In dieser Rubrik gehen wir auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft... Transfers erklärt: Darum wechselten Renato Augusto und Pato zu Corinthians

Fußball in BrasilienIn dieser Rubrik gehen wir auf einzelne fixe Transfers zumeist größerer Vereine ein, wo die Hintergründe und Motive beleuchtet werden. Wieso holt eine Mannschaft diesen Spieler? Wer ist dieser Spieler überhaupt? Was erwartet sich sein neuer Verein von ihm? Kann er die Erwartungen in seinem neuen Verein erfüllen? Diese Fragen sollen beantwortet werden. In dieser Ausgabe blicken wir nach Brasilien zu Weltpokalsieger Corinthians.

 

Renato Augusto: von Bayer 04 Leverkusen zu Corinthians

Die brasilianische Liga befindet sich im Aufschwung – Neymar konnte bislang trotz enorm großem Interesse aus Europa in der Liga gehalten werden, auch andere Talente wie Ganso, Leandro Damiao, Paulinho, Casemiro, Bernard oder Innenverteidiger Dede blieben in Brasilien, obwohl Angebote im zweistelligen Millionenbereich reinflatterten. Doch die Talente bleiben nicht nur in der Liga, sondern werden sogar aus Europa zurückgeholt. Einige Altstars wie Ronaldinho, Clarence Seedorf, Deco und Ronaldo wurden ins Land geholt, um für die Vereine ein Art Maskottchen zu sein, Sponsoren zu ziehen und den jüngeren Spielern als Vorbild zu dienen.

Allerdings wurden ebenfalls ein paar der jüngeren Spieler verpflichtet, beispielsweise Leute wie Fred (nach vier Jahren bei Olympique Lyon), Thiago Neves (von Al-Hilal Riad nach einem Jahr bei Hamburg), Jadson (nach sieben Jahren bei Shakhtar), Vagner Love (sieben Jahre bei ZSKA Moskau) oder auch Denilson Neves von Arsenal. In diesem Winter wurde die Stufe noch einmal angehoben. Einer der zwei hochinteressanten Neuverpflichtungen ist Renato Augusto von Bayer 04 Leverkusen. Vor einigen Jahren galt er noch als das größte Talent und wurde als Zukunft im Zentrum der brasilianischen Nationalmannschaft gesehen. Bei Leverkusen schlug er auf Anhieb ein, überzeugte durch seine hervorragende Technik, Effektivität und auch passable Defensivarbeit.

Doch nach einigen Verletzungen und Formschwächen geriet er aufs Abstellgleis und konnte sich während des aktuellen Erfolgslaufes nicht mehr in die Mannschaft kämpfen. Bei den Corinthians hingegen könnte er nicht nur seine alte Form finden, sondern ein absoluter Führungsspieler werden. Die Brasilianer spielen zumeist mit einer stark asymmetrischen 4-2-2-2-artigen Formation. Danilo ist stärker auf dem Flügel zu finden, als Douglas, der etwas zentraler agiert. Bei den Mittelstürmern lässt sich deswegen der linke Mittelstürmer öfters auf die Seite fallen und Ralf ist in der Mitte defensiver als Paulinho.

Somit entsteht aus der 4-2-2-2-Formation ein 4-3-3, 4-2-3-1, 4-1-3-2 oder 4-1-4-1, je nach Situation. Renato Augusto könnte gegen unterlegene Teams die Rolle Ralfs als Sechser übernehmen oder die Position von Douglas spielen. Letzteres wäre wahrscheinlich sogar seine Idealposition: er kann bei Bedarf auf den Flügel ausweichen, pendelt und bringt seine Kreativität mit ins Spiel. Bei gegnerischem Ballbesitz ist er stärker auf der Seite und kann seine Defensivqualitäten in den Dienst der Mannschaft stellen.

Pato: vom AC Mailand zu Corinthians

Die zweite große Neuverpflichtung war der Einkauf Alexandre Patos. Das Supertalent wechselte für 22 Millionen Euro als 18-Jähriger zum AC Mailand und zeigte dort auf Anhieb herausragende Leistungen. Neun Tore und zwei Vorlagen in 18 Einsätzen (1283 Minuten) in der Serie A sind bei einem 18-jährigen ein Weltklassewert. 2008/09 verbuchte er in seiner zweiten Saison 21 Scorerpunkte, doch seitdem wurde sein fulminanter Aufstieg durch Verletzungen abgebremst.

In den nächsten zwei Saisonen kam er nicht einmal auf über 25 Ligaspiele, in zwei Jahren machte er 48 Spiele und wurde oft ein- oder ausgewechselt. Dennoch schaffte er beeindruckende 31 Scorerpunkte und 2010/11 traf er sogar alle 115 Minuten. Doch die Probleme wurden immer schlimmer. Nur elf Spiele (nur eines über 90 Minuten) in der Spielzeit 2010/11 und kein 90-Minuten-Einsatz in dieser Saison sorgten dafür, dass eines der größten Stürmertalente unserer Zeit ins Hintertreffen geriet.

Bereits als Kind hatte Pato an einem Tumor laboriert und als wäre dies nicht Pech genug, setzte sich sein physisches Unglück während seiner Profikarriere fort. Eventuell war deswegen der Schritt zurück in die brasilianische Liga womöglich sogar einer nach vorne. Bei Milan wurde nun Konkurrenz eingekauft, die körperlich überlegen ist und dem europäischen Fußball physisch besser gewachsen zu sein scheint. Das Angebot der Corinthians in Höhe von 15 Millionen Euro mussten die Italiener fast schon annehmen. Eine so große Summe für einen Spieler, der verletzungsbedingt seit zwei Jahren in einer wichtigen Entwicklungsphase kaum Spielpraxis erhalten und Leistungen bringen konnte, ist ein unglaubliches Angebot.

Doch wieso macht wiederum Corinthians so etwas? Sie haben die Möglichkeit eines der großen Talente ihres Landes in die Heimat zurückholen. Es gibt eine Investorengruppe, die an ihm beteiligt ist, desweiteren auch sicherlich einige unterstützende Sponsoren. Rein PR-mäßig war dieser Transfer sowieso ein großer Erfolg, was auch die Ablösesumme etwas relativiert.Sollte sich Pato auch körperlich erholen und an frühere Leistungen anknüpfen, ist er nicht nur ein Spieler von internationalem Format, sondern kann für eine noch höhere Summe nach Europa zurückverkauft werden, falls Bedarf besteht. Er ermöglicht auch eine Umstellung auf ein 4-3-3 mit ihm als sehr gefährlichen Mittelstürmer oder könnte die Rolle des beweglichen linken Mittelstürmers im 4-2-2-2 übernehmen.

Dies wäre wiederum die Idealposition Patos. Alternativ kann er vom Flügel kommen oder als Mittelstürmer in offene Räume starten und seine extreme Schnelligkeit und hervorragende Technik ausnutzen. Dabei ist es keine Frage, ob Pato taktisch und spielerisch die Mannschaft verstärken kann. Es ist nur die Frage, ob er ausreichend lange fit sein wird, um die Investition des Vereins zurückzuzahlen.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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