Branko Boskovic erneut bei Rapid – welche neuen Möglichkeiten eröffnet die Rückkehr?
Fußball in Österreich 27.Januar.2013 Alexander Semeliker 1
Kurz bevor der SK Rapid Wien ins Trainingslager abhob wurde die erneute Verpflichtung von Branko offiziell verkündet. Doch die zweite grünweiße Ära des Montenegriners überzeugt längst nicht jeden Fan. In diesem Artikel beleuchtet abseits.at die Probleme und Potentiale. Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich für Peter Schöttel? Wo hat Boskovic Platz? Welche Rolle kann er spielen? Was bedeutet seine Rückkehr für die Youngsters?
Die Torausbeute des 32-Jährigen bietet durchaus großen Raum für Kritik, dennoch haben die nackten Zahlen auch gezeigt, dass er in der Vergangenheit eine wichtige spielerische Entlastung für Steffen Hofmann war. Dies erwartet man sich auch in den nächsten eineinhalb Jahren von ihm. Branko Boskovic, so Rapid-Trainer Peter Schöttel, könne sämtliche Positionen im zentralen Mittelfeld – egal ob Sechser, Achter oder Zehner – spielen. Was sich zunächst sehr simpel anhört, kann aber weitreichende Folgen haben. Dementsprechend sollen die einzelnen Szenarien im Folgenden durchgespielt werden.
Boskovic als Achter
Als nächstliegende Lösung wird der Einsatz des Rückkehrers als Teil der Doppelsechs gesehen. Gemeinhin impliziert dies, dass ihm ein lauf- und zweikampfstarker Spieler an die Seite gestellt wird. Während seiner letzten Zeit in Wien übernahm diesen Part Markus Heikkinen. Doch der Finne ist von den damaligen Leistungen mittlerweile weit entfernt, weshalb ein Duo mit ihm an Boskovics Seite äußerst unwahrscheinlich erscheint. In den letzten Wochen des Herbsts hat sich nämlich Harald Pichler als absichernder Part herauskristallisiert.
Der gebürtige Kärntner zeigte dabei vor allem einen großen Entwicklungssprung in seinen technischen Fähigkeiten. Verbunden mit seinen defensiven Qualitäten könnte dies dafür sorgen, dass Boskovic im Spielaufbau deutlich höher agieren könnte und den Druck auf Hofmann noch ein größeres Stück senken könnte. Allerdings stellt sich dann die Frage, ob es den restlichen Spielern gelingt überhaupt den Ball in diese höheren Zonen zu bringen oder ob sich aufgrund deren mangelnder Aufbaufähigkeiten ein ähnliches Vakuum zwischen den Sektionen ausbildet wie im letzten Derby.
Boskovic als Sechser
Schöttels Idee damals war, die Austria mit einem ballbesitzorientierten Spiel im Mittelfeld zu dominieren, was allerdings aufgrund des oben genannten zentralen Lochs nicht aufging. Es ist deshalb denkbar, dass Schöttel diesen Plan verbessern will und dabei nicht auf den rustikalen Pichler sondern auf Muhammed Ildiz als Partner von Boskovic setzt. Die beiden scheinen zunächst sehr ähnliche Spielertypen zu sein, dennoch gibt es in ihrem Spielstil einen kleinen, aber feinen Unterschied: die Reichweite. Als Vergleich kann man sich an dieser Stelle die Situation bei Borussia Dortmund nach der Rückkehr von Nuri Sahin vorstellen.
Ildiz ist ein dynamischer Spieler, der den Ball am liebsten nach vorne trägt und mit schnellen Dribblings aufwarten kann. Er bevorzugt das Kurzpassspiel, hat also eine kurze Reichweite. Boskovic hingegen ist ein klassischer Stratege, zeichnet sich durch strukturierte und ordnende Pässe aus der Tiefe aus. Spielverlagerungen, Tempo- und Seitenwechsel – das sind die Dinge, die ihn von Ildiz unterscheiden. Dennoch musste der 21-Jährige meist als tiefliegender Spielmacher agieren, was er zunächst mehr als ordentlich machte. Mit Fortdauer der Saison wurde er aber von den Gegnern zusehends isoliert, weswegen erst recht wieder die spielerisch schwächeren Akteure den Spielaufbau über hatten.
