Bundesliga 2.0 – Von murmelnden Tieren, Stegersbach gegen Lustenau, und Austria’s next Top-Alaba
Bundesliga 19.Januar.2014 Roland Fueringer 2
UND JÄHRLICH GRÜSST DAS MURMELTIER. In Österreich kommt der kleine Nager für gewöhnlich gegen Ende November oder dann zu Beginn des Frühjahrs aus dem Holz gekrochen (immer öfter auch zu beiden Zeitpunkten). Und warum? Um seinen Schatten zu bestaunen und uns mitzuteilen, dass wir auch dieses Jahr wieder katastrophale Eispartien auf gefrorenem oder sandigem Untergrund ertragen müssen – bei Minustemperaturen, die Gift für die Zuschauerzahlen sind. Und der österreichische Fußballfan versteht in genau diesen Momenten die Leiden des jungen Bill Murray voll und ganz, die er im winterlichen Filmklassiker alltäglich aufs Neue ertragen muss.
Doch dieses Jahr scheint Bewegung in die Landschaft zu kommen. Oder zumindest scheint die Chance gegeben, dass Bewegung in die Landschaft kommen könnte. Georg Pangl musste, wie es den Anschein macht, seinen Hut nehmen, weil er in einem Interview Interna ausgeplaudert und sich negativ über die Rasenheizungen des Landes geäußert hat. In der hiesigen Landschaft liegen nämlich schlichtweg und de facto viel zu wenige vergraben. Rapids neuer Primus, Michael Krammer, lässt mit einem Vorschlag aufhorchen, die TV-Gelder an infrastrukturelle Maßnahmen zu knüpfen. Ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. Genauso wie die nun aufkommende Bereitschaft der Landesfürsten, endlich auch andere Dinge anzudenken. Zu dieser Diskussion um eine mögliche Ligareform soll dieser Artikel einen kleinen Beitrag leisten, indem ein mögliches Modell in den Raum gestellt wird. Ein Modell der drei Bewerbe.
Bundesliga 2.0
Die 36 Runden dauernde 10er-Liga wird – langfristig und begleitet von verpflichtenden Mindeststandards der Infrastruktur und Nachwuchsausbildung – neu aufgesetzt und in eine 16er-Liga umgewandelt, die schlankere 30 Runden bietet. Drei Vereine als Fixabsteiger und darunter drei kompakte Regionalligen mit Meistern, die den Lohn ihrer Arbeit auch wirklich erhalten, indem sie fix aufsteigen dürfen – wenn sie auch die Mindeststandards erfüllen.
Cup der Zukunft
Um die fehlenden sechs Spiele bzw. je drei Heimspiele, für Abonnenten und nicht zuletzt finanziell für die Vereine, auszugleichen, wird ein neuer Bewerb geschaffen. Ein Cup, der sich an den Football-League-Cup in England anlehnt und an dem ausschließlich die Teams der neu geschaffenen 16er-Bundesliga teilnehmen. Er dauert vier Runden von Achtelfinale bis Finale. Seinen reizvollen Charakter erhält dieser Cup der Zukunft durch eine besondere Auflage: die Jugendklausel. So wird die Bestimmung eingeführt, dass der 18 Mann-Kader zu 50% aus Amateuren und zu 50% aus Profis des A-Kaders bestehen muss. Dazu kommt, dass mindestens fünf Spieler der Startelf unter 19 sind. Die beiden Trainerteams von Kampfmannschaft und zweiter Mannschaft würden gemeinsam diese Vereins-Melange in die KO-Duelle führen.
Pokal der Länder
Der alte und erschreckend unpopuläre ÖFB-Cup bekommt einen neuen Modus, der die regionale Komponente betont und dadurch aufgewertet wird. Im Herbst spielen die besten acht Teams im jeweiligen Bundesland einen Pokal-Landesmeister aus. Im Frühjahr treten dann acht Vereine für ihr jeweiliges Bundesland gegeneinander an. Zwei Bundeslandvertreter (der kleineren Länder, etwa Burgenland und Kärnten) legen noch im Herbst eine Zwischenrunde ein, um von neun auf acht Vereine zu kürzen. Der Pokalsieger qualifiziert sich, so wie bisher auch, für die Europa-League-Qualifikation.
