Verwundbares Mittelfeld, gefährliche Angreifer: Das ist die Offensive von Rapid-Gegner PAOK!
Europa League 19.August.2012 Daniel Mandl 3
In den letzten beiden Informationen über PAOK Saloniki beschrieben wir den Verein und dessen Standing im In- und Ausland, sowie das System, den Torhüter und die Abwehrkette der Griechen. Im heutigen dritten und letzten Teil unserer ausführlichen Teaminfo beschäftigen wir uns mit dem Mittelfeld und dem Angriff, wo mit Dimitris Salpingidis auch der Star des Teams zu Hause ist…
Das zentrale Mittelfeld
Der defensivste Mittelfeldspieler der Griechen ist der Rumäne Costin Lazar (31). Er spielt seit einem Jahr für PAOK und agiert von Strafraum zu Strafraum. Bereits bei Rapid Bukarest war Lazar immer stark davon abhängig, ob seine Vorderleute ohne Ball gut antizipierten oder nicht. Wenn er viele bewegliche Anspielstationen vorfindet, kommen seine Pässe präzise an und er kann den Ball gut im Mittelfeld verteilen. Allerdings ist er kein typischer Spielmacher, der ein Spiel total an sich reißen kann, oder es in der Etappe dominant kontrolliert. Er gibt keinen Ball leichtfertig her und hat gute Passquoten, aber außergewöhnliche Bälle sind Mangelware. Lazar gilt als ruhiger Spieler, der nicht besonders aggressiv in seine Zweikämpfe geht, dafür aber mit gutem Stellungsspiel punktet. Sein Verhalten in Kopfballduellen ist eine seiner größeren Schwächen. Grundsätzlich ist der 17-fache Teamspieler, der in der vergangenen Saison bei PAOK etwas besser spielte als zuvor bei Rapid Bukarest, aber ein solider Defensivmann. In der letzten Saison erzielte er in 37 Pflichtspielen vier Tore (davon ein Elfmeter) und steuerte fünf Assists bei.
Wer der zweite zentrale Mittelfeldspieler ist, hängt davon ab, wie defensiv oder offensiv PAOK spielen möchte. Vor allem im Heimspiel ist es wahrscheinlicher, dass der offensivere Giorgos Fotakis (30), ein aktueller griechischer Teamspieler (12 Länderspiele/2 Tore) beginnt. Fotakis spielt seit drei Jahren bei PAOK und ist bei den Fans nicht unumstritten. Er wird häufig dafür kritisiert, dass er auf seiner relativ offensiven Position zu wenig Effektives zum Spiel beiträgt. Fotakis spielte bei PAOK bereits auf jeder Mittelfeldposition, aber trotz seiner guten Ballkontrolle und Ruhe wurde er nie zu einem technischen Chef im PAOK-Mittelfeld. Zudem macht er Fehler in Rückwärtsbewegung und begeht zahlreiche Fouls auf der Zentralachse.
Einen defensiveren Part würde der Uruguayer Pablo Garcia (35) spielen. Der 65-fache Teamspieler (letztes Spiel 2007) stand bereits bei Real Madrid und Milan unter Vertrag, konnte sich aber bei beiden Teams nicht durchsetzen. Mittlerweile spielt er seit vier Jahren für PAOK und ist seitdem aus dem Team kaum wegzudenken. Pablo Garcia ist ein langsamer, defensiver Mittelfeldspieler, der jedoch großes Gespür für Raum und Zeit hat. Er ist enorm ruhig am Ball, macht wenige Fehler und arbeitet sehr hart für das Team. Zudem schießt er wie Lino gute Freistöße. Pablo Garcias Probleme liegen im Bereich der Spritzigkeit und Agilität, die nun doch merklich abnimmt. Zudem schaltet er sich nur noch sehr selten in die Offensive ein und ermöglicht es Costin Lazar im Falle einer Doppelsechsaufstellung Box-to-Box zu spielen. Er ist ein sehr sicherer Spieler, aber auch einer, den man mit der nötigen Dynamik ins Wanken bringen kann.
Ernstzunehmende Alternativen von Beginn an gibt es auf den beiden zentralen Mittelfeldpositionen nicht: Der Albaner Ergys Kace (19) wird bereits seit 2010 von PAOK aufgebaut, wurde zudem zweimal gegen Bnei Yehuda eingewechselt, aber so früh in der Saison wird er keinen entscheidenden Sprung in Richtung erste Elf machen. Exakt dasselbe gilt für den offensiveren Dimitris Pelkas (18), der im Heimspiel gegen Bnei Yehuda nach seiner Einwechslung den Schlusspunkt zum 4:1 setzte. Pelkas gilt als Talent, aber ist anders als etwa Stafylidis kein Spieler, den man unbedingt forcieren müsste.
Eine interessante Alternative für die defensivere Mittelfeldposition ist Kostas Panagiotoudis (17), der letzte Saison drei Spiele in der Liga absolvierte und sogar einen Treffer als defensiver Mittelfeldspieler erzielte. Er wird jedoch maximal auf der Bank Platz nehmen.
Das rechte Mittelfeld
In der neuen Saison dürfte der flexible Flügelspieler Giorgos Georgiadis (24) gesetzt sein. In der Vorsaison war er noch ein typischer Wechsler, kam in der Liga 14mal von Beginn an zum Einsatz und wurde 16mal eingewechselt, erzielte dabei zwei Tore. Er machte jedoch im Sommer einen großen Schritt nach vorne und wird nun zum Stamm gehören. Der dreifache griechische Teamspieler ist sehr schnell und durchschlagskräftig. Dabei ist er nicht unbedingt trickreich, aber er sucht schnell die Wege von außen nach innen. Er geht weniger zur Grundlinie, sondern spielt seine neu gefundene Position (in der Vorsaison und davor, bei Panserraikos, spielte er häufiger am linken Flügel), „robbenesk“. Bei seinen Assists (letzte Saison vier Stück) sucht er Pässe in die Schnittstellen, gegen die Laufrichtung der gegnerischen Abwehrkette. Probleme hat Georgiadis beim Umschalten auf Defensive und es passiert nicht selten, dass er nach einem Ballverlust stehenbleibt. Womöglich schob man ihn deshalb auch auf die rechte Seite, weil der Kontrast mit dem defensiv besseren Außenverteidiger Etto eher gegeben ist, als auf der anderen Seite bei Lino.
Sein Ersatzmann ist seit dieser Saison der Ire Liam Lawrence (30). Wie Georgiadis ist auch Lawrence beidbeinig und kann auf beiden Flügeln spielen. Zuletzt kickte er für Portsmouth, Stoke und Cardiff. Er kann seinen Körper bullig in Körper und Ball legen und ist daher trotz durchschnittlicher Schnelligkeit sehr durchschlagskräftig. Er ist ein unermüdlicher Läufer, der defensiv härter arbeitet als Georgiadis. Allerdings ist es noch nicht absehbar wie er sich mit dem griechischen Spielstil anfreunden wird. Er wechselte gerade erst zu PAOK und spielte vorher nur in England.
Nach der Verpflichtung von Lawrence hat der junge Stelios Kitsiou (18) nur noch Außenseiterchancen auf einen Platz im Kader.
Das linke Mittelfeld
In der Vorsaison spielte der auf Reunión geborene Franzose Bertrand Robert (28) eine durchwachsene Spielzeit. Er ist ein ähnlicher Spieler wie Georgiadis auf der gegenüberliegenden Seite, allerdings arbeitet er nicht so sehr mit seiner Schnelligkeit, sondern stärker mit Technik. In Frankreich setzte er sich aufgrund der großen Anforderungen im Defensivspiel nicht durch. Ebenso wie Georgiadis hat er seine Schwächen im Umschaltspiel von Offensive auf Defensive, hinzu kommt mangelndes Kopfballspiel. Selten kam Robert auch als Stürmer zum Einsatz, allerdings zumeist ohne Erfolg. Er ist kein großer Knipser, allerdings auch kein typischer Vorbereiter. Man kann die linke Seite in der Konstellation Robert-Lino als Schwachstelle von PAOK bewerten, zumal sie bei Kontern anfällig ist. Und auch vom offensiven Standpunkt aus betrachtet ist Georgiadis im Vergleich mit Robert eher derjenige, vor dem man Respekt haben sollte.
