Europa ist ein, was die landschaftliche Gestaltung betrifft, äußerst heterogener Kontinent, lange Küstengebiete treten ebenso auf wie große Flachländer und Hochgebirge, zudem beträgt die... Fußball in Europa: Wetter, Witterung und Klima als (mit)entscheidende Faktoren

Europa ist ein, was die landschaftliche Gestaltung betrifft, äußerst heterogener Kontinent, lange Küstengebiete treten ebenso auf wie große Flachländer und Hochgebirge, zudem beträgt die Ausdehnung knapp 40 Breitengrade. All dies hat entscheidenden Einfluss auf Wetter, Witterung und Klima und spielt demnach auch im Fußball eine Rolle. Ein Spielfeld ist immer etwa gleich groß, die äußeren Umstände können jedoch stark variieren und teils großen Einfluss auf das Geschehen am Platz nehmen. Abseits.at klärt unter anderem auf, warum österreichische Kicker nicht nur aus spielerischen Gründen ungern gegen israelische Clubs antreten.

Ein bißchen Theorie zum Anfang

Die Begriffe „Wetter“, „Witterung“ und „Klima“ werden oftmals falsch verwendet, weshalb sie nachfolgend kurz definiert werden.
Unter dem Wetter versteht man den augenblicklichen Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort, es kann sich fortlaufend und kurzfristig ändern. Die Witterung ist ein allgemeiner Wettercharakter einer kürzeren Zeitspanne oder eine in sich zusammenhängende Folge von Einzelabschnitten des Wetters über einen begrenzten Zeitraum. Unter dem Klima versteht man schließlich die Gesamtheit der meteorologischen Erscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre an irgendeiner Stelle an der Erdoberfläche kennzeichnen. Das Klima ist die Gesamtheit der Witterungen über einen längeren oder kürzeren Zeitabschnitt, wie sie durchschnittlich zu dieser Zeit des Jahres einzutreffen pflegen.
Diese Definitionen gehen teils auf das Jahr 1883 zurück und wurden von Julius von Hann im „Handbuch der Klimatologie“ definiert, haben jedoch noch heute Gültigkeit.

Europa ist räumlich äußerst vielschichtig, maritime Gebiete nahe den Küsten kommen ebenso vor wie aride kontinentale Flächen, etwa in der Ukraine und Russland. Diese Heterogenität spiegelt sich auch darin wider, dass dem Kontinent im Buch „Die Ökozonen der Erde“ von Jürgen Schultz Anteile an fünf dieser sehr unterschiedlichen Landschaftsgürtel zugeschrieben werden, die von der Subpolaren Zone bis zu den Subtropen reichen.

Wie sich das nun auf den Fußball auswirkt, wird in Folgenden erörtert.

Kontinentalität: Große Gegensätze zwischen Sommer und Winter

Kontinentales Klima findet sich vor allem im Osten Europas, wo die Meeresküsten weit entfernt sind, Paradebeispiele sind dafür die Ukraine und Russland. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die zumeist flachen Landmassen im Sommer stark aufheizen und im Winter gleichermaßen auskühlen. Das führt dazu, dass es etwa in Sibirien die weltweit größten Unterschiede zwischen Sommer- und Wintermitteltemperaturen gibt. Aber auch in Städten, in denen mittlerweile ziemlich guter Fußball gespielt wird, lässt sich dies beobachten, so weist das langjährige Temperaturmittel des Julis in Kazan 19 °C auf und liegt damit fast auf der Höhe von Graz, im Jänner werden jedoch -13° C ausgewiesen, in Graz sind es nur etwa -1° C. Verstärkt kann dies noch durch ein Kältehoch über Sibirien werden, dessen eisig kalte Luft bis nach Mitteleuropa ausstrahlt.
Dies hat zur Folge, dass in den Monaten November bis März in diesen Teilen Europas Bedingungen herrschen, die das Fußballspielen deutlich erschweren und teils sogar unmöglich machen. Aus diesem Grunde wurde etwa das Sechzehntelfinalspiel der Europa League zwischen Rubin Kazan und Twente Enschede im Februar dieses Jahres nach Moskau verlegt und dort bereits am Nachmittag angepfiffen (vor einer Kulisse von wenigen Dutzend Zuschauern) und auch die Partien von Zenit St. Petersburg und Karpaty Lwiw wurden zeitlich vorverlegt, um der ganz großen Kälte am Abend zu entkommen – dennoch mussten Fans und Spieler bei etwa -20 °C ausharren. Aufgrund dieser Bedingungen achtet die UEFA auch darauf, dass Vereine aus diesen Regionen am letzten Spieltag von Champions und Europa League kein Heimspiel haben. Ein Extremerlebnis der besonderen Art galt es für die Spieler von Hapoel Tel-Aviv im Winter 2010 zu meistern, als sie bei Rubin Kazan antreten mussten. Während in Israel sommerliche 30°C herrschten, war es in Russland ganze 50 Grad kälter. Hapoel verlor chancenlos 0:3, das Rückspiel endete torlos.

