Nach einer gesamten Qualifikation mit Marcel Koller als Teamchef ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen. Wie gut schnitt die österreichische Nationalmannschaft unter... Zwei Jahre Marcel Koller und der Vergleich mit den Vorjahren: Tadellose Statistiken und der Aufbau einer Spielphilosophie

Marcel KollerNach einer gesamten Qualifikation mit Marcel Koller als Teamchef ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen. Wie gut schnitt die österreichische Nationalmannschaft unter dem Schweizer statistisch ab, wie sind diese Statistiken einzuschätzen und wie verhält sich Kollers Bilanz zu denen seiner Vorgänger. abseits.at blickt auf alle Qualifikationen seit der letzten erfolgreichen – zur WM 1998 – zurück.

Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014

  • Teamchef: Marcel Koller
  • Gegner: Deutschland, Schweden, Irland, Kasachstan, Färöer
  • Platz 3 (drei Punkte hinter Playoff, elf Punkte hinter WM-Ticket)
  • Tordifferenz 20:10 (+10), 17 Punkte
  • Punktschnitt: 1,7 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 2:1

Die Elf von Marcel Koller brach lang anhaltende Bestleistungen. Lässt man die erfolglosen Playoff-Spiele gegen die Türkei vor der Weltmeisterschaft 2002 mit in die Statistiken einfließen, hatte das Nationalteam unter Koller den besten Punktschnitt seit der letztmaligen Qualifikation zur WM 1998.

Dasselbe gilt für die Tordifferenz. Die Koller-Elf zeigte sich ausgeglichen, musste keine empfindlichen Niederlagen hinnehmen. Einzig das 0:3 in Deutschland war als klare Pleite zu bezeichnen. Letztmalig war Österreich bei der Qualifikation zur EM 2000 derart torgefährlich. Allerdings wurden damals 11 der 19 erzielten Treffer gegen Nachzügler San Marino erzielt.

Die statistischen Unterschiede zur vorangegangenen Qualifikation für die EM 2012 sind frappant. Österreich war vorne treffsicherer, hinten kompakter und holte fünf Punkte mehr. Dies stellt eine durchaus beachtliche, kurzfristige Verbesserung dar, auch wenn die Gegner 2012 etwas stärker waren, als in der Qualifikation zur WM 2014.

Qualifikation zur Europameisterschaft 2012

  • Teamchef: Dietmar Constantini / Willi Ruttensteiner (zwei Spiele)
  • Gegner: Deutschland, Türkei, Belgien, Aserbaidschan, Kasachstan
  • Platz 4 (fünf Punkte hinter Playoff, 18 Punkte hinter EM-Ticket)
  • Tordifferenz 16:17 (-1), 12 Punkte
  • Punktschnitt: 1,2 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 1,6 : 1,7

Eine Qualifikation, die von fragwürdigen Personalentscheidungen des Teamchefs und öffentlichen bzw. medialen Anfeindungen geprägt war. Ein heldenhaftes 4:4 in Belgien und eine starke Leistung beim 1:2 gegen Deutschland in Wien waren das Höchste der Gefühle. Man konnte keine Handschrift im Spiel der österreichischen Nationalmannschaft erkennen und verlor aufgrund dessen nach und nach das Publikum.

Aus sechs Spielen gegen die drei „großen“ Gruppengegner Deutschland, Türkei und Belgien holte Österreich nur zwei Punkte und kassierte 16 Treffer. Einzig gegen die „kleinen“ Gegner Kasachstan und Aserbaidschan blieb man einigermaßen souverän, wobei der 2:0-Heimsieg gegen Kasachstan erst in der Nachspielzeit fixiert wurde und das vielversprechende 4:1 in Aserbaidschan unter Interimscoach Ruttensteiner gelang, als es um „nichts mehr“ ging.

Es war eine Qualifikation zum Vergessen und nicht schwer zu toppen. Koller schaffte allerdings eine Verbesserung auf erdrutschartiger Ebene in allen relevanten Statistiken und auch, was Spielphilosophie und Handschrift betrifft.

Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010

  • Teamchef: Karel Brückner / Dietmar Constantini
  • Gegner: Serbien, Frankreich, Litauen, Rumänien, Färöer
  • Platz 3 (sieben Punkte hinter Playoff, acht Punkte hinter WM-Ticket)
  • Tordifferenz: 14:15 (-1), 14 Punkte
  • Punktschnitt: 1,4 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 1,4 : 1,5

Als die Nationalmannschaft unter Karel Brückner mit einem 3:1 gegen Frankreich in die Qualifikation startete, hoffte man schon auf bessere Zeiten. Auf den Boden der Realität zurückgeholt wurde das Team durch ein fürchterliches 0:2 in Litauen, ein 1:1 auf den Färöer und eine 1:3-Heimniederlage gegen Serbien. Insgesamt war auch diese Qualifikation von Planlosigkeit geprägt. Taktische Ideen oder Innovationen suchte man vergeblich.