Konkret
Aktuell/alt: Herbst mit 24 Spielen (21 Runden BL, 3 Runden Cup) und Frühjahr mit 18 Spielen (15 Runden BL und 3 Runden Cup)
Bundesliga 2.0/neu: Herbst mit 21 Spielen (16x BL, 2x Cup, 3x Bundesland-Pokal) und Frühjahr mit 19 Spielen (14x BL, 2x Cup, 3x Pokal der Bundeslandsieger)
Je nach Spielplan und Wünschen der Teams kann man aus vier Runden fünf machen, indem die erste Runde mit Hin- und Rückspiel ausgetragen wird. Kürzere und längere Saisonen, WM- und EM-Jahre, werden abgefedert, der Nationalmannschaft zusätzlich Spielraum eingeräumt, wenn es drauf ankommt.
Aufwertung und Mehrwert durch Profilschärfung
Aber was sind nun die wichtigsten Vorteile dieser Ligareform mit drei neuen Bewerben? Allen voran: Es entstehen drei Bewerbe mit geschärftem und spezifischem Eigenprofil. Bewerbe mit Charakter und Wiedererkennungswert. Die somit neben den Fans auch für unterschiedliche Sponsoren mit unterschiedlicher Reichweite und unterschiedlichen Zielgruppen interessanter werden. So könnte etwa ein Geldgeber, dessen Zielgruppe Jugendliche oder junge Erwachsene sind, eher interessiert daran sein, den Cup der Zukunft zu sponsern (eventuell eine Modekette wie H&M oder Esprit), während in den Regionen starke Unternehmen den Bundesländerwettkampf fördern (Supermärkte, Nahversorger, Stromanbieter) und ein potenter Sponsor mit nationalem und internationalem Fokus für die Bundesliga 2.0 gewonnen wird (Wettanbieter oder Brauerei).
Vorteile der Bundesliga 2.0
Der Spielplan im Herbst wird um zwei bis drei Spiele reduziert (drei bis vier BL-Spiele weniger, ein bis zwei Spiele des Cups der Zukunft dazu). Davon profitieren die österreichischen Europacup-Starter, die aktuell immer wieder an der herbstlichen Dreifachbelastung straucheln.
Jedes Team ist in der Bundesliga nur einmal zu Gast. Das wertet die einzelnen Duelle auf und bestehende Abnützungserscheinungen, wie es sie aktuell aufgrund der vier Saisonduelle gibt, sind aus der Welt.
Die Regionalligameister dürfen direkt aufsteigen und müssen nicht in Playoffs ran. Sportlich eindeutig fairer. Es ist nicht mehr die halbe Liga im Abstiegskampf, wie es aktuell der Fall ist, das mittlere Tabellendrittel kann sich stabilisieren, langfristig planen und muss nicht in einer Nacht- und Nebelaktion Wundertüten aus dem Ausland anschaffen.
Eine 16er-Liga hat insgesamt 240 Spiele, die man an Sky und Co. verkaufen kann. Die aktuelle 10er-Liga hat nur 180. Erste Liga und Bundesliga kommen sich bei den Spielzeiten (der bei Fans beliebte Freitagabend wäre wieder im Programm)nicht mehr gegenseitig in die Quere. Die Regionalligen könnten ihre Vermarktung über regionale oder lokale Sender forcieren. Der Umstand, die zweithöchste Spielklasse zu sein und dass der Meister direkt in die Bundesliga aufsteigen darf, führt zu einer zusätzlichen Aufwertung.
