Die Bremer Fans sind in Euphorie, und dies liegt primär am 6:2-Sieg über Stuttgart. Ob diese Euphorie und Sätze wie „wie in der Meisterschaftssaison... Individuelle Fehler und schwache Staffelungen führen zu Werders 6:2-Kantersieg

SV Werder Bremen - Wappen, Logo_abseits.atDie Bremer Fans sind in Euphorie, und dies liegt primär am 6:2-Sieg über Stuttgart. Ob diese Euphorie und Sätze wie „wie in der Meisterschaftssaison 2004“ berechtigt sind, in der Analyse.

Prinzipielle Ausrichtungen

Die Bremer starteten nominell in einem 4-2-3-1, wobei sich sehr oft 4-1-4-1 und 4-4-1-1 Staffelungen ergaben, je nachdem wie sich Junuzovic als Zehner oder Fritz als Achter/Sechser bewegte. Im Aufbau fächerten die Innenverteidiger auf, Grillitsch agierte als Ankerpunkt im Zentrum. Vestergaard versuchte immer wieder die Halbräume neben Harnik anzudribbeln, was ein paar Mal auch gute Effekte mit sich brachte, was die Höhe der Ballzirkulation betraf. Prinzipiell versuchte man jedoch recht direkt nach vorne zu kommen und hatte dabei einen klaren Flügelfokus, Bartels und Yatabaré suchten stets die Tiefe.

Das Bremer Pressing gestaltete sich recht hoch, immer wieder wurde aus den Mannorientierungen weit aufgerückt, besonders Junuzovic war hierbei auffällig. Sein Attackieren zog auch eine schwache Klärung Tytons nach sich – der Torwart schlug den Ball zum Gegner, im Konter erzielte Bartels das frühe 1:0. Dieses hohe Pressing ließ nach der Führung jedoch stark nach.

Die Stuttgarter traten ebenfalls im 4-1-4-1 an, wobei Harnik diesmal den Mittelstürmer gab, Kostic oft Breite im Mittelfeld gab und Maxim, Rupp und Didavi vereinzelt Positionen tauschen, um Passwege freizulaufen. Mit dem recht hohen, mannorientierten Pressing der Werderaner tat man sich im Aufbau zu Beginn jedoch recht schwer, sodass man meist den Ball hoch nach vor schlug, was jedoch nach ungefähr 15 Minuten abebbte. Konnte man diesen kontrollieren, sollte es meist direkt nach vorne gehen, vor allem Kostic suchte immer wieder den Rücken der Bremer Abwehr. Stuttgart hat im Prinzip eine qualitativ hochwertige Offensive, welche jedoch aufgrund des schwachen Aufbauspiels nie das volle Potential ausspielen kann. Kostic flankte gefühlte 30 Mal in den ersten 15 Minuten, diese Hereingaben fanden jedoch keinen Abnehmer, was wieder einmal zeigt, dass Flanken oftmals nur zu wenigen Chancen führen.

Im 4-1-4-1 Mittelfeldpressing griff man vereinzelt Mannorientierungen auf, vor allem Schwaab auf der Sechs verfolgte Junuzovic recht eng. Der Großteil der Bremer Mittelfeldspieler versuchte sich im Zwischenlinienraum anzubieten, diese versuchte man zu „fronten“ (Begriff aus dem Basketball, wo man sich vor den Gegner stellt um den Pass zu verhindern). Gegen das Aufrücken Vestergaards agierte man zur Not mit einem Foul, da man die Gefährlichkeit nach seinen Aktionen recht bald erkannte.