Was jedoch im Nachhinein mittelfristig erschreckend ist: Der Kader, der unter Brückner und später Constantini die Qualifikation 2010 spielte, war schwächer bzw. weniger gefestigt als der, den Constantini für die nächste Qualifikation zur Verfügung hatte. Und auch wenn die Gruppengegner der WM-Quali 2010 leichter waren als 2012: Constantini schaffte es eine unter Brückner schlechte Mannschaft weiter zu verschlechtern bzw. zu verunsichern – obwohl er später bessere Spieler zur Verfügung hatte.

Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2006

  • Teamchef Hans Krankl / Ruttensteiner, Herzog, Kovacic (zwei Spiele)
  • Gegner: England, Polen, Nordirland, Wales, Aserbaidschan
  • Platz 3 (neun Punkte hinter Playoff, zehn Punkte hinter WM-Ticket)
  • Tordifferenz: 15:12 (+3), 15 Punkte
  • Punktschnitt: 1,5 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 1,5 : 1,2

Ganz Krankl-like: Die WM-Qualifikation 2006 bot uns große Kämpfe und heroische Punktgewinne. Das 2:2 in Wien gegen England bleibt ebenso in Erinnerung wie das 3:3 in Nordirland und Hans Krankls anschließende, target=“_blank“>irreregulärer Fernsehmonolog. Das Team spielte auswärts in Wales sehr stark (2:0), verlor danach in England nur knapp (0:1) und trotzdem waren die zwei Jahre vor der WM 2006 verlorene Jahre für die ÖFB-Elf. Zwar wurde immer brav gekämpft, aber eine taktische Linie oder der Versuch der Mannschaft eine spielerische Identität zu geben, waren weiterhin nicht sichtbar.

Unterm Strich stand ein Schnitt von 1,5 Punkten pro Spiel – allerdings in einer Gruppe, die damals als Dreiklassengesellschaft zu bezeichnen war. England eilte vorne weg und war qualitativ das beste Team der Gruppe. Doch Polen kam nur einen Punkt dahinter und qualifizierte sich ebenfalls für die WM. Allerdings waren die von Pawel Janas gut eingestellten Polen qualitativ in Reichweite. Im 4-4-2 der Weiß-Roten suchte man vergeblich nach Stars, wie es sie etwa heute in Polen gibt. Nordirland, Wales und Aserbaidschan waren alles in allem Kanonenfutter und damals fast auf einem Level anzusiedeln.

Qualifikation zur Europameisterschaft 2004

  • Teamchef Hans Krankl
  • Gegner: Tschechien, Niederlande, Moldawien, Weißrussland
  • Platz 3 (zehn Punkte hinter Playoff, 13 Punkte hinter EM-Ticket)
  • Tordifferenz: 12:14 (-2), 9 Punkte
  • Punktschnitt: 1,13 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 1,5 : 1,75

Zwei lockere Siege gegen Weißrussland, ein Sieg zu Hause gegen Moldawien, sonst nur Enttäuschungen. Hans Krankl musste ein blamables 0:1 in Moldawien hinnehmen und wurde von Tschechien und den Niederlanden geprügelt. Gegen die Holländer setzte es zwei Niederlagen und sechs Gegentore, gegen Tschechien ebensoviele Niederlagen und sieben Gegentore.

Der niedrigste Punktschnitt in unserem analysierten Zeitfenster ist das Ergebnis. Allerdings hatte Krankl in dieser Qualifikation eine Galgenfrist, denn die EM-Quali 2004 stellte einen schwierigen Sattelpunkt im Generationswechsel des österreichischen Nationalteams dar. Spielte man 2001/02 noch ums WM-Ticket, wurden Teile einer goldenen Generation vor dieser Qualifikation abgebaut. Allerdings war Krankl auch nicht der richtige Trainer, um einer solchen Veränderung einen klaren Weg und Stabilität zu geben.

Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2002

  • Teamchef Otto Baric
  • Gegner: Spanien, Israel, Bosnien-Herzegowina, Liechtenstein
  • Platz 2 (Erreichen des Playoff; fünf Punkte hinter WM-Ticket)
  • Tordifferenz: 10:8 (+2), 15 Punkte
  • Punktschnitt: 1,87 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 1,25 : 1

Im Zuge der WM-Qualifikation 2002 erreichte Otto Baric einen besseren Punktschnitt als Marcel Koller. Zieht man aber auch die verlorenen Playoff-Spiele gegen die Türkei in Betracht, würde sich dieser Schnitt auf 1,5 / Spiel verringern.

