Während Österreich in seiner EM-Qualifikationsgruppe von der Tabellenspitze lacht, stecken andere Fußballnationen in einer handfesten Krise. Teilweise lehnten sich einige Nationalteams nach ihrem Quali-Spiel... Strauchelnde Nationalteamgrößen: Russland, Portugal, Griechenland und die Türkei in der Kritik

Europameisterschaft UEFA PokalWährend Österreich in seiner EM-Qualifikationsgruppe von der Tabellenspitze lacht, stecken andere Fußballnationen in einer handfesten Krise. Teilweise lehnten sich einige Nationalteams nach ihrem Quali-Spiel am Wochenende schon wieder zurück und hofften, dass ihre Flaute nach einem respektablen Ergebnis Vergangenheit ist. Die Testspiele am gestrigen Abend weckten einige verträumte Riesen aber äußerst unsanft.

Erst gut organisiert, dann wieder strauchelnd…

_Flagge TürkeiDie Türkei hat es in EM-Qualifikationsgruppe A derzeit alles andere als leicht. Die türkische Mannschaft befindet sich im Umbruch bzw. in einer Selbstfindungsphase. Die haben einige ihrer Gegner bereits hinter sich: Tschechien führt die Gruppe mit 13 Punkten aus fünf Spielen an und profitiert von einer starken Generation an Spielern, die sich jetzt im „idealen Fußballalter“ befindet. Sinnbildlich für diese Generation stehen Sparta Prags Borek Dockal und Václav Pilar, der Wolfsburg gehört, aber an Pilsen verliehen ist. Nur einen Punkt hinter Tschechien liegt aktuell sensationell Island, das vier seiner fünf Spiele gewann und nur gegen Tschechien den Kürzeren zog.

…die inkonstanten Terim-Schützlinge

Gleich sechs Punkte hinter der Spitze liegen die Niederlande – diese verloren sowohl gegen Tschechien, als auch gegen Island. Punktverluste sind in der zweiten Hälfte der Qualifikation tabu. Vor allem nachdem die krisengeschüttelte Türkei am vergangenen Samstag ein 1:1 aus Holland entführte. Eine fragwürdige Aufstellung von Guus Hiddink, gepaart mit schmerzhaften Ausfällen (van Persie, Robben), spielte der Türkei in die Karten. Fatih Terim gewann das Duell der Trainer, kreierte den konkreteren, effizienteren Matchplan und das 1:1 für Oranje fiel erst in der Schlussminute. Trotzdem waren sich alle einig, dass dieses Remis ein Motivationsschub für die Türken sein sollte und so erwartete jeder einen glatten Auswärtssieg beim gestrigen Test in Luxemburg. Sieg ja – glatt schaut aber anders aus: Erst ein spätes Tor von Calhanoglu wandte eine Blamage ab und die Türkei siegte wenig überzeugend mit 2:1. Wenn die Türken im Juni in Kasachstan ähnlich auftreten, rückt die Chance auf eine EM-Teilnahme in weite Ferne. Holland machte es besser: Auf das ernüchternde 1:1 gegen die Türkei folgte ein 2:0-Testspielsieg über Spanien.

Hölzerne, antiquierte Sbornaja

Russland - FlaggeApropos Kasachstan: Der Tabellenletzte aus ebenjener Gruppe knöpfte Mütterchen Russland gestern Abend in Moskau ein 0:0 ab. Es war im erst zweiten Spiel gegen die Sbornaja der erste Punktgewinn. Seit dem 4:0 über Liechtenstein im September 2014 ging es für die Russen rasant bergab. Auswärts in Schweden konnte man den Schwung nicht mitnehmen und kam über ein 1:1 nicht hinaus. Es folgte ein peinliches 1:1 gegen Moldawien in St.Petersburg, sowie die 0:1-Niederlage in Wien, bei der Rubin Okotie mit seinem Gold-Tor zum Matchwinner wurde. Auswärts in Montenegro war man ebenfalls auf Minimalistenkurs – das Spiel wurde aber vor der Schlussviertelstunde beim Stand von 0:0 abgebrochen.

