Problemanalyse zum Niedergang des Serbischen Teams: Ist Mihajlovic der richtige Trainer?
Weitere Länder 26.März.2013 Rene Maric 1
Vor und nach der 2:0-Niederlage in Zagreb gegen Erzrivale Kroatien gab es große Kritik der serbischen Fußballfans an Mannschaft, Verband und Trainer. Dabei richteten sich die kritischen Worte hauptsächlich den letzteren Zwei – der Mannschaft wurde trotz mangelnden Leistungen in den letzten Wochen und Monaten kaum etwas vorgeworfen.
Auch nach der Niederlage gegen Kroatien wurden die Spieler weitestgehend von Kritik verschont. Begründung dafür: Sie können es schlicht nicht besser. Wieso sie es aber nicht besser können, liegt vorrangig an der Spielerwahl des Trainers und sportpolitischen Hintergründen des Verbandes.
Sinisa Mihajlovic – Trainer oder Marionette?
Mihajlovics Amtsantritt wurde mit gemischten Gefühlen begleitet. Einige hielten es für eine gute Verpflichtung. Immerhin hatte Mihajlovic bereits Erfahrung in der Serie A, hatte Catania Calcio vor dem Abstieg bewahrt und es gab angeblich sogar Interesse von Inter Mailand, wo er zu Beginn seiner Trainerkarriere Assistenztrainer Mancinis gewesen war. Als ehemaliger Nationalspieler und toller Techniker sollte er auch im Stande sein, von seinen Spielern Respekt zu bekommen und sie individuell weiterzuentwickeln – so war jedenfalls die Logik.
Andere wiederum sahen Mihaljovic überaus skeptisch. Einerseits gab es bereits Probleme bei zwei seiner Trainerstationen. Sowohl bei Bologna als auch beim AC Florenz wurde er wegen schlechter Leistungen entlassen. Im Training beim AC Florenz äußerte er sich sehr abfällig gegenüber dem serbischen Nationalspieler Adem Ljajic und fiel durch einige merkwürdige Maßnahmen auf.
So spielte er einmal selbst im Training mit und ordnete sich selbst als Manndecker auf Ljajic ein. Diese Manndeckung übte der Trainer dann auf eine etwas merkwürdige Weise aus – immer wieder soll er ein paar versteckte Fouls oder übertriebenes Einsteigen eingebaut haben. Nach Ljajics Kritik setzte er den Jungstar auf die Bank und äußerte sich abfällig über ihn; immerhin muss man als Profi ja auch etwas aushalten können.
Diese zwischenmenschlichen Probleme setzten sich dann auch bei der serbischen Nationalmannschaft fort. Der talentierte Nemanja Matic wurde aus dem Kader gestrichen, weil er angeblich nicht unter Mihaljovic spielen will – laut Matic selbst soll er das aber angeblich nie gesagt haben.
Desweiteren forderte Mihaljovic das Mitsingen der Hymne. Wer die Hymne nicht mitsingt, darf nicht spielen. Um dies zu gewährleisten, unterschrieben alle Spieler einen Kodex. Adem Ljajic wurde dann aus dem Kader geschmissen, weil er sich diesem Kodex aus religiösen Gründen widersetzte. Unabhängig davon, ob diese Suspendierung wegen Bruchs mit einem Kodex (welcher Art auch immer), gerecht ist oder nicht, muss man etwas Kritik anbringen. Welcher Trainer eines multiethnischen Landes wie Serbien kommt auf die Idee das Mitsingen einer Hymne durch einen Vertrag zu forcieren?
Die Kritiker scheinen also Recht zu behalten. Doch es gibt noch zwei weitere große Kritikpunkte.
Mangelnde Taktik
Einer davon betrifft die fachliche Kompetenz Mihajlovics. Der serbische Nationaltrainer gilt eher als Motivator und Verbesserer individualtaktischer Stärken, denn als jemand, der einer Mannschaft ein passendes Konzept einimpfen kann. Dieser Mangel wirkt sich auch sichtbar auf die Taktik aus.
