Als erster Zweitligist der österreichischen Fußballgeschichte überstand der SKN St. Pölten eine Runde im Europacup. Die Niederösterreicher besiegten gestern im heimischen Stadion Botev Plovdiv... Druckvolle Anfangsphase, variables Pressing und ein „untypischer“ Held – St. Pölten besiegt Botev Plovdiv

SKN St.Pölten (Logo, Wappen)Als erster Zweitligist der österreichischen Fußballgeschichte überstand der SKN St. Pölten eine Runde im Europacup. Die Niederösterreicher besiegten gestern im heimischen Stadion Botev Plovdiv mit 2:0 und stehen damit in der dritten Qualifikationsrunde zur UEFA Europa League, wo nun der niederländische Klub PSV Eindhoven wartet.

Die Ausgangslage für St. Pölten war durchaus gut. Zwar wurde das Hinspiel mit 1:2 verloren, das erzielte Auswärtstor gab aber ebenso berechtigte Hoffnungen wie die Tatsache, dass man mit den Bulgaren über weite Strecken gut mithalten konnten. Mit dieser Basis im Rücken spielte man eine fulminante Partie und gewann dank zweier Treffer von Daniel Segovia verdient.

Außenbahnen jeweils einfach besetzt

Herbert Gager schickte sein Team überraschenderweise mit einer Dreierkette in diese Partie. Gebildet wurde diese von Kapitän Tomasz Wisio und Martin Grasegger auf den Halb- und Michael Huber auf der zentralen Innenverteidigerposition. Die Konsequenz einer solchen Grundordnung ist meist, dass der Gegner auf den Außenbahnen in Überzahl ist. Botev spielte allerdings mit einer Raute im Mittelfeld und war dementsprechend ebenfalls eng aufgestellt.

Im Angriff spielte der wendige Gary Noel um Segovia herum, dahinter formierte sich ein flexibles Dreierzentrum. David Parada fungierte dabei als tiefster Spieler, während Konstantin Kerschbaumer und Dominik Hofbauer sehr weiträumig agierten. Strategisch waren die beiden auch die wichtigsten Spieler, da sie mit ihrem großen Aktionsradius die Struktur des Spiels bestimmten. Will man die Grundordnung der Gastgeber beschreiben, so war es am ehesten ein 3-3-2-2, das sich situativ aber verformte.

St. Pöltens druckvolle Anfangsphase

Die Anfangsphase gehörte voll und ganz den Niederösterreichern. Dabei zeigten sie durchaus interessante Angriffsstrukturen. David Stec spielte extrem hoch, sodass das Duell mit dem gegnerischen Linksverteidiger vorgezeichnet war. Der linke Flügelverteidiger der St. Pöltner spielte etwas tiefer und es entstand gewissermaßen ein asymmetrisches 3-4-3. Die Bulgaren hatten mit dieser Konstellation einige Probleme.

Einerseits setzte der linke Mittelfeldspieler von Botev seine Freiheiten, die ihn durch die hohe Position von Stec zukamen, nicht effizient um und besetzte meist „tote“ Räume. Noch dazu setzte Botev das Pressing erst ab der Mittellinie an. Damit hatten die Gastgeber im Spielaufbau viel Platz. Durch den verschobene Dreiersturm ergab sich auf der halbrechten bis linken Seite der Gäste eine Gleichzahlsituation: Noel und Segovia gegen die Innenverteidiger sowie Stec gegen den Linksverteidiger.

Warum eine derartige Gleichzahlsituation ist für die verteidigende Mannschaft ein sehr großes Risiko darstellt, sah man bei der Entstehung des Eckballs vor dem 1:0. Die beiden Stürmer bewegten sich variabel, der Linksverteidiger verfehlte den Ball und Stec konnte sich dank des von den Stürmern geöffneten Raums in eine gefährliche Zone bringen.

Nicht nur „nach vorne verteidigt“

Ein Phrase, die man in letzter Zeit immer häufiger hört, ist, dass eine Mannschaft „nach vorne verteidigen“ würde. Das bedeutet sie geht nach Ballverlusten schnell ins Gegenpressing bzw. zieht bei gegnerischem Aufbauspiel ein Angriffspressing auf. Ersteres sah man bei St. Pölten zunächst eher selten, dafür umso mehr ein hohes Pressing, wenn Botev von hinten herausspielen wollte. Dabei verhielten sich vor allem die drei Zentrumsspieler sehr mannorientiert.

Aufgrund der geringen Dynamik und kaum vorhandenen Rochaden im Aufbau- und Kombinationsspiel der Bulgaren hatte St. Pölten weitestgehend keine Probleme, diese vom eigenen Strafraum fernzuhalten. Auch nicht als man im Laufe des Spiels das Pressing in die eigene Hälfte verlagerte. Dabei fielen die Flügelverteidiger nicht immer auf eine Höhe mit der Dreierabwehr zurück, sondern sie schoben ballseitig nach vorne, nachdem man das Spiel mit einer kompakten Zentrumsstaffelung nach außen leitete.

Kurzzeitig in Bedrängnis in Halbzeit zwei

Auch nach dem Seitenwechsel kam Botev kaum zu nennenswerten Szenen um die Gefahrenzone herum. Herausstechend waren, wie bereits im Hinspiel, die strategisch guten Bewegungen von Ivan Tsvetkov, die aber kaum konstruktiv eingebunden wurden. Einzig zu beginn der zweiten Halbzeit konnten die Bulgaren Druck entwickeln, indem sie die Flügel weiter nach vorne zogen und damit die Außenverteidiger von St. Pölten nach hinten drängten. Mitten in dieser Drangperiode erzielte St. Pölten jedoch das 2:0 – erneut war der Ausgangspunkt eine diagonale Seitenverlagerung auf einen Flügelverteidiger. Danach positionierte sich die Gager-Elf wieder höher, presste und gegenpresste in der gegnerischen Hälfte, sodass die Partie problemlos fertiggespielt wurde.

Segiova, der „untypische“ Held

Der umjubelte Held aufseiten des SKN war selbstverständlich Segovia, der alle Tore im Europacup bisher erzielte. Dabei ist der Spanier kein Sinnbild für das physisch aufreibende Spiel seines Teams. Segovia ist nämlich ein sehr statischer Spieler, der zwar über eine sehr solide Grundtechnik verfügt, aber außerhalb der Gefahrenzone kaum eingebunden wird. Auch die langen Bälle aus dem Spielaufbau heraus waren eher hinter die Abwehr für Noel gespielt. Im Spiel gegen den Ball gab es ebenfalls einige Mitspieler, die prägender waren. Aber auch wenn er nicht stellvertretend für den Spielstil des SKN St. Pölten steht, ist er aufgrund seiner Qualitäten im Abschluss ein unverzichtbarer Baustein.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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