dann diagonal hinter die Abwehr zu laufen. Bei Pässen durch die Schnittstelle hatte er entscheidende Geschwindigkeitsvorteile gegenüber der BVB-Innenverteidigung. Sämtliche gefährliche Chancen der Engländer in der ersten Hälfte liefen nach diesen Muster ab. Kamen sie allerdings nicht in die angesprochene Grenzzone wirkte das Aufbauspiel sehr ideenlos. Zwar hatte man im Spielaufbau kaum Druck, zu mehr als langen Pässen, bei denen meist die BVB-Abseitsfalle griff, reichte es aber nicht. Zudem war Dzeko sowohl im Luftkampf als auch am Boden bei Dortmunds Innenverteidigung abgemeldet.

Citys zentrale Flügelspieler öffnen Konterräume

Dass die Flügelspieler ihren Fokus auf die Spielfeldmitte legten hatte aber nicht nur Vorteile. Besonders nach Ballverlusten hinterließ man dadurch auf den Seiten große Räume, die von den gut umschaltenden Dortmundern mit Vorzug attackiert wurden – in erster Linie Citys rechte Abwehrseite, da Zabaleta einen Deut offensiver agierte. Schmelzer und Reus verzeichneten mit jeweils fünf Hereingaben den Höchstwert aller Spieler. Auf der gegenüberliegenden Seite war es nicht wie gewohnt Piszczek, der für Breite sorgte, sondern das Duo Kuba-Götze, was aber angesichts der bereits erwähnten Pressinganordnung logisch erscheint. Die beiden hatten die kürzesten Wege um den entstandenen Raum zu nutzen und taten dies auch gut. In der ersten Halbzeit scheiterte das deutsche Supertalent etwa zweimal aus halbrechter Position an Hart. Ein weiteres Merkmal war, dass sich der ballferne Flügel im Pressing stark ballseitig orientierte. Reus hatte so bei seinem Treffer einen kurzen Weg zum Tor und konnte seine Antrittsstärke noch besser ausspielen.

Weiterentwicklung sichtbar

Auch wenn es rückblickend betrachtet für Borussia Dortmund sehr ärgerlich war, dass man zahlreiche gute Möglichkeiten ungenützt ließ und kurz vor Schluss den Ausgleich hinnehmen musste, in den bisherigen Spielen ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber der letzten Champions-League-Saison zu vernehmen. Man agiert nicht mehr so blauäugig und wirkt in defensiver Hinsicht – auch verglichen mit den letzten Bundesliga-Auftritten – stabilisiert. Lediglich die Chancenverwertung lässt zu wünschen übrig. Zudem empfahl sich das 4-5-1 gegen den Ball als Formation für künftige Auftritte in der Königsklasse. In denen steht Manchester City nach nur einem glücklichen Punkt aus zwei Spielen bereits etwas unter Zugzwang.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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