Große Kälte tritt auch regelmäßig in Skandinavien auf, weshalb dort mit Ausnahme von Dänemark die Meisterschaft nach dem Kalenderjahr ausgespielt wird. Dies liegt jedoch am in den hohen Breiten besonders ausgeprägten solaren Jahreszeitenklima, welches im Winter nur mehr ein sehr geringes Maß an Sonnenstrahlung und Tageslicht zulässt. Im Dezember 2010 hatte es beim Europa League Spiel zwischen Rosenborg Trondheim und Leverkusen -16 °C, weshalb nahezu alle Spieler mit Gesichtshauben aufliefen.

Schnee und Eis als Spielverderber

In den kontinentalen Gebieten Europas fällt für gewöhnlich wenig Niederschlag, so dass zumindest der Schnee kein großes Hindernis darstellt. Anders sieht dies in West- und Zentraleuropa aus, wo mächtige Tiefdruckgebiete von den britischen Inseln bzw. dem Mittelmeerraum jede Menge Feuchtigkeit mit sich bringen. In Österreich sind dies vor allem so genannte Vb-Wetterlagen, die gemeinhin als Genua- oder Adriatiefs bezeichnet werden, sich über dem Mittelmeer mit Wasser voll saugen und dieses dann als Niederschlag über dem Festland fallen lassen. In unseren Landen sind die Folgen bekannt, fällt zu viel Schnee, kann nicht gespielt werden. Da hilft auch keine Rasenheizung, denn diese kann den Schnee ab einer gewissen Menge nicht mehr schmelzen und dient primär dazu, dass der Boden nicht gefriert. Eine Besonderheit war im Dezember 2010 in Bern zu beobachten, als die Young Boys im letzten Europa League Gruppenspiel Stuttgart empfingen. Extrem heftiger Schneefall führte das Spiel an den Rande einer Absage, aufgrund des Kunstrasens im Stade de Suisse konnte das Spielfeld jedoch regelmäßig mit Schneepflügen geräumt werden, was zwar auch keine reguläre Partie zuließ, aber wenigstens eine Verschiebung verhinderte. Auch zuviel Schnee am Stadiondach kann zu Problemen führen, wie der Hamburger SV vor einigen Jahren erfahren musste. Der Verein musste erst das einsturzgefährdete Dach der damaligen AOL-Arena räumen lassen, bevor ein Spiel möglich war.

Ein anderes Problem führt Jahr für Jahr zu zahlreichen Absagen auf den britischen Inseln. Schneefall oder gefrierender Regen vereisen die Stadien und deren Umfeld dermaßen, dass es den Zuschauern nicht möglich ist, gefahrenfrei zu ihren Plätzen zu gelangen. Selbiges ist oftmals auch in den Niederlanden und Belgien zu beobachten. Auch die neue Osttribüne der Wiener Austria musste wegen Vereisung bereits gesperrt werden.

Zuviel Wasser von oben und Gewitter als besondere Gefahr

Fällt Schnee in flüssiger Form, spricht man von Regen. Dieser bleibt zwar nicht so lange und hoch liegen, kann aber ebenfalls für große Probleme sorgen und dies ebenfalls primär in West- und Mitteleuropa. Das berühmteste Regenspiel der Geschichte ist vermutliches jenes vom 3. Juli 1974, als im Duell um den Finaleinzug der Weltmeisterschaft Deutschland und Polen im Frankfurter Waldstadion die Klingen kreuzten. Enorme Regenfälle sorgten für eine Verzögerung des Ankicks, unvergessen sind die Bilder, als versucht wurde, das am Rasen stehende Wasser mit Walzen vom Spielfeld zu befördern. In einem Spiel auf irregulärem Boden setzte sich schlussendlich bekanntlich der spätere Weltmeister Deutschland durch.
Doch man braucht nicht so lange zurück zu blicken um Spielverschiebungen aufgrund von Starkregen zu finden. Die Drainage des Liebenauer Stadions zu Graz gibt bei zuviel Nass von oben regelmäßig w.o., wie man leidlich im Jahre 1998 beim Spiel zwischen Sturm und Real Madrid in der Champions League erfahren musste – der unter Wasser stehende Rasen führte zur Verschiebung von Mittwoch auf Donnerstag. Die Madrilenen nahmen es jedoch humorlos und gewannen mit 5:1. Einige Jahre später musste aus gleichem Grund ein Grazer Derby auf Montag verschoben werden. Auch in Salzburg gab es im Zuge der Umstellung von Kunst- auf Naturrasen Probleme mit der Drainagierung, so dass im Sommer 2010 das Westderby gegen Wacker Innsbruck kurzfristig abgesagt werden musste.