Vorteile des Cups der Zukunft
Die Bundesliga sowie der Pokal der Länder bringt die Teams in den europäischen Wettstreit, der vom Nachwuchs getragene Cup der Zukunft wird dagegen mit höherem bis sehr hohem Preisgeld dotiert, das an Investitionen im Nachwuchsbereich zweckgebunden ist. Es liegt im Interesse der Vereine, hier weiterzukommen. Eine Aufwärtsdynamik ist denkbar: Besserer Nachwuchs, im Cup erfolgreicher, mehr Gelder für den Nachwuchs, besserer Nachwuchs, im Cup erfolgreicher …
Die Trainer der Kampfmannschaften werden gezwungen, den Nachwuchs genau zu beobachten und gezielt Spieler auch bei der Ersten mittrainieren zu lassen, vor allem in den Wochen vor den vier Runden.
Austria’s next Top-Alaba: Junge Talente können unter Wettbewerbsbedingungen aufzeigen, nicht nur im sporadischen Training, wie es jetzt der Fall ist.
Mehrwert für Journalisten und Fans durch einerseits taktische und individuelle Feinheiten der Kombination zweier Teams zu einer Elf und andererseits durch den Blick auf den Nachwuchs, die Stars von morgen: „Gemma die Buam anschaun. Die brauchen uns!“
Eine durchgängige vereinseigene Spielphilosophie vom Nachwuchs zu den Profis wird wichtiger, damit die Jungen im Cup auch funktionieren und daher eher forciert.
Die jetzige Verbannung der Nachwuchsteams in die Regionalligen, die bei vielen großen Vereinen für Ärger sorgt und von manchen besonders Großen auch besonders dreist umgangen wird, wiegt abgeschwächt, da in den 1-4 oder 2-5 Runden jeweils der halbe Nachwuchskader auf gutem Niveau gefordert wird.
Der Zwang, in diesem finanziell lukrativen Bewerb auf die eigene Jugend zu setzen, könnte in Fragen der Kaderplanung bei 50:50-Entscheidungen, ob man dem Talent schon eine echte Chance gibt oder doch lieber auf den älteren und gestandenen Legionär setzt, den Ausschlag in Richtung Nachwuchs geben.
Vorteile des Pokals der Länder
Alte Klassiker leben wieder auf. Duelle, die es schon lange nicht mehr gegeben hat, werden im Kampf um den Bundesland-Titel – Wer ist die Nummer Eins von Wien? Wer die in Salzburg? Wer in der Steiermark? – nicht nur möglich, sondern de facto häufig zu sehen sein. Duelle wie Rapid gegen Sportklub, Austria gegen Vienna, Sturm gegen GAK oder LASK gegen Wels finden dann fast jährlich statt. Was interessanter ist als 90% der Begegnungen der diesjährigen ersten Cuprunde à la Pinkafeld vs. Neumarkt oder Stegersbach gegen Lustenau.
Verkürzte Anreisezeiten innerhalb eines Bundeslandes und lokale Rivalitäten lassen ein Zuschauerplus erwarten. Zuerst gibt es regionalen Charme und dann das Kräftemessen der Bundesländer gegeneinander.
Ein Hauptargument gegen eine 16er-Liga seitens der Wiener Vereine (Rudolf Edlinger als wirkmächtigster Bremsklotz) war stets die Reduktion der lukrativen Derbys von vier auf zwei. Im Modus des Pokals der Länder ist ein drittes Aufeinandertreffen der beiden Großklubs mehr als nur realistisch. Ein eventuelles „Finale um Wien“ wäre dazu ein krönendes Herbsthighlight. Selbiges gilt, wenn auch in etwas schwächerer Form, natürlich für alle Bundesländer.
Ein Modell, das nur Vorteile bringt, die eierlegende Wollmilchsau, ist ein Ding der Unmöglichkeit. So hat auch dieser Reformvorschlag selbstverständlich Nachteile und Schwächen. Der Artikel versteht sich aber vor allem als Diskussionsgrundlage.
Zusammenfassung (zum Vergrößern klicken!)
Roland Füringer, abseits.at
Roland Fueringer
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