Stuttgart überlegen, jedoch zu schwach in erster Aufbaulinie

Nach der frühen Führung war jedoch Stuttgart die deutlich bessere Mannschaft. Die vielen hohen Bälle der Bremer aufgrund des von Stuttgart dicht zugestellten Mittelfelds konnten leicht verteidigt werden, Didavi, Maxim und Rupp konnten durch schnelle Kombinationen immer wieder das Bremer Zentrum ausspielen. Besonders Didavi zeigte starke Aktionen, hatte eine gute Positionsfindung im Zwischenlinienraum und konnte sich immer wieder durch passende Mitnahmen vom Gegner lösen, ohne dass dieser Zugriff bekommen konnte. Die Stuttgarter Kombinationen waren generell zu schnell für die Mannorientierungen der Hausherren, dies zeigte sich besonders mehrere Pässe vor dem Einwurf vor dem 1:1, welches Didavi nach einem Doppelpass im Strafraum und folgendem Stanglpass erzielte. Kostic wurde auf links fokussiert, seine oberste Aufgabe schien jedoch das Flanken zu sein, was außer einen Ball, der die Latte streifte,nichts einbrachte. Harnik war gegen Vestergaard und Djilobodji auf verlorenem Posten, die Rückraumbesetzung war ebenfalls schwach. Die Gäste blieben jedoch die stärkere Mannschaft, durch das schnelle Kombinationsspiel und gute Laufwege von Harnik in die Tiefe hatten die Konter der Schwaben stets Potential, wenngleich es nicht ausgespielt wurde. Diese Überlegenheit machte man sich jedoch in Minute 32 zunichte, als man im Aufbau einen Fehler beging, Bremen konterte und Barba beförderte den Ball per Kopf ins eigene Tor.

Screenshot (216)

Schwaab kippt zwischen beide Innenverteidiger ab. Eigentlich ohne Not, das Pressing der Bremer hatte dies vorher nicht erzwungen. Beide Innenverteidiger geben einerseits schlechte Passwinkel und stehen andererseits zu eng bei Schwaab, fallen somit als sinnvolle Anspielstationen aus. Der Sechser versucht also den Vertikalpass, der in einem Zweikampf abgefangen wird, woraus der Konter entsteht.

Nur wenige Sekunden nach dem Gegentor passierte das Abkippen, sowie eine sehr schlechte Aufbaustellung erneut, es war also kein „menschlicher Fehler“, sondern ist ein konstanter des Positionsspiels. Auch in dieser Szene wurde der Vertikalpass abgefangen. Kurz vor der Halbzeit verteidigte Niedermeier einen hohen Ball extrem schwach, köpfte ihn zum Gegner. Junuzovic nutzte dies und legte den Ball für Öztunali im Strafraum quer, der ins lange Eck traf.

Zweite Halbzeit

Die Stuttgarter waren auch zu Beginn der zweiten Halbzeit die dominantere Mannschaft, nach ungefähr 10 Minuten konnte Barba nach einer Flanke von Maxim, die nach einem zunächst abgewehrten Corner geschlagen wurde, den Anschlusstreffer zum 3:2 erzielen. Auch danach hatte man die Mehrheit des Ballbesitzes, die zu flachen Staffelungen in der ersten Aufbaulinie stellten die Schwaben jedoch vor Herausforderungen, die sie aufgrund des geringen Bremer Drucks teilweise lösen konnten. Bei etwas besserem Pressing der Gastgeber wurden die Anspielstationen in höhere Zonen verhindert, weshalb der VfB oft zum hohen Ball griff, um einen Angriff vorzutragen. Ein kurzer Konter nach Gegenpressing von Bartels nach einem verlorenen Einwurf reichte den Bremern jedoch zur Erhöhung der Führung, Junuzovic steckte zu Pizarro im Strafraum durch, diese Situation war im Gesamten schwer zu verteidigen, wenngleich die Gäste nach dem Bremer Einwurf nicht konsequent genug in den Zweikämpfen agierten. Diese „Halbherzigkeit“ zeigte sich auch vor dem 5:2, das in der 80. Minute fiel und wahrscheinlich auch dem Aufgeben geschuldet war. Erneut ging dem Treffer ein Fehler voraus, denn Ujah bekam den Ball vom Stuttgarter Harnik perfekt in den Lauf serviert. Harnik wollte eigentlich einen Rückpass spielen, dieser landete beim gegnerischen Stürmer, der zum 6:2 einschoss.

Fazit

Stuttgart, eigentlich die dominantere Mannschaft, konnte vor allem in Halbzeit zwei die eigenen Probleme im Aufbau, die vor allem an der Staffelung der ersten Linie und an den schwachen Bewegungen im Mittelfeld lagen, nicht überwinden. Individuelle Fehler paarten sich mit schwachem Gegenpressing nach Ballverlust und die Bremer fuhren Konter um Konter. Die Höhe dieses Sieges sollte die Bremer jedoch nicht über die eigenen Limitationen hinwegtäuschen einen konstruktiven Aufbau zu leiten, sowie die eigenen Grenzen im Defensivsspiel, wo man vor allem in Halbzeit eins aufgrund der schlecht ausgeführten Mannorientierungen nur selten Zugriff hatte.

David Goigitzer, abseits.at

David Goigitzer

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