Endlich war mal so richtig etwas los! Der Last-Minute-Sieg der Italiener zauberte wieder Emotionen in die sozialen Netzwerke, Tschechien nützte die Gunst der Stunde... Der interessante achte EM-Tag: Die Wichtigkeit des Neuners und Deppen mit Bengalen

Alvaro Morata - SpanienEndlich war mal so richtig etwas los! Der Last-Minute-Sieg der Italiener zauberte wieder Emotionen in die sozialen Netzwerke, Tschechien nützte die Gunst der Stunde um die Partie gegen Kroatien zu drehen und Spanien unterstrich seinen Favoritenstatus. Wir fassen den achten EM-Tag zusammen.

Einmal mehr fing es mit zäher Kost an. Italiens Teamchef Antonio Conte verabsäumte es, sich auf einen eigentlich anfälligen Gegner besser einzustellen. Die Italiener hätten gegen Schweden keine Ausrichtung wie gegen Belgien wählen müssen, hätten wohl mit demselben System und der beinharten Dreierabwehrkette als Basis, kontrollierten Offensivfußball spielen können. Da die Azzurri aber schon drei Punkte hatten und demnach auch punktetechnisch taktierten, wurde das Duell mit der Hamrén-Elf ein wenig anstrengend für den geneigten Zuschauer. Ibrahimovic‘ Kreise einschränken, die Außenverteidiger in tiefen Positionen binden, Schweden überlaufen – im wahrsten Sinne des Wortes -, so wäre das Ganze über 90 Minuten verträglicher geworden.

Éder nützt die allgemeine EM-Starre

Auf Seiten der Squadra gab’s aber keinerlei Kreativität, viel zu kompliziertes Denken im Konterspiel und doch – typisch Italien – drei Punkte. Und auch das entscheidende Tor wusste zu gefallen, denn Éder nützte die allgemeine taktische Verunsicherung des Gegners aus. Ein Stilmittel, das sich mehrere Angreifer bei diesem Turnier zu Eigen machen sollten. Bei den Schweden traute sich niemand dazwischenzuhauen, seine Position so richtig zu verlassen, bereits früher ein taktisches Foul zu wagen und so sorgte eine schöne Einzelaktion für den Sieg und der Aufstieg der blassen, aber effizienten Squadra Azzurra.

Kroaten wiederbelebend

Dann kam der Auftritt der Kroaten, die wir bereits früher als stark, aber auch als Mannschaft nicht geschlossen genug einstuften. Gegen Tschechien war klar sichtbar, wieso das Team (noch?) nicht titelreif ist. Zuerst nützte man die Schwächen und Fehler der Tschechen eiskalt aus, dann holte man den klinisch toten Gegner wieder ins Leben zurück.

Kroatische Fans pushen Tschechien zum Punktgewinn

Unterstützt wurden die Tschechen allerdings von den unangefochtenen Pfosten des Spieltags. Kroatische Fans, die gegen den Verband protestieren und einen Spielabbruch erzwingen wollten, brachten die Kroaten aus dem Rhythmus und das Team verlor den Fokus. Die Tschechen glichen aus und halten sich damit im Aufstiegsrennen. Normalerweise müsste man die Aktion der kroatischen Fans als idiotisch bezeichnen, aber da sie genau eine derartige Debatte auslösen wollten, ist sie in deren Augen wohl „gelungen“. Traurig.

Same old UEFA

Auch als Fan, der grundsätzlich keine Angst vor gewaltsamen Fanausschreitungen oder Terroranschlägen hat, muss man sich allerdings langsam fragen, was die französischen Sicherheitskräfte den lieben, langen Tag machen. Auch die Erzählungen heimischer Fans, etwa in unserem EM-Tagebuch der Mitgereisten, berichten von völlig laxen Einlasskontrollen, wonach sich die UEFA nicht wundern muss, wenn plötzlich Bengalen auf das Spielfeld regnen. Dass diejenigen, die Spielabbrüche forcieren wollen, in die Kategorie „Idioten“ fallen, ist klar. Aber ebenso schuldig ist die doppelmoralische UEFA, die Sicherheit predigt, offiziell keine Bilder der Gewalt im TV erlaubt und immer restriktiver und autoritärer agiert, gleichzeitig aber unfähig genug ist, die einfachsten Maßnahmen durchzusetzen bzw. ihre Durchsetzung entsprechend konsequent zu fordern. Der Verlierer ist mal wieder der Fußball – in diesem Fall die kroatische Nationalmannschaft.

Spanien titelreif

Und abends durfte man schließlich Spanien bewundern. Neuerlich getragen vom wohl intelligentesten Offensivspieler des Turniers, Andrés Iniesta, wurde das erneut biedere türkische Team sauber „aufgemacht“. Die Spanier machten das Nötigste, lieferten ab dem 3:0 ein Schaulaufen. Dass die Spielweise der Seleccion bereits seit geraumer Zeit nicht mehr aus Tiki-Taka alleine besteht, sondern viel mehr auf Dynamik und direkteren Wegen fußt, hat sich leider erst gestern bis zu so manchem TV-Kommentator herumgesprochen…

„Neuner“ könnten das Turnier entscheiden

Einen neuen aufgehenden Stern am EM-Himmel brachte das Spiel ebenfalls mit sich. Alvaro Morata hatte weniger Ballkontakte als David de Gea und erzielte trotzdem zwei Treffer. Schon gegen Tschechien ging er phasenweise die richtigen Wege, blieb aber glücklos. Gegen die Türkei platzte ihm der Knoten. Die Position des Neuners kann – wenn man sich die anderen Titelkandidaten ansieht – noch eine sehr zentrale sein und Spanien hat hier gegenüber Konkurrenten wie Deutschland, Frankreich oder wohl auch Italien die Nase vorn. Die Vorfreude auf das Duell mit den Kroaten ist durch das 3:0 gegen die Türkei jedenfalls gestiegen – auch wenn beide Mannschaften bereits fix weiter sein dürften.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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