Wer den Balkan kennt, weiß, dass man hier nicht unbedingt den besten Fußball, aber die intensivste Atmosphäre Europas erwarten kann. Zwar ist nichts mit... Groundhopping: Zu Besuch beim Sarajevo-Derby

Bosnien-Flagge_abseits.atWer den Balkan kennt, weiß, dass man hier nicht unbedingt den besten Fußball, aber die intensivste Atmosphäre Europas erwarten kann. Zwar ist nichts mit dem Belgrad-Derby vergleichbar, aber auch in Sarajevo werden die Mannschaften mit viel Stimmung und Pyrotechnik nach vorne gepeitscht.

Heimspiel hatte diesmal der FK Sarajevo, der jüngere der beiden Hauptstadtklubs. Spielort war das  Asim Ferhatović Hase–Stadion, gleichzeitig auch Hauptaustragungsort der Spiele des Nationalteams. Der FK Sarajevo wurde 1946 gegründet und hält bei fünf Meistertiteln (drei davon seit der Unabhängigkeit Bosniens, der letzte gelang 2014/15) und fünf Cupsiegen (allesamt nach der Unabhängigkeit).

Der Erzrivale von FK ist Željezničar Sarajevo, derzeitiger Rekordmeister Bosniens mit sechs Titeln (zuletzt 2012/13), welcher im Jahre 1921 von Mitarbeitern der jugoslawischen Eisenbahn gegründet wurden. Hier gibt es auch einen Österreich-Bezug, war doch der langjährige Sturm-Coach Ivica Osim sowohl als Spieler als auch Trainer für die Blau-Weißen tätig.

Ein Vögelchen hatte mir den Derbytreffpunkt der „Maniacs“ von Željezničar gezwitschert, sodass ich diesem hautnah beiwohnen konnte. Geschätzte 700 Leute hatten sich nahe des Flusses Miljacka versammelt und etwa 1 ¾ Stunden vor Spielbeginn setzte sich der Tross in Bewegung, bergauf zum Nationalstadion. Mit hübscher Unterstützung von Pyrotechnik wurden die Gesänge intensiver und die Polizei nervöser, je näher man dem Stadion kam. Da man nur eine Straßenseite für den Marsch gestattete, wurde bei Übertreten der Mittellinie wild gehupt und bei nochmaligem Verstoß stiegen dann schnell mal einige Uniformierte schlagstockschwingend aus und baten um eine Unterredung. Deeskalation? Fehlanzeige. Glücklicherweise reagierten die Željezničar-Fans überaus besonnen, wodurch hier eine Auseinandersetzung vermieden werden konnte.

Etwa eine Stunde vor Spielbeginn erreichte der Marsch dann das Stadion und betrat nach und nach den Auswärtssektor. Kurz vor Spielbeginn waren dann sowohl die „Maniacs“ von Željezničar als auch die „Horde Zla“ von FK in ihrem Sektor und das Spiel wurde pünktlich um 15.00 angepfiffen.

Wie bereits erwähnt, gehört der Fußball am Balkan nicht zu den besten, wodurch das Hauptaugenmerk bei solchen Begegnungen natürlich eher auf den Fans liegt. In Sarajevo selbst scheint Željezničar klar die Nase vorne zu haben, der Auswärtssektor war dann doch praller gefüllt als die Heimkurve, die gesamte Zuschauerkulisse war mit 12.500 aber dann doch eher bescheiden, hat das Nationalstadion doch ein Fassungsvermögen von etwas mehr als 35.000 Zuschauern. Pyrotechnik gab es von beiden Seiten, auch das typische Verbrennen von gegnerischen Schals wurde mehrmals durchgeführt und zelebriert. Zu Beginn der zweiten Halbzeit gab es eine hübsche Choreographie aus buntem Rauch von FK, Željezničar zog wenig später mit etlichen Bengalen nach und entsorgte diese auch des Öfteren auf der Laufbahn.

Zum Spiel selbst gibt es wenig zu sagen, die Höhepunkte waren überschaubar und so trennten sich die beiden Erzrivalen mit 0:0 und verloren weiter an Boden auf den Tabellenführer und Titelverteidiger Zrinjski aus Mostar.

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Martin Bartos, abseits.at

Martin Bartos

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