In dieser Serie gehen wir auf einzelne Weltklassetalente ein, die auf dem Sprung standen – und ihn nicht schafften. Zumeist waren es persönliche Tragödien,... Verlorene Weltklassespieler (9) – Seth Adonkor

SpielszeneIn dieser Serie gehen wir auf einzelne Weltklassetalente ein, die auf dem Sprung standen – und ihn nicht schafften. Zumeist waren es persönliche Tragödien, Verletzungen oder einfach die Umstände ihrer Karriere: Die Aussage „Zur falschen Zeit am falschen Ort“ kann manchmal schmerzhaft wahr sein.

Wir lassen die Karrieren diverser Akteure Revue passieren, spekulieren über die mögliche Auswirkung ihres fehlenden Durchbruchs in der Geschichte des Fußballs und ein kleines „was wäre, wenn…?“ darf natürlich auch nicht fehlen. Immerhin besitzt nahezu jeder Fußballfan noch eine schöne Erinnerung an solche Spieler und jene fragende Wehmut, welche Erinnerungen man nicht verpasst hat.

In diesem Teil widmen wir uns …

Seth Adonkor

In einem anderen Artikel, nämlich zu Omar Sahnoun, hatten wir schon die starke Nantes-Mannschaft der frühen 80er angesprochen. Der Vorläufer dieser Mannschaft, der in den späten 70ern zumindest einmal Meister wurde, hatte ebenfalls einen „verlorenen Weltklassespieler“ in seinen Reihen. Jenen Omar Sahnoun, dessen Karriere wir schon behandelt haben. Sein Nachfolger war ein anderes Talent – und es war ebenfalls von Pech verfolgt.

Ein moderner Sechser

Seth Adonkor übernahm die vakante Rolle im zentralen Mittelfeld des FC Nantes. Adonkor sicherte vor der Abwehr ab in einer Mannschaft, die ein 4-1-2-3 spielen ließ. Der junge Franzose konnte zwar auch als Innenverteidiger agieren, doch wurde zumeist als Sechser genutzt; dort konnte er seine Stärke im Passspiel und hohe Athletik besser ins Spiel bringen.

Eine besondere Stärke Adonkors war seine Dynamik, seine Bulligkeit und enorme Ausdauer. Dazu beeindruckte er durch extreme Sprungkraft und Kopfballstärke. Er konnte angeblich fast einen Meter hoch springen und rannte die 100 Meter in unter 11 Sekunden.

Im System von Nantes unterstützte er die beiden Innenverteidiger bei langen Befreiungsschlägen des Gegners oder konnte als Abfangjäger hinter den zwei kreativen zentral-offensiven Mittelfeldspielern absichern. Dadurch wurden seine Stärken ideal betont und seine sehr gute Technik mit nur solider Kreativität ebenfalls perfekt eingesetzt. Bei Gelegenheit rückte er situativ mit nach vorne und tauchte im Rückraum auf, um das Offensivspiel zu unterstützen.

Sein Trainer wollte ihn aber mit fortschreitendem Alter als Innenverteidiger einsetzen; auch Spiele als Außenverteidiger schienen nicht ausgeschlossen. Zusätzlich konnte er präzise lange Pässe und sichere kurze Pässe spielen, zusätzlich war er auch noch beidbeinig – nicht umsonst galt er als kommender Star in der französischen Nationalmannschaft.

Am ehesten könnte man ihn wohl mit einer schnelleren und etwas weniger spielintelligenten Version von Javi Martinez vom FC Bayern München vergleichen, wenn man sich einen aktuellen Spieler als Vergleichswert vorstellen will.

Das Ende einer Karriere, die noch gar nicht wirklich begann

Erst mit zwölf Jahren war Adonkor aus Ghana nach Frankreich gekommen. Nur elf Jahre später galt er als Topkandidat für eine Nominierung für die französische Nationalmannschaft. 1983 spielte er eine Schlüsselrolle beim Titelgewinn des FC Nantes und galt als bester Sechser der Liga. Doch am 18. November 1984 verstarb er bei einem Autounfall; seine zwei Teamkameraden Michel Labejof und Sidi Kaba saßen ebenfalls im Auto. Wie Adonkor verstarb auch Labejof, während Sidi Kaba zwar überlebte, aber nie wieder ein Fußballspiel bestritt.

Adonkors Verlust wurde von der Fußballwelt besonders betroffen aufgenommen. Adonkor galt als Vorbild – auf und neben dem Platz. Er galt als enorm bodenständiger, introvertierter und zurückhaltender Kerl, der nur auf dem Platz auffiel, aber auch da die Aggressivität trotz seiner körperlichen Überlegenheit so sehr wie möglich versteckte konnte. Im Endeffekt war er also ein Sechser, der auch heute noch auf dem Weltmarkt gefragt wäre.

1986 wurde gar gesagt, dass er statt dem bekanntlich keineswegs schwachen Fernandez in der Startaufstellung bei der Weltmeisterschaft gestanden wäre. Seine Mischung aus extremer Athletik und technischer Stärke gab es erst später bei Marcel Desailly – seinem Halbbruder.

Für viele galt Adonkor sogar als talentierter als Desailly, denn er war technisch besser und körperlich ebenso leicht überlegen. Doch der Innenverteidiger und Sechser des erfolgreichen französischen 1998er-Teams äußerte sich in seiner Karriere immer extrem positiv über Adonkor, den er als sein Vorbild bezeichnete.

Auch in seinem Fähigkeitenprofil und seinem Training orientierte er sich eindeutig an Adonkor; er wurde zu einem der besten Defensivspieler der 90er-Jahre. Wie stark Adonkor wohl geworden wäre?

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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