Hitlergruß als Torjubel: Griechisches Toptalent Giorgos Katidis stellt sich selbst ins Abseits!
Gesellschaft & Ethik 18.März.2013 Daniel Mandl 1
9.Juli 2012, Haapsalu, Estland: Die U19-Nationalmannschaft Portugals wirkte wie ein Mitfavorit auf den Turniersieg, spielte offensiven und ansehnlichen Fußball. Doch in der 69.Minute erzielt Giorgos Katidis im letzten Gruppenspiel das 3:1 für Griechenland. An diesem Tag war es bereits das zweite Tor des Kapitäns der griechischen Nationalmannschaft. Es sollte ein entscheidendes sein, denn Griechenland ließ sich mit dem 3:2-Sieg über Portugal den zweiten Gruppenplatz hinter Spanien nicht mehr nehmen.
Dass diese griechische U19-Elf Potential hat, sah man bereits in den ersten beiden Partien der U19-Europameisterschaft. Spanien wurde geärgert, Gastgeber Estland vom Platz geschossen. Die übersichtliche Spielweise von „Sechser“ Panagiotis Ballas stach ebenso schnell ins Auge, wie die Torgefahr, die Olympiakos-Eigengewächs Dimitris Diamantakos ausstrahlte, oder die feine Technik des international umworbenen Außenverteidigers Konstantinos Stafylidis, der seine Schuhe vorerst noch für PAOK Saloniki schnürt. Doch einer überstrahlte alle.
Eines der größten Talente Griechenlands
Der „Zehner“ im Team hieß damals Giorgos Katidis. Der damals 19-Jährige war bei seinem Stammklub Aris Saloniki gerade mal Ergänzungsspieler, zeigte auf U19-Level jedoch, wieso er als eines der größten Talente Griechenlands gehandelt wurde. Katidis präsentierte sich technisch stark, lauffreudig, gut im Kopfballspiel und äußerst umsichtig auf dem Platz. Die Kapitänsbinde trug er sowieso – das wunderte niemanden, denn der junge Mann aus Thessaloniki war im erfolgreichen U19-Team Griechenlands, das bei der EM 2012 erst im Finale an Spanien scheiterte, der unumstrittene Chef und Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld.
AEK Athen mitten in einer Katastrophensaison
Seit dem Finale der letzten U19-EM vergingen nun exakt acht Monate. Katidis wechselte unmittelbar nach dem Turnier zu AEK Athen, wo er einen Vertrag bis Sommer 2016 unterschrieb und die nächste Sprosse auf der Karriereleiter erklimmen wollte. In den nächsten Jahren wollte der ambitionierte Kreativspieler beim griechischen A-Nationalteam anklopfen. Die nötigen Anlagen sind nicht zu bestreiten. Doch die Saison mit den Gelb-Schwarzen aus der griechischen Hauptstadt verläuft bis dato katastrophal.
Abstiegskampf und nur noch fünf Runden zu spielen
In der Vorsaison belegte AEK Athen den fünften Endrang in der griechischen 16er-Liga. Finanzielle Probleme beutelten den 1924 gegründeten Klub beträchtlich und mehr als der halbe Kader wurde im letzten Sommer ausgewechselt. Vor dem vergangenen Wochenende stand AEK auf dem 14.Platz und hatte nur einen Punkt Vorsprung auf den Fünfzehnten Aris Saloniki – den Abstiegsplatz. Am Samstag war der zusammengewürfelte No-Name-Klub Veria zu Gast im Olympiastadion zu Athen. Ein direkter Konkurrent im Kampf um den Klassenerhalt.
Entscheidendes Tor beim 2:1-Sieg über Veria
Das 1:0 durch den erst 17-jährigen Mittelfeldspieler Taxiarhis Fountas sah Katidis von der Bank aus. Er wurde erst nach einer halben Stunde eingewechselt. Der Ausgleich durch den Nigerianer Michael Olaitan nach 75 Minuten traf Fans und Spieler mitten ins Herz – ein Remis gegen Veria wäre fünf Runden vor Schluss, im vorletzten Heimspiel der Saison, eine mittlere Katastrophe. Doch in der 84.Minute schlug ebendieser Giorgos Katidis zu und entfachte mit seinem 2:1-Siegtor Begeisterungsstürme beim krisengeschüttelten Traditionsklub.