Im Spielaufbau ist man trotz des spielstarken Matija Nastasic und seinem im Aufbauspiel überaus soliden Partner Neven Subotic maximal mittelmäßig. Das liegt an der Aufstellung im zentralen Mittelfeld. Hier gibt es im am häufigsten genutzten 4-4-1-1-System kaum eine pressingresistente oder kreative Anspielstationen.
Zumeist agiert man mit zwei Zerstörern, die zwar die Position und Aufteilung wechseln, aber sich durch diesen viel zu simplen Trick kaum befreien können. Desweiteren fehlt es an einem Verbindungsspieler in der Mitte. Die beiden Sechser rücken nur selten mit nach vorne auf, der hängende Stürmer kann wegen der Unterzahl und der großen Distanz meist von seinen Mitspielern isoliert werden. Meistens spielt dort das große Talent Djuricic, dem aber die Durchsetzungsfähigkeit gegen mehrere Gegner fehlt – keine Kritik an ihm, er ist lediglich ein Opfer einer unpassenden Taktik.
Manchmal wird versucht dies durch einen einrückenden Flügelspieler zu kompensieren. Zumeist ist das der linke Außenstürmer, denn hinter ihm spielt der verkappte Spielgestalter der Serben, Aleksander Kolarov. Kolarov gilt als sehr offensivstarker Linksverteidiger, weswegen er im Angriffsspiel weit und hoch mitaufrückt. Die restliche Abwehrkette schiebt nach – aber auch das ist ein simpler taktischer Kniff, der zudem auch suboptimal ist.
Kolarov soll nämlich Kreativität entfachen, ist aber kein kreativer Spieler und auch nicht besonders kombinationsstark. Er kann sich mit seiner Athletik zwar im Dribbling durchsetzen, dank seiner Schussstärke ist er im letzten Spielfelddrittel gefährlich und kann auch gute Flanken bringen, doch dazu muss man erst soweit kommen. Ohne die nötige Kreativität in der Mitte scheitert es meist im Mittelfeld und Kolarovs offensive Positionierung wird dann zu einem zweischneidigen Schwert.
Er steht zu hoch, öffnet Räume hinter sich, bringt aber keinen Mehrwert. Diese taktischen Diskrepanzen wurde bei der 2:0-Niederlage gegen Kroatien besonders sichtbar. Die Sechser und Außenverteidiger zeigten sich im Aufbauspiel wackelig; es war ausgerechnet Kolarov, der mit zwei individuellen Fehlern die Tore für den Erzrivalen vorbereitete. Kroatien dominierte die erste Hälfte klar und besonders im zentralen Mittelfeld gab es einen klaren Vorteil für die „Feurigen“.
Sie hatten hier, im Gegensatz zu Serbien, zwei sehr kreative Spieler im zentralen Mittelfeld. Das Pärchen Kovacic und Modric bewegte sich intelligent, Modric übernahm den vertikalen Part und nutzte seine Fähigkeiten in der Ballbehauptung; Serbiens Zerstörerduo hatte dem kaum etwas entgegenzusetzen. Kovacic und Modric wurden von kreativen, einrückenden Flügelstürmern ergänzt, ein weiterer Aspekt, der den Serben fehlt.
Dadurch konnte sich Kroatien in der zweiten Hälfte zurückziehen, aufs Kontern verlegen und tief stehen. Serbien hatte den Ballbesitz, aber konnte damit nichts anfangen. Djuricic kam nie in den Zwischenlinienraum, Tosic gilt ohnehin als Schönspieler und die Mittelstürmer enttäuschen bei den Serben ohnehin fast schon traditionell.
Abgesehen von der Taktik und den zwischenmenschlichen Problemen gab es noch einen dritten großen Kritikpunkt an Mihajlovic. Dieser war von der Logik her ein ganz einfacher – wenn der Verband Mihajlovic will, dann kann schon etwas nicht stimmen. Diesem Aspekt widmen wir uns im nächsten Teil.
Rene Maric, abseits.at
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