„Grüne Punkte“ lösen keine tiefsitzenden Probleme

Punkte aus Podgorica wird die russische Elf zwar voraussichtlich noch über ein Urteil am Grünen Tisch erhalten, die Probleme der Mannschaft und des Verbands werden dadurch aber nicht gelöst. Capellos System ist antiquiert, es fehlt an besonderen Fußballern und vor allem in der Offensive an Führungspersönlichkeiten. Eine weitgehend gesichtslose russische Mannschaft verfolgt drei Jahre vor der Heim-Weltmeisterschaft eine Philosophie, die sie in der Fußballmoderne auf den Holzweg führt und sie dort eiskalt zurücklässt. Es ist nicht nur Zeit für ein Umdenken, sondern auch für einen neuen starken Mann, der diese Mannschaft so giftig wie einst macht. Der wohl bestbezahlte Nationaltrainer der Welt wird die legionärslose Truppe in keine rosige Zukunft führen. Das 0:0 gegen Kasachstan ist natürlich kein Beinbruch, aber doch ein weiterer, kleiner Alarm.

Portugal kämpft sich in der Quali zurück…

Portugal - FlaggeNach dem Qualifikationsstart und einem blamablen 0:1 gegen Albanien gab es auch in Portugal Katzenjammer. Drei Spiele später schaut die Welt schon wieder etwas anders aus, denn jeweils knappe Siege gegen Dänemark, Armenien und Serbien – jeweils mit nur einem Tor Unterschied – hievten die „Brasilianer Europas“ an die Spitze von Gruppe I. Kritik hagelte es im traditionell ungeduldigen Fußballland dennoch. Cristiano Ronaldo, der bisher nur zwei Treffer im laufenden Bewerb erzielte, stand ebenso in der Kritik wie fast alle anderen Spieler. Vor allem die Offensive hat es derzeit nicht leicht, auch weil es in Portugal nicht immer wichtig ist, dass man gewinnt, sondern auch wie man gewinnt.

…und verliert zu Hause gegen Kap Verde

Seit gestern Abend wird es in Portugal aber erst so richtig brodeln: In Estoril setzte es eine peinliche 0:2-Niederlage gegen Kap Verde, die Nummer 38 der FIFA-Weltrangliste. Vor knapp zehn Wochen war Kap Verde nach drei Unentschieden in der Vorrunde gegen Sambia, Tunesien und die DR Kongo aus dem Afrika Cup geflogen. Vor ziemlich genau einem Jahr remisierte Kap Verde torlos gegen Luxemburg und unterlag Katalonien in einem inoffiziellen Länderspiel mit 1:4. Kleine Side Facts, die die nationalen Medien nun schnellstens wieder groß machen werden…

Griechenland verpatzt letzte Chance

Griechenland - FlaggeLast but not least: Die EM 2016 wird mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit ohne Griechenland stattfinden. Die Hellenen kamen im Schlüsselspiel um einen Playoff-Platz der Gruppe in Budapest über ein 0:0 nicht hinaus und liegen damit weiterhin brutale sechs Punkte hinter den Ungarn. Die 0:1-Heimniederlage gegen die Färöer-Inseln im November 2014 ging als vermutlich schmerzhaftester Tag in die griechische Fußballgeschichte ein. Wie die Türken und die Russen suchen auch die Griechen nach einem Stil für die Fußballmoderne und vor allem nach sich selbst. Die Leichtigkeit früherer Tage ist dahin und das 2:1 über die Elfenbeinküste vor über neun Monaten bei der WM war der letzte Sieg der Griechen. Am 13.Juni, wenn die Reise auf die Färöer-Inseln ansteht, kann Griechenland die Schmach eines vollen Jahres ohne Länderspielsieg abwenden.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert