Sponsoring nimmt im Sport einen hohen Stellenwert ein. Im Zuge der Artikelreihe „Sponsoring in Österreich“ kommen Personen zu Wort, die von der wirtschaftlichen Seite... Sponsoring in Österreich I Christian Hetterich: „Die Geldgeber sollen Freunde werden“

Sponsoring nimmt im Sport einen hohen Stellenwert ein. Im Zuge der Artikelreihe „Sponsoring in Österreich“ kommen Personen zu Wort, die von der wirtschaftlichen Seite her eng mit dem Fußball verbunden sind. Heute ist Christian Hetterich vom Wiener Sportklub an der Reihe.

Christian Hetterich ist seit elf Jahren für den Wiener Sportklub tätig und für das Fundraising und die Sponsoren verantwortlich. Er gründete 2008 das Unternehmen „Dornbach Networks“, das Wirtschaftsnetzwerk des Wiener SK, welches zum Ziel hat, Menschen rund um die „Schwoaz-Weißen“ zusammenzuführen und den Spielbetrieb mitzufinanzieren. Im Interview lässt er die Zeit seit der Ausgliederung der Fußballsektion aus dem Wiener Sport-Club Revue passieren, die zur Gründung von Dornbach Networks führen. Er erklärt die Schwierigkeit der Sponsorenakquise im Jahr 2012 und wie das tolerante Leitbild der Friedhofstribüne im Sponsoring Niederschlag findet.

Abseits.at: Stellen Sie unseren Lesern einmal Dornbach Networks vor. Wie funktioniert so ein Wirtschaftsnetzwerk und warum gibt es dieses eigentlich überhaupt?

Christian Hetterich: Grundsätzlich habe ich mich schon während meiner Zeit als Clubsekretär immer darum gekümmert, dass Geld reinkommt, durch Bandenwerbung oder Inserate in der Zeitung, im überschaubaren Rahmen. Am Anfang war das ja alles gesichert, da hat der Hauptsponsor 60, 70 Prozent des Budgets getragen und ein bisserl etwas kam über politische Kontakte in die Wirtschaft. Das war genug und die Funktionäre haben sich darum gekümmert, dass der Betrieb läuft, dass die Karten verkauft, die Wäsche gewaschen und die Schuhe geputzt werden. Dann hat es sich im Laufe der Jahre so ergeben, dass zwar die Kosten immer weiter gestiegen sind, das Hauptsponsoring aber in etwa gleich geblieben ist oder sogar weniger wurde. Ganz augenscheinlich war das, als die AXA-Versicherung Österreich von der Uniqa gekauft wurde und diese wollte kein Fußballsponsoring betreiben. Das heißt, uns ist der Hauptsponsor abhanden gekommen. Daraufhin ist Wien Energie vom Co- zum Hauptsponsor umgestiegen und hat in weiterer Folge spürbar weniger gezahlt.

Machen wir mit der Entstehungsgeschichte weiter. Ist es so gewesen, dass die Stadtpolitik im Sinne von „Der Sportklub darf nicht sterben“ eingestiegen ist?

Ich kann das nicht beweisen, aber es war wohl politisch motiviert. Ich denke aber, dass Sponsorings durchaus übergeben werden. Das hat man bei Rapid mit der Bank Austria und Co. gut gesehen. Der Eine gibt dem Anderen die Klinke in die Hand und das ist wohl in der gesamten Sponsoringlandschaft in Österreich so. Zumindest die Hauptsponsorings sind politisch motiviert.

Wie ging es weiter?

Die Uniqa wollte nicht mehr, leider gar nicht. AXA hat in der Red Zac-Liga (Anm.: damaliger Name der Heute-für-Morgen-Erste Liga) mehr als eine Million Euro ausgegeben und sie wären auch in der Regionalliga ein toller Hauptsponsor gewesen. Und dann kam Herbert Dvoracek mit Mass Response als zweiter Hauptsponsor hinzu und es war eigentlich mehr als das. In einem Jahr hat er ausgabenseitig den Vogel abgeschossen: Hohe Spielergehälter, zwei Brasilianer und ein Uruguyaer, dazu ehemalige Bundesligakicker. Dann zeichnete sich ab, dass er den Verein verlassen würde.

Nun sind wir historisch gesehen im Jahr 2007?

Ja, Ende 2007. Ich musste dann einen Weg finden wie man diese Summen auffangen kann. Es war aber von Anfang an klar, dass die Werbewerte in der Regionalliga bei der Geldbeschaffung nicht gerade hilfreich sein werden. Daraus ist dann Dornbach Networks entstanden. Die Unternehmer sollen mit unserer Hilfe miteinander kooperieren und neue Partner kennenlernen. Das hat sich rasant weiterentwickelt und das ist gut so, denn es war unsere einzige Chance, den Verlust des größten Sponsors aufzufangen.

Zum besseren Verständnis: Das, was andere Vereine durch einen Hauptsponsor an Geldern akquirieren, wird von Dornbach Networks gedeckt.

Genau so ist es. Bei uns gibt es zwar mit Wien Energie einen Hauptsponsor, die Klein- und Mittelsponsoren haben deren finanzielle Leistung aber mittlerweile nahezu verdoppelt. Als Haupt-Geldgeber setzt sich also eine Gruppe von typisch mittelständischen Unternehmen für den Wiener Sportklub ein.

Und wie funktioniert das „Wirtschaftsnetzwerk des Wiener SK“ genau?

Die Netzwerkmitglieder sollen Freunde werden und der Sportklub unser gemeinsames Interesse sein. Das ist wie in jeder Beziehung. Gleiches Interesse an ein paar Dingen muss bestehen. Je besser sich die Leute kennen lernen, desto einfacher geht das. Am Beginn stehen eigentlich immer uneigennützige Vorleistungen. Einer hilft dem Anderen, empfiehlt einen guten Zahnarzt, den richtigen Kindergarten oder einen zuverlässigen Installateur. Vorleistungen bauen Vertrauen auf und irgendwann ist der Zusammenhalt so stark, dass die Leute das Netzwerk weiter bereichern wollen, weil es längst zum eigenen Privatleben gehört. Ich bin in diesem Spiel so etwas wie der Animateur, der den Unternehmern und privaten Förderern dabei hilft erfolgreich zu Netzwerken.

Wie sieht ein Engagement beim Netzwerk aus und ist der Dornbacher Weg einer, der Vorbild für andere Vereine?

Ab 1.500 Euro ist man als UnternehmerIn dabei, bei privaten Förderern treffen wir Sondervereinbarungen. Wenn jemand zehn-, zwölf- oder fünfzehntausend Euro einbringen kann und will, nehm ich ihn natürlich mit offenen Armen auf. Nach oben ist die Skala offen. Wenn einer sagt „Mein Unternehmen ist erfolgreich genug, dass ich mir das leisten kann“, ist das gut. Das kann auch auf zwei- oder viermal gezahlt werden – Hauptsache das Geld fließt beständig. Es ist ja schön, wenn in der „saure Gurken“-Zeit im Winter noch etwas kommt (Anm.: Wenn durch nicht stattfindenden Spielbetrieb die Eintrittsgelder ausbleiben). Es ist ein gangbarer Weg und das Hauptsponsoring ist zwar noch immer Usus, wird aber in Zukunft nicht mehr so funktionieren. Die Unternehmen kürzen die Budgets und die Beträge werden immer kleiner. Vor allem: Wenn ein großer aufhört, hast du immer ein Problem.

Das heißt, einem Sponsor einen größeren Geldbetrag zu entlocken ist schwieriger als noch vor zehn Jahren?

Wer sind denn die Sponsoren? Ist es möglich, überhaupt einen Großen zu finden, wenn man nicht groß ist oder vielleicht St. Pauli heißt, die eine wirklich tolle Marketingabteilung haben und „cool“ und „unique“ wirken? So lange du das nicht bist, hast du Argumentationsdefizite. Wir haben ja auch einige Probleme: Die WSC/WSK-Frage ist ungeklärt, wir haben Geldprobleme und ein desolates Stadion. Da muss ja einer schon eher Mitleid empfinden, als große Ziele zu haben.

Wie positioniert man sich angesichts dieser Probleme und dem Umstand, dass es in Wien ja noch Rapid, Austria und die Vienna gibt, die weiter oben spielen? Muss man auch weiter rauf?

Die Vienna im Fernseher zu sehen wäre für mich da eigentlich als Sponsor unattraktiv. Es sind ja die Banden im TV kaum wahrnehmbar und Dienstag um 18 Uhr ist auch keine zuschauerfreundliche Zeit. Wenn jetzt nicht angenommen zufällig ein Funktionär meine Tochter aus dem Eisteich retten würde, würde ich auch in der Ersten Liga kein echtes Großsponsoring betreiben.

Inwieweit ist der große Name und die Geschichte eine Chance oder Bürde?

Der Name ist schon wichtig, aber der WSC spielt ja seit 1994 nicht mehr in der Bundesliga. In der Jugendkultur ist der Name „Wiener Sportclub“ verloren gegangen und dadurch, dass wir weg vom Fenster sind und gar nicht mehr im Fernsehen, wird der WSK nur am Rande wahrgenommen. Wir sind regional, aber die großen Geldgeber sind überregional oder gar global. Wenn ein großes Unternehmen 10 Prozent des Umsatzes ins Marketing steckt und seinen Auftritt in Ottakring und Hernals stärken will, dann geht das. Aber wie viel ist das bei einem Restaurant oder einem Installateur? Der kann dann eben nur 2000 Euro zahlen, wenn überhaupt. Ein Glück haben wir mit unserem wichtigsten Sponsor nach der Wien Energie, mit der „Malerei Nikolaus Schmidt“. Bei dieser Kooperation stimmt einfach alles. Wenn wir einen guten Ruf hätten bei den Entscheidungsträgern, würde uns die Akquisition solcher Partner um einiges leichter fallen. Wenn Einer dem Anderen den WSK als Werbeträger weiterempfiehlt, wäre das toll. Wir haben aber die Grundlage nicht, dafür liegt bei uns zuviel im Argen. Da müsste man schon einen Mäzen finden, der Begeisterung mitbringt, so wie der Herr Dvoracek, nur halt ohne unkompatible Zielsetzungen und mit entsprechenden Soft Skills.

Stört eigentlich die Sponsoren die leidige Geschichte um die Zusammenführung?

Alleine die Story sorgt für Skepsis. Das ist schon ein bisschen wie Don Camillo und Peppone. Die einen sitzen an der Hernalser Hauptstraße, die Anderen an der Alszeile. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich keinem Sponsor einen Dreijahresvertrag geben, weil der Namensnutzungsvertrag 2014 ausläuft. Wenn jemand kommt und einen langfristigen Vertrag will, kann ich das nicht tun. Diese Perspektivlosigkeit nagt an unserer und auch an meiner Substanz. Ich kann Fragen nach dem Danach nicht befriedigend beantworten. Noch nicht und ich werde nicht aufgeben.

Und wird sich das bis 2014 ausgehen, dass WSK und WSC wieder zusammenfinden?

Wenn man es objektiv betrachtet? Nein. Ich sehe noch kein Land in Sicht und das hat Gründe. Beide wollen, aber der WSK hat die wirtschaftliche Situation nach wie vor nicht im Griff. Der WSC war ja bereits in Konkurs und wird sich hüten einen Sanierungsfall in den Verein zu holen und damit neuerlich einer zu werden. Die Verbindlichkeiten des WSK sind über einen langen Zeitraum entstanden und das wird sich in zwei Jahren nicht so einfach bügeln lassen. Welcher Unternehmer legt Hundert oder Zweihunderttausend Euro auf den Tisch und sagt: „Da habt ihr was ihr braucht, tilgt damit eure Schulden!“?

Wie alt sind die Schulden?

Meiner Wahrnehmung nach sind vom Tag der Gründung des WSK an nach jeder Saison Verbindlichkeiten hängen geblieben. Das Geld war immer knapp, auch mit AXA und Mass Response. Dvoracek hat eben nur auf die Mannschaft geschaut und das Drumherum war ihm nicht so wichtig. Meiner Meinung ist das Hauptproblem des WSK die Bewirtschaftung seiner beiden Sportanlagen. Die Kosten für Strom und Gas sind schwindelerregend hoch und nach einem heißen Sommer fliegt dem Verein die Wasserabrechnung nur so um die Ohren.

Dennoch ist der Sportklub irgendwo einzigartig.

Wir sehen, dass die Fankultur der Friedhofstribüne den Weg vorgibt. Jung, links, tolerant, gesellig. Wir sind eigentlich eine Randgruppe, eine Insel der Seeligen. Man versteht sich auch außerhalb des Fußballplatzes. Hier braucht niemand Angst vor psychischer oder physischer Gewalt haben. Man kann mit Kindern und Kegel kommen und das Spiel genießen. Hier kommt man als Fremder zum Match und geht als Freund nach Hause. Das ist sehr sympathisch.

Wird diese Umgebung auch vonseiten von Dornbach Networks genutzt?

In den vergangenen Jahren hat der Ruf der Friedhofstribüne die Kaufentscheidung der Sponsoren stets positiv beeinflusst und es ist mir gelungen vor diesem Hintergrund auch Leute für das Netzwerk zu gewinnen, die vorderhand nichts mit dem Sportklub oder mitunter überhaupt nichts mit Fußball am Hut haben. Dazu haben wir beispielsweise mittlerweile eine kleine Riege Wirtschaftstreibender mit Migrationshintergrund und ich plane ein Netzwerk im Netzwerk namens „Dornbach Networks Migra“. Das ist Richtungsweisend, denn bei uns sind zahlreiche Kinder im Nachwuchs aus der zweiten und dritten Generation. Deren Eltern, die sehr engagiert sind, sind sehr wertvoll für uns. Die Geschäftsleute vom Yppenplatz beispielsweise, sind nicht nur wirtschaftlich erfolgreich, sondern sie pflegen ihre Unternehmen als echte Familienbetriebe. Das macht sie wettbewerbsfähig und krisenresistent und passt absolut zu der Ausrichtung von Dornbach Networks. Sobald diese Gruppe größer geworden ist, können wir starten. Derzeit sind es knapp zehn Unternehmen verschiedenster Kulturpflege. Und es wird „Dornbach Networks Eco“ kommen, für Unternehmen, die auf nachhaltiges Wirtschaften setzen und verstärkt mit dem Thema Erneuerbare Energien arbeiten. Ich möchte dabei helfen Wege und Chancen sichtbar zu machen und damit dem Fußball in Dornbach den Rücken stärken.

Das heißt, man will sich breit aufstellen?

Wenn mir heute ein 2000-Euro-Sponsor ausfällt, ist das ein Prozent vom Dornbach Networks-Budget. Das ist schade, tut mir persönlich sehr weh, ist aber verschmerzbar. Das Volumen darf jedenfalls nicht kleiner werden, denn wir sind gezwungen für stetiges Wachstum zu sorgen. Wir haben eine Realinflation von sechs bis sieben Prozent und das sollte auch vom Hauptsponsor angeglichen werden. Wenigstens die Inflationsrate sollte aufgeschlagen werden. Bei 500.000 Euro gehen da im Jahr somit rund 30.000 verloren und für diesen Kaufkraftverlust müssen andere einspringen.

Letzte Frage: Wird sich die Entschuldung über Dornbach Networks ausgehen?

Nur mit erheblichen Anstrengungen. Um das zu schaffen, brauchen die Fans Perspektiven und die können wir ihnen nur mit der Rückführung des Fußballs in den WSC bieten. Dann könnte es zum nötigen Schulterschluss kommen. Um den Verbindlichkeitsstand entsprechend runter zu drücken, braucht es gute Ideen und viel Geld. Aber dann müsste es schnell gehen. Die Fußballsektion muss in den WSC eingegliedert werden und „guad is“. Der Weg muss eindeutig sein und konsequent beschritten werden. Die Anhänger müssen die Gewissheit haben, dass da die Eisenbahn drüberfährt.

Das Gespräch wendet sich dem Traum von ausverkauften Häusern im ÖFB-Samsung-Cup gegen die Vienna und Rapid zu. Nachdem der Begriff „Juve“ gefallen ist, beendet das Klicken des Aufnahmegerätes alle weiteren Träumereien. Denn dafür ist in Fußballösterreich weitgehend kein Platz mehr.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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