Dennoch erkannte man im Nationalteam von damals die Mentalität von „Otto Maximale“. Man hatte keine Angst vor großen Namen und ging merklich mit anderem spielerischen Spirit in die Spiele als unter den späteren Teamchefs. Überbleibsel aus der zumindest bronzenen Generation Ende der 90er-Jahre ermöglichten Österreich tolle Partien. So etwa das legendäre 1:1 in Israel, bei dem Andreas Herzogs Freistoßtor in letzter Minute nicht nur den Playoff-Platz sicherte, sondern auch ORF-Kommentator Hans Huber in eine Bredouille“ frameborder=“0″ allowfullscreen> aus Steinen und Orangen brachte. Dem späteren Gruppensieger Spanien trotzte man ein 1:1-Heimremis ab.

Das Selbstvertrauen, das man heutzutage unter Marcel Koller spürt, konnte man zuletzt im Zuge dieser WM-Qualifikation beobachten.

Qualifikation zur Europameisterschaft 2000

  • Teamchef Herbert Prohaska / Otto Baric
  • Gegner: Spanien, Israel, Zypern, San Marino
  • Platz 3 (punktegleich mit Playoff-Platz, acht Punkte hinter EM-Ticket)
  • Tordifferenz: 19:20 (-1), 13 Punkte
  • Punktschnitt: 1,63 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 2,38 : 2,5

Im Zuge der EM-Quali 2000 zeichnete sich eigentlich nicht ab, dass die Ära Prohaska nach der erreichten WM 1998 im Begriff war auszubrennen. Doch das 0:9 in Spanien am 27.März 1999 verhaute dem Team eine gesamte Qualifikationsrunde. Nach dem Frustabbau gegen San Marino (7:0) merkte man beim 0:5 in Israel unter Neo-Teamchef Otto Baric schließlich doch, dass die Klatsche von Valencia nicht spurlos an den Kickern vorbeiging.

Dabei hätte alles anders laufen können. Im ersten Qualifikationsspiel kam Österreich über ein 1:1 gegen Israel nicht hinaus. Das Spiel fand als Wasserschlacht von Wien seinen Platz in den Geschichtsbüchern der Fußballnostalgiker. An einem sonnigeren Tag hätte die überlegene ÖFB-Elf Israel wohl besiegt… und der Playoff-Platz wäre reserviert gewesen.

Positiv: Österreich erzielte im Schnitt enorm viele Tore. Negativ: Durch das 0:9 in Spanien war jedoch auch die Gegentorbilanz zerstört. Der Punktschnitt aus dieser Qualifikation spiegelt den der abgelaufenen Qualirunde zur WM 2014 am ehesten wider. Jedoch aus einem anderen Blickwinkel. Ums 2000er-Ticket spielte eine Mannschaft, die gerade von der WM heimkehrte und ihren Zenit bereits überschritten hatte, nachdem sie die letzte Qualifikation dominierte. Ums 2014er-Ticket spielte eine Mannschaft, die trotz einer dauerhaften Grottenbahnfahrt in den vorangegangenen Jahren auf dem Weg nach oben ist und ihr volles Leistungspotential noch lange nicht ausschöpfte.

Qualifikation zur Weltmeisterschaft 1998

  • Teamchef Herbert Prohaska
  • Gegner: Schottland, Schweden, Estland, Lettland, Weißrussland
  • Platz 1, zwei Punkte vor Schottland und vier Punkte vor Schweden
  • Tordifferenz: 17:4 (+13), 25 Punkte
  • Punktschnitt: 2,5 / Spiel
  • Durchschnittliche Tordifferenz: 1,7 : 0,4

Die letzten echten Jubelbilder einer österreichischen Nationalmannschaft im Zuge einer Qualifikation für ein Großereignis sahen wir am 11.Oktober 1997, also vor mittlerweile 16 Jahren…

Mit einem 4:0 über Weißrussland qualifizierte sich die Prohaska-Elf in eindrucksvoller Manier für die WM in Frankreich. Prohaska schaffte dies mit einer Mannschaft, die in der vorherigen Qualifikation zur EM 1996 erst am letzten Spieltag in Nordirland (3:5) einen Playoff-Platz verspielte und die Gruppe mit 16 Punkten und einem Schnitt von 1,6 / Spiel auf dem vierten Platz beendete.

Die Leistungsexplosion der österreichischen Elf nach dieser enttäuschenden Niederlage, sollte eines der vielen Argumente dafür sein, Marcel Koller eine zweite Qualifikation zu ermöglichen – so dieser das auch will. Prohaska benötigte selbst eine schwache WM-Quali 1994 und eine bittere EM-Quali 1996, um danach Kontinuität in Erfolg umzumünzen. Gefestigte Statistiken und Abschlussbilanzen wie Koller sie nach seiner ersten Qualifikation aufzuweisen hat, konnte Prohaska erst nach fast fünf Jahren Amtszeit auf seine Visitenkarte schreiben…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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