Zieht ein Gewitter auf, brechen Schiedsrichter die Spiele in der Regel ab und dies mit gutem Grund. Immer wieder kommt es vor, dass Blitze in das Spielfeld einschlagen und die darauf befindlichen Akteure in die Knie zwingen, was beträchtliche gesundheitliche Folgen mit sich bringen und teilweise sogar tödlich enden kann.

Hitze und Schwüle als Hemmschuh

Von Schwüle spricht man, wenn warme Luft stark mit Feuchte gesättigt ist, die Schwülegrenze liegt dabei bei etwas über 16 °C. Hat die Luft bei solchen Temperaturen eine relative Feuchte von 99%, tritt Schwüle auf (bei 30 °C befindet sich die Grenze bei 45%). Schwüle behindert die Thermoregulation des Körpers, die durch Schwitzen erfolgt und wird demnach wesentlich unangenehmer als trockene Hitze empfunden. Der Hitzeindex gibt an, wie sich die gemessenen Temperaturen tatsächlich anfühlen. 35° C bei 60% relativer Luftfeuchtigkeit – durchaus typische Sommerwerte in Nikosia – entsprechen beispielsweise gefühlten 45° C.
In Europa sind schwüle Bedingungen vor allem in Zypern und Israel die Regel, enorme sommerliche Hitze trifft hier auf reichliches Wasserangebot aufgrund der Nähe zum Meer. Mannschaften, die diese Bedingungen nicht gewöhnt sind, bereitet die Schwüle nicht selten große Probleme, wie beispielsweise bei den jüngsten Auftritten von Rapid und Salzburg in Israel zu konstatieren war.
Trockene Hitze ist zwar ebenfalls unangenehm, allerdings bei weitem nicht so wie Schwüle, da die Thermoregulation über die Haut besser funktioniert. Solche Bedingungen treten vor allem in kontinentalen Gebieten wie dem Balkan oder am Kaukasus auf.

Weitere Hindernisse

Nebel und Wind schließen sich gegenseitig aus, denn gerät die Luft in Bewegung, wird der Nebel ausgeräumt. Dennoch können beide zu großen Problemen bei der Abhaltung von Fußballspielen führen.
Im November des Jahres 1999 empfing Hertha BSC im Berliner Olympiastadion den FC Barcelona zu einem denkwürdigen Champions League Spiel. Dies jedoch nicht aufgrund der sportlichen Leistungen, sondern wegen des dichten Nebels, der wie Watte im Stadion hing. Das Match endete mit 1:1, wovon die Zuschauer auf den Rängen jedoch so gut wie nichts mitbekamen, waren die Akteure am Rasen doch bestenfalls schemenhaft zu erkennen und auch die TV-Übertragung geriet daher zur Farce.
Nicht nur starker Regen führte in den letzten Jahren zu einer Absage des Westderbys, auch stürmischer Wind ließ den Verantwortlichen im Jahr 2008 keine andere Wahl. Anfang März fegte Orkan Emma über Mitteleuropa und sorgte beim Salzburger Stadion für Gefahr, selbiges galt auch für die Partie zwischen der Wiener Austria und dem LASK. Beide Spiele wurden drei Tage später nachgetragen.

Sonderfall Höhenklima

Anders als in Europa wird in Südamerika regelmäßig auf großen Seehöhen gespielt, das bedingt die landschaftliche Gestaltung mit ihren Plateauflächen, den so genannten Altiplanos, die teils jenseits der 4.000 Meter liegen.
Begibt man sich als Bergsteiger in solche Höhen, ist es notwenig, sich langsam an diese Bedingungen zu gewöhnen, da der geringere Sauerstoffgehalt der Luft den Körper ansonsten vor Probleme stellt. Man spricht hierbei von Akklimatisation bzw. Adaptation. Diesen Umstand machen sich beispielsweise die Fußballer Boliviens zu Nutze, denn das Nationalteam trägt seine Länderspiele für gewöhnlich in La Paz auf 3.600 Metern aus. Dies führt dazu, dass die bolivianischen Kicker im heimischen Stadion eine regelrechte Macht sind und auch Brasilien und Argentinien die Auswärtsspiele auf dieser Seehöhe trotz normalerweise deutlicher sportlicher Überlegenheit verhältnismäßig selten erfolgreich gestalten können. Die FIFA wollte jüngst Spiele auf zu großer Höhe verbieten, rückte nach Protesten von diesem Plan jedoch schließlich wieder ab.

OoK_PS, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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