Hitlergruß als Torjubel
Nun geschah etwas mit dem niemand rechnen konnte. Katidis riss sich sein Trikot vom Leib, rannte zur AEK-Fankurve und streckte seinen rechten Arm wie in Trance zum Hitlergruß aus. Der inakzeptable Torjubel verbreitete sich medial wie ein Lauffeuer und nach dem Schlusspfiff war Katidis weniger enthusiastisch als nach seinem Siegestor. In der Kabine soll der 20-Jährige in Tränen ausgebrochen sein – nicht nur wegen dem medialen Druck, der sofort auf ihn niederprasselte, sondern auch aufgrund einiger deutlicher Unmutsäußerungen seiner eigenen Teamkollegen.
Rassismus unter Fans ist eine Sache…
Denkt man an Politisierung im Fußball, kommen einem zuerst Fans in den Sinn, die gegnerische Spieler – in manchen Fällen sogar eigene Spieler – rassistisch beschimpfen. Wie das Spiel zwischen der SV Ried und Sturm Graz vor etwa einer Woche bewies, muss man nicht mal über die Grenzen hinausblicken, um derartige Auswüchse live zu erleben. Doch auf und abseits des Feldes fallen auch immer wieder Spieler mit rassistischen Symbolen und Äußerungen auf.
…doch auch Spieler und Trainer fallen da und dort negativ auf
Als klassisches Beispiel wird hier stets der Italiener Paolo di Canio, bekennender Faschist und Rechtsextremist, angeführt. Der ehemalige Swindon-Trainer bekam für die von ihm verwendeten Symboliken mehrere Geldstrafen zu je 10.000 Euro und vereinzelte Matchsperren vom italienischen Verband aufgebrummt. Spaniens Ex-Teamchef Luis Aragonés wurde zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verdonnert, weil er im Training Frankreichs Thierry Henry als „Scheiss Neger“ bezeichnete. Seiner Aussage nach tat er dies, um seinen Spieler José Antonio Reyes zu motivieren. Die Strafe wurde später sogar aufgehoben und Aragonés kam ungeschoren davon. Zudem kam der Italiener Alberto Aquilani in die Schlagzeilen, weil er in seinem Haus eine Statue des faschistischen Diktators Benito Mussolini hatte.
Katidis lebenslänglich vom griechischen Verband gesperrt
Die bisherigen Rassismus-bezogenen Strafen gegen Protagonisten auf Feld oder Trainerbank fielen allesamt mehr als sanft aus. Doch der griechische Verband sorgte nun für einen Schuss vor den Bug und sperrte Giorgos Katidis lebenslänglich für alle nationalen Auswahlen des Landes, wodurch dessen Traum von der griechischen Nationalmannschaft für immer stirbt. Eine notwendige und auch in dieser Härte absolut vertretbare und zugleich mutige Entscheidung des Verbands.
Trainer beschützt Katidis, Katidis twittert
AEK-Coach Ewald Lienen schützte Katidis in seiner ersten Reaktion auf den Skandal. Katidis sei ein junger Bursche, der mit Politik nichts am Hut hat und diese Art von Torjubel möglicherweise irgendwo im Internet aufgeschnappt hätte. Katidis selbst twitterte gestern nach dem Spiel dreimal: Der jüngste Tweet: „Ich verabscheue den Faschismus. Ich hätte das nicht getan, wenn ich wüsste, was das bedeutet […].“ Zuvor twitterte er: „Ich bin in keinster Weise rassistisch.“ Und davor „Ich kenne die Geschichte von AEK. Ich weiß, dass dieser Verein durch Flüchtlinge gegründet wurde […].“ – AEK wurde von der griechischen Minderheit, die durch die Kleinasiatische Katastrophe und den darauf folgenden Vertrag von Lausanne aus Kleinasien vertrieben wurden.
Strafe hart und gerecht – Präzedenzfall?
Doch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und es wäre Unsinn zu glauben, dass Katidis in keinster Weise wusste, was er tat. Das womöglich wichtigste Tor seiner bisherigen Karriere ließ jedoch bei ihm die Sicherungen durchbrennen und die Karriere eines der talentiertesten Griechen, dessen Name bereits im Notizblock zahlreicher internationaler Klubs steht, wurde durch nur eine unüberlegte Handbewegung enorm verkompliziert. Es handelt sich hier um ein wesentliches Beispiel dafür, welche unerwarteten Faktoren Indikatoren für die gelebte Professionalität eines jungen Spielers werden können. Die Aktion des jungen Griechen ist nicht nur heutzutage unverzeihlich, die Strafe angemessen und vor allem ein wichtiger Präzedenzfall für weitere Vorkommnisse dieser Art.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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