Es geschah gestern um sechs Uhr Früh, als FIFA-Mediendirektor Walter de Gregorio nach eigener Aussage noch friedlich in seinem Bett schlief. Polizeibeamte in Zivil... FIFA-Skandal: Eine Zusammenfassung der jüngsten Ereignisse

Joseph Sepp BlatterEs geschah gestern um sechs Uhr Früh, als FIFA-Mediendirektor Walter de Gregorio nach eigener Aussage noch friedlich in seinem Bett schlief. Polizeibeamte in Zivil stürmten das Fünf-Sterne-Hotel “Baur au Lac“ in Zürich und verhafteten sieben hochrangige FIFA-Funktionäre. Bei den zahlreichen darauffolgenden Meldungen kann man leicht den Überblick verlieren, weshalb wir die Ereignisse noch einmal Revue passieren lassen und die einzelnen Fragen im Detail klären.

Weshalb fand die Polizeiaktion statt?

Die Beamten der Kantonspolizei Zürich handelten auf ein Ansuchen des Justizministeriums der Vereinigten Staaten (Department of Justice). Den Beschuldigten wird Betrug, Geldwäsche und Erpressung vorgeworfen und ihnen droht die Ausweisung in die USA.

Was haben die USA damit zu tun?

Man kann sich als Außenstehender leicht fragen, weshalb die USA Nicht-Staatsbürger außerhalb ihres Territoriums festnehmen lassen kann.

Damit die Vereinigten Staaten ihre Muskeln spielen lassen konnten, was ja zumindest diesmal die meisten Fußballfans weltweit gutheißen, muss irgendein Berührungspunkt in die USA vorhanden sein. Dies kann auf vielfältige Weise geschehen, eine Zweigniederlassung einer beschuldigten Firma in den USA, ein Telefonanruf in betrügerischer Absicht zu einer Person, die gerade in den USA weilt, oder sogar eine E-Mail, die durch einen Server der Vereinigten Staaten läuft.

Das FBI durchsuchte mehrere Büros der Kontinental-Konföderation CONCACAF in Miami, sowie des Unternehmens Traffic Sports USA Inc., das seinen Sitz ebenfalls in Florida hat.

Wer sind die Beschuldigten?

Jeffrey Webb, 50, CONCACAF-Präsident, und FIFA-Vizepräsident
Eduardo Li, 56, Verbandspräsident von Costa Rica
Julio Rocha, 64, Ex- Verbandspräsident von Nicaragua und der zentralamerikanische Fußballunion
Costas Takka, 58, Attaché des CONCACAF-Präsidenten
Jack Warner, 72, Ex-FIFA-Vizepräsident und ehemaliger CONCACAF-Präsident
Eugenio Figueredo, 83, FIFA-Vizepräsident
Rafael Esquivel, 68, Verbandspräsident von Venezuela, Mitglied im CONMEBOL-Exekutivkomitee
José Maria Marin, 83, Ex- Verbandspräsident von Brasilien
Nicolás Leoz, 86, Ex- CONMEBOL-Präsident
Alejandro Burzaco, Sport-Marketing-Manager
Aaron Davidson, 44, Sport-Marketing-Manager
Hugo Jinkis, 70, Sport-Marketing-Manager
Mariano Jinkis, 40, Sport-Marketing-Manager
José Margulies, 75, Mittelsmann zwischen Agenturen und FIFA-Funktionären

Die Liste der Vorwürfe gegen diese Personen ist lang und geht bis ins Jahr 1991 zurück. Die meisten Anklagepunkte beziehen sich auf Betrug, Erpressung und Geldwäsche. Man kann zudem davon ausgehen, dass es auch noch andere Funktionäre erwischen wird, bzw. diese sich in den kommenden Tagen freiwillig stellen werden.

Wie sieht das Zusammenspiel zwischen Agenturen und Funktionären aus?

TV-Rechte sind heutzutage höchst lukrativ. Agenturen kaufen die Rechte für Turniere wie Weltmeisterschaften und verkaufen diese dann an TV-Sender mit hohem Gewinn weiter. FIFA-Funktionäre erhielten, um es freundlich auszudrücken, private Kickbacks, wenn sie die Rechte erfolgreich an bestimmte Agenturen vermittelten.

Worum geht es in der zweiten Ermittlung der Schweizer Behörden?

Auch die Schweizer Behörden starteten eine Ermittlung, die jedoch mit den Anklagepunkten des Department of Justice nichts zu tun hat. Hier geht es rein um die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland bzw. Katar. Seit Bekanntgabe der Austragungsorte dieser Weltmeisterschaften standen Vorwürfe der Korruption im Raum, denen nun (hoffentlich ernsthaft) nachgegangen wird.

Folgende zehn Personen werden von den Schweizer Behörden zu diesen Vorgängen befragt:
Issa Hayatou. Angel Maria Villar Llona, Michel D’Hooghe, Senes Erzik, Worawi Makudi, Marios Lefkaritis, Jacques Anouma, Rafael Salguero, Hany Abo Rida, Vitaly Mutko

Die bekanntesten Namen dieser Liste sind Vitaly Mutko, seines Zeichens russischer Sportminister und Issa Hayatou, der Präsident des afrikanischen Fußballverbandes.

Werden die beiden Weltmeisterschaften trotzdem in Russland und Katar stattfinden?

Sag niemals nie, aber zum jetzigen Zeitpunkt gilt ein Wechsel der Austragungsorte leider als sehr unwahrscheinlich. FIFA-Mediendirektor Walter de Gregorio schloss gestern im Rahmen einer schnell einberufenen Pressekonferenz eine Neuwahl kategorisch aus. Blatter soll laut dem Mediendirektor die jüngsten Ereignisse angesichts seiner Unschuld entspannt zur Kenntnis genommen haben und sei voll kooperativ mit allen Behörden. Viele fordern indes natürlich Blatters Rücktritt, da dieser als Chef schlussendlich die Letztverantwortung trage – was der Schweizer jedoch augenscheinlich nicht so sieht.

Wir reagieren die Sponsoren?

Einige Sponsoren verzichteten bereits vor Monaten auf eine Vertragsverlängerung. Sony, Emirates, Castrol, Continental und Johnson & Johnson verzichteten auf weitere Partnerschaften. Nun erhöhen auch VISA, Coca Cola und Hyundai den Druck auf den Fußballverband und zeigen sich in ihren Presseaussendungen von den derzeitigen Umständen extrem enttäuscht. Gerade die Partnerunternehmen der FIFA können großen Druck ausüben, denn wer das Geld hat, bestimmt die Musik.

Findet morgen dennoch die FIFA-Präsidentenwahl statt?

So wie es momentan aussieht wird die morgige Wahl durchgezogen, auch wenn viele Stimmen für eine Verschiebung der Veranstaltung sind. Die UEFA beispielsweise spricht sich für einen neuen Termin aus und droht mit einem Boykott der Veranstaltung. Blatters einziger Herausforderer ist Ali bin al-Hussein, nachdem Luis Figo und Michael van Praag ihre Kandidatur zurückzogen. Hier könnt ihr euch das Wahlprogramm des jordanischen Prinzen ansehen: LINK

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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