Ersatzmann für Robert ist Georgiadis selbst. Wenn der Franzose nicht spielt, wovon aber nicht auszugehen ist, spielt Georgiadis links und Lawrence rechts. Der junge Dimitris Popovic (17) ist aktuell noch keine Alternative.
Die Angreifer
Der beweglichere der beiden Stürmer ist Kapitän Dimitris Salpingidis (30), der natürlich bestens bekannt ist. Der 60-fache Teamspieler war bereits griechischer Torschützenkönig und kehrte nach Intermezzi bei Panathinaikos (44 Ligatore in vier Jahren) und Kavala vor zwei Jahren zu seinem Stammverein PAOK zurück. Salpingidis spielt rechtslastig und ist trotz seiner geringen Größe von nur 172cm ein körperlich sehr robuster Spieler mit niedrigem Schwerpunkt. Daher – und aufgrund seiner Schnelligkeit – ist er nur sehr schwer vom Ball zu trennen. Auch im Kopfballspiel ist Salpingidis, der mit gutem Timing ausgestattet ist, nicht zu unterschätzen. Die Schwächen des hart arbeitenden Rechtsfußes liegen zeitweise im Kurzpassspiel, das sich manchmal als zu unpräzise präsentiert, und aktuell auch im Abschluss. Seit Salpingidis wieder bei PAOK spielt, leidet er unter akuter Ladehemmung, vergibt zu viele Topchancen und läuft vor allem häufig ins Abseits. Dennoch ist er aufgrund seiner Arbeitsrate ein sehr wichtiger Spieler fürs Team und hilft dem defensiv ausgerichteten zentralen Mittelfeld, indem er zuerst schnell und dann abwartend hinter den Ball kommt.
Der offensivste Spieler ist Stefanos Athanasiadis (23), der als moderner Strafraumstürmer bezeichnet werden kann. Zwar arbeitet er nicht viel nach hinten, allerdings ist er ohne Ball sehr beweglich und legt häufig einen Zickzackkurs ein, um seine Gegenspieler abzuschütteln. Er ist gut im Abschluss und zögert bei seinen Torschüssen nicht lange, sondern versucht die Bälle, die er bekommt, mit wenigen Ballberührungen zu verarbeiten. Zudem fungiert er als Prellbock in der körperlich nicht außergewöhnlich starken PAOK-Offensive. Er kann Bälle mit seinem Körper abdecken, halten und behaupten und schließlich auf die beweglichen Hintermänner ablegen. Auch im Kopfballspiel ist Athanasiadis stark, auch wenn er nur eines seiner zwölf Saisontore 2011/12 per Kopf erzielte.
Erster Ersatzmann ist Apostolos Giannou (22), der neben der griechischen auch die australische Staatsbürgerschaft besitzt. Er ist zwar ein ähnlicher Typ wie Athanasiadis, spielt jedoch eher in die Breite und ist auch immer wieder am Flügel anzutreffen (eher rechts). Im Gegensatz zu Athanasiadis spielt er nicht derart zielgerichtet.
Eine Unbekannte stellt noch Sambegou Bangoura (30) dar, der gerade von Panserraikos zu PAOK wechselte und bisher in keinem Matchkader stand.
Aufstellung gegen Bnei Yehuda auswärts (2:0)
Aufstellung gegen Bnei Yehuda heim (4:1)
Aufstellung im Testspiel gegen Xanthi (2:1)
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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