Der peruanische Stürmer in Diensten des Hamburger SV ist als leicht reizbarer Heißsporn bekannt, der sowohl auf dem Spielfeld als auch abseits des Platzes zu Verhaltensauffälligkeiten neigt. Seine völlig indiskutable Attacke gegen den Stuttgarter Torwart Sven Ulreich am vergangenen Samstag gehört allerdings zur übelsten Sorte Foulspiel, die der Fußball zu bieten hat.
Nach nicht einmal 50 Minuten im eigenen Stadion 0:3 zurückzuliegen ist frustrierend, keine Frage; sich um einen Elfmeter geprellt zu fühlen – ob berechtigterweise oder nicht – ebenso. Diesen Frust aber in einem 40 Meter-Sprint zu kanalisieren, an dessen Ende ein karatewürdiger Sprung mit gestrecktem Bein auf Kniehöhe gegen den gegnerischen Torwart steht, ist derart jenseitig, dass Guerrero sogar von den eigenen Fans den Vogel gezeigt bekam. Erschwerend kommt hinzu, dass Guerrero keine Chance hatte, den Ball zu spielen, der überdies gerade im Begriff war, neben der Eckfahne ins Seitenout zu kullern und der vom Stürmer von hinten gefoulte Torwart die gemeingefährliche Attacke nicht nur nicht kommen sehen konnte, sondern sie wohl nicht einmal im Traum erwartet hat.
Obwohl Guerrero eine schwere Verletzung seines Gegenspielers nicht nur billigend in Kauf nahm, sondern angesichts der Umstände möglicherweise sogar beabsichtigte, reichte es laut Aussage des gefoulten Sven Ulreich nur zu einer knappen Entschuldigung nach dem Spiel. Auch gegenüber den Medien war Guerrero nicht wesentlich redseliger:
„Es war eine dumme Aktion von mir, alles ist schiefgelaufen. Dafür entschuldige ich mich bei meinen Mitspielen und den Zuschauern.“
Mitnichten. Entschuldigen sollte sich Guerrero in erster Linie und ebenso aufrichtig wie öffentlich bei Sven Ulreich; Teamkollegen, Trainer, Klub und Fans können solange warten. In weiterer Folge sollte Guerrero ernsthaft darüber nachdenken, ob er für den Beruf des Profifußballers wirklich geeignet ist – denn Fans während eines Spiels zum Faustkampf nach Schlußpfiff aufzufordern, Schiedsrichter wegen eines Elfmeterpfiffs derart unflätig zu beschimpfen, dass sechs Spiele Sperre verhängt werden, Plastikflaschen auf Zuschauer zu werfen und Gegenspieler nach Frust und Laune umzunieten sind nicht gerade Zeichen ausgedehnter psychischer Belastbarkeit.
Pikanterie am Rande: Der HSV in Gestalt von Sportdirektor Arnesen lässt offen, ob gegen die vom DFB-Sportgericht zu verhängende Strafe Berufung eingelegt wird:
„Wir warten das Urteil ab. Dann sehen wir, ob es angemessen ist.“
Eine Größenordnung von drei Spielen Sperre würde der Klub laut Arnesen mehr oder minder zähneknirschend akzeptieren – was angesichts der beachtlichen Liste an Verfehlungen des Peruaners und der Schwere des Vergehens kaum angemessen erscheint. Darüber sollten beispielsweise all jene Gedanken machen, die es als Erfolg ansehen, Wayne Rooneys Strafmaß für den bösen Tritt im Qualifikationsspiel gegen Montenegro bei der UEFA von drei auf zwei Spielen heruntergehandelt zu haben. Konsequenz und Vorbildwirkung sehen wahrlich anders aus.
(Lichtgestalt)
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