Mit der Hereinnahme von Boskovic wäre eine derartige Isolation nicht möglich. Die Staffelung entlang der Zentralachse würde somit Boskovic (Sechser) – Ildiz (Achter) – Hofmann (Zehner) lauten, was aufgrund der weitreichenden technisch äquivalenten Fähigkeiten der drei zudem durchaus flexibel wäre und nicht als permanent betrachtet werden soll. Ein berechtigter Einwand ist an dieser Stelle die Frage nach den Abläufen in der Rückwärtsbewegung. Weder Boskovic noch Ildiz gelten als besonders zweikampfstark. Auch die vermeintliche Stärke des Montenegriners das Spiel lesen zu können, ist gemessen an den Daten seiner Amerika-Zeit nicht mehr als ein Mythos. In der MLS fing Boskovic nämlich kaum mehr als einen Pass pro Spiel ab.
Boskovic als Zehner
Es wird daher in erster Linie von der Philosophie von Schöttel abhängen ob und wie oft man eine Doppelsechs bestehend aus Ildiz und Boskovic sehen wird. Ebenfalls eine interessante, aber auch mit Lücken verbundene Möglichkeit ist, Boskovic auf die Zehnerposition zu stellen und dafür Hofmann auf die Seite zu ziehen. Dies wäre insofern sinnvoll, als man dadurch den Ansatz vom Saisonstart erneut aufgreifen könnte. Eine Variante wäre, mit Hofmann und Guido Burgstaller auf den Flügeln zu agieren, die beide nicht zum Typus des klassischen Außenstürmers zu zählen sind.
Beide legen ihr Spiel äußerst zentral an, was den Außenverteidigern die Möglichkeit zum Aufrücken gibt, und sind technisch stärker als die zu Saisonbeginn eingesetzten Christopher Drazan und Deni Alar. Zudem könnte eine derartige Formation auch in ein 4-3-2-1 übergehen, wenn sich Boskovic fallen lässt, was einer Stärkung des zentralen Mittelfeldblocks bedeuten würde. Allerdings geht vor allem Hofmann nicht immer konsequent die weiten Wege nach hinten mit, was dazu führen könnte, dass der entsprechende Außenverteidiger relativ leicht überladen werden könnte.
Was für Weber gesprochen hätte
Auch wenn Schöttel in den Interviews nach der Verpflichtung von Boskovic vom Neuzugang schwärmt dürfte dieser trotzdem nicht seine erste Wahl gewesen sein. Medienberichten zufolge interessierte sich Rapid nämlich auch für Manuel Weber vom SK Sturm Graz. Ein möglicher Grund für die Präferenz des 27-Jährigen könnte der angestrebte Weg Schöttels sein, vermehrt auf die Jugend zu setzen. Damit ist selbstverständlich nicht der Vergleich des Sturm-Kapitäns mit Boskovic gemeint, sondern der durchaus mögliche Fall, dass aufgrund dessen Rückkehr aufstrebenden Talenten im zentralen Mittelfeld wertvolle Spielzeit und damit Erfahrung entgehen könnte.
Die erläuterte Variante mit dem Tandem aus Ildiz und Boskovic ist nämlich vor allem in Spitzenspielen ein großer Unsicherheitsfaktor. Weber mag zwar kein spektakulärer Spieler wie Boskovic sein, dennoch bringt er mehr Balance mit. Er wäre daher weniger als Konkurrent zu Ildiz und Dominik Wydra, der vor allem in der Europa League eine Talentprobe ablegte, zu sehen gewesen, sondern als Ergänzung zu ihnen. Plant Schöttel mit der erstgenannten Variante müssen die beiden Zugeständnisse machen, würden aber wohl trotzdem regelmäßige Einsätze bekommen, denn Boskovic hat nach einer Knieverletzung kaum ein Spiel über die volle Distanz absolviert.
Alexander Semeliker, abseits.at
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