Das Jahr 1978 wird Josef Hickersberger wohl in treffender Erinnerung behalten haben. Nach der WM-Endrunde, bei der in allen sechs Partien als wesentlicher Mannschaftsteil... Anekdote zum Sonntag (13) – „Hicke“ zielt nicht, trifft aber

Schiedsrichter rote KarteDas Jahr 1978 wird Josef Hickersberger wohl in treffender Erinnerung behalten haben. Nach der WM-Endrunde, bei der in allen sechs Partien als wesentlicher Mannschaftsteil seinen Beitrag leistete, beendete er seine internationale Karriere und wechselte von Fortuna Düsseldorf zurück in die Heimat: In Innsbruck wurde er in seiner ersten Saison Pokalsieger und stieg zugleich ab. Glück und Pech liegen manchmal eben nahe beinander. Doch das sollte nicht das einzige Kuriosum dieses Jahres bleiben. Pepi gelang in einem Meisterschaftspiel eine Glanznummer, die vom Zufall geküsst war: Frei nach dem Nestroy-Zitat: „Kunst ist, wenn man‘s nicht kann. Denn wenn man‘s kann, ist‘s keine Kunst!“.

Der Amstettner mit balanciertem Diplomaten-Duktus hat besonders während seiner Laufbahn als ÖFB-Teamchef bewiesen, dass er sich richtig ärgern kann. Unvergessen, seine Abschlusspressekonferenz à la Trapattoni („Habe fertig“) inklusive Seitenhieb auf Peter Svetits oder der Moment, als er gemeinsam mit DFB-Cheftrainer Löw auf die Tribüne geschickt wurde. Schon als Spieler ließ Hickersberger dann und wann seinen Emotionen freien Lauf. In der Abstiegssaison Wackers lieferten ihm zahlreiche Spiele Anlass zum Ärgern. Einmal war es wieder so weit: Die Tiroler standen unter Druck, das Spiel lief schlecht. Alles schien wieder einmal schief zu gehen. Bis ein Zwischenfall die Abwärtsmonotonie kurz unterbrach, um sie dann noch mehr zu vertiefen: Pepi zielte nicht, traf aber. „Wenn ich das könnte, wäre ich Kunstschütze im Zirkus!“, kommentierte er seinen Tausendguldenschuss in diesem Meisterschaftsspiel. Ein Tor hat der Dreißigjährige aber nicht erzielt. Ja, nicht einmal den Spielball hat er benutzt. Was war passiert?

Aus Wut über den Spielverlauf, gerät der spätere Nationalteamtrainer während einer Spielunterbrechung in eine Schimpftirade und lässt seinen Kaugummi gefährlich über die Schneidezähne ragen. Schließlich spuckt er den klebrigen Knödel ganz aus und übernimmt seine eigene Vorlage volley mit dem Fuß. Als wäre das zusammengedrückte Zuckergemisch Schuld an seiner Misere, kickt er es voller Zorn weit von sich. Zu seinem Pech entwickelt sich die Kaugummi-Flugbahn in Richtung Schiedsrichter Fahnler, endet auf dessen Brusttasche und verziert so speicheltriefend das FIFA-Abzeichen des Referees. Fahnler, auch als „Roter Heinzi“ bekannt, riecht Absicht, macht seinem Namen alle Ehre und schickt Pepi vom Platz. Alles Bitten und Betteln hilft nichts: Hickersberger muss frühzeitig duschen gehen. Seine Ehre kann der Niederösterreicher aber nach dem Match doch retten, als er detailreich schildert, wie es zu dem Unglück gekommen ist. Sechs Tore erzielte der unauffällige Mittelfeldspieler in zwei Jahren für Wacker, dieser Kaugummi-Volltreffer blieb angesichts des Abstieges nur eine Anekdote am Rande. Kaufen konnten sich die Innsbrucker nichts darum. Brotlose Kunst eben.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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