Mario Götze und seine Interpretation der „Achter“-Rolle beim FC Bayern
Deutschland 26.Oktober.2013 Tobias Robl 0
Die Bilanz Götzes der letzten zwei Spiele: vier Torvorlagen, dazu ein Tor und ein Lattentreffer. Und das alles in nicht einmal 90 Minuten. Grund genug sich die Rolle des Nationalspielers mal genauer anzusehen.
Die Grundposition zwischen den Linien
Mario Götze agierte in den letzten beiden Spielen vermehrt aus den Halbräumen und dem Zwischenlinienraum zwischen Viererkette und Mittelfeld des Gegners. Von dort aus startete er seine Aktionen mit und ohne Ball. Immer wieder ließ er sich dort anspielen, zeigte diagonale oder vertikale Bewegungen und belebte das Spiel der Bayern. Durch sein Verhalten und vor allem auch seine Fähigkeiten gelang es Bayern immer wieder ins Zentrum zu kommen, weil sie Götze auch in engen Situationen bewusst anspielen konnten.
Wechselwirkungen am rechten Flügel
Bei den Bayern gab es gegen Pilsen vor der Einwechslung Götzes folgende Mechanismen auf den Flügeln: der Außenspieler agierte breit, und ging dann oft ins Dribbling, Robben rechts genauso wie es auf der anderen Seite Ribery tat. Aus diesem Grund standen Rafinha und Alaba etwas höher und mehr im Zentrum um die Außenbahn zu öffnen und vorderliefen dann meistens die Flügelspieler. Rafinha rückte immer wieder diagonal nach vorne ein. Einmal fand er sich sogar am linken Flügel in vorderster Reihe wieder. Die Achter kamen kurz und dienten als Anspieloption über die das Spiel gedreht werden konnte.
Rafinha überspielt mit Hilfe von Götze den gegnerischen Flügelspieler und bringt Robben ins Spiel. Der kann jetzt ins Zentrum ziehen, weil Götze in die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger geht und damit den Raum öffnet. Rafinha sichert ab.
Als Götze dann auf dem Platz stand veränderte sich dieser Mechanismus auf der rechten Seite. Robben spielte nicht mehr ganz so breit, Rafinha sicherte eher ab und Götze diente als Verbindungsspieler zwischen den Beiden. Dabei löste er Situationen in den Robben potentiell gedoppelt werden konnte dadurch, dass er vor Robben in die Schnittstelle zwischen Außen- und Innenverteidiger ging. Das Vorderlaufen Robbens wurde jetzt nicht mehr von Rafinha betrieben, der dies diagonal zur Mitte tat, sondern eben von Götze, der allerdings diagonal aus der Mitter heraus lief. Vorteilhaft dabei war, dass bei Pilsen weder der Außenverteidiger noch der Innenverteidiger wegen der Sicherung der Schnittstelle und des Raumes dahinter auf Robben schieben konnte, der immer wieder zur Mitte ziehen konnte.
Dieses Angriffsmuster funktionierte in beiden Spielen immer wieder, z.B. gegen Mainz bei der Vorlage Götzes zum 1:1, bei seinem Lattentreffer gegen Pilsen, als auch bei der Vorbereitung zum 3:0, als Götze jeweils halbrechts im Strafraum freikam.
Das Zurückfallen ins Mittelfeld
Oftmals verschwand Götze aber auch im Deckungsschatten der gegnerischen Mittelfeldspieler, wenn diese die Außenspieler der Bayern geschickt anliefen, sodass das Zentrum nicht sauber bespielbar war. Bayern hatte aber auch auf solche Situationen eine Lösung parat: war Götze nicht anspielbar und konnte man das Spiel nicht über den ballnahen Innenverteidiger drehen, rückte Alaba nach vorne auf, und Götze ließ sich zurückfallen, sodass das Spiel über ihn weiterlaufen konnte. Dieses Zurückfallen ist vermutlich eine bewusste Strategie um das Spiel aufzubauen, und damit begründbar, dass beim FC Bayern im Spielaufbau neben dem zentral abkippendem Lahm oftmals auch noch Bastian Schweinsteiger links vor den Innenverteidiger herauskippt. Das erzeugt starke Überladungen dieser Bereiche, und zwingt den Gegner zum nachschieben. Verlagert Bayern dann, ist die gegenüberliegende Seite oftmals offen, die Überladung hat aber zur Folge, dass im Zentrum eine Unterzahl entsteht, bzw. dieses bei einer geschickten Positionierung der gegnerischen Stürmer nicht zum Seitenwechsel verwendet werden kann. Aus diesem Grund rückt auch Rafinha im Spielaufbau immer wieder in den Sechserraum. Die Breite gibt dabei der ballferne Flügelspieler, der sich dann aber auch nicht maximal weit vorne aufhält, sondern leicht zurückgezogen agiert.
Durch das Zurückfallen Götzes in Verbindung mit dem Aufrücken Alabas ergeben sich viele Übergabemomente bei der verteidigenden Mannschaft. Geht der Gegenspieler mit Alaba mit, öffnet er den Raum für Götze, bleibt er stehen und sichert über seinen Deckungsschatten das Zentrum wird Alaba in einer hohen Achterposition frei.
In dieser Situation verschwinden sowohl Contento, als auch Ribery und Götze im Deckungsschatten ihrer Gegenspieler. Alaba ist eng gedeckt. Schiebt Alaba nach vorne hat sein direkter Gegenspieler den Zwang sich zu entscheiden, mitzugehen oder zu bleiben. Geht er mit Alaba mit, öffnet sich der Passweg zu Götze, bleibt er im Raum, kann er entweder Alaba in den Deckungsschatten nehmen, oder den Passweg zu Götze schließen und ihm den Passweg zu Alaba zu öffenn.
Die vertikalen Bewegungen im Zehnerraum
Wenn die Situation in den Halbräumen und im Spielaufbau allerdings so war, dass Götzes Hilfe nicht benötigt wurde und er nicht anspielbar war, dann orientierte er sich in die vorderste Reihe neben Pizarro. Das hatte zur Folge, dass er die Verteidiger hinten band, und sich über eine kurze Freilaufbewegung in den Zwischenlinienraum anbieten konnte. Für die Innenverteidiger war das höchst unangenehm zu spielen. Sie konnten mitgehen, wenn Götze sich fallen ließ, was dann zwar das Aufdrehen Götzes verhinderte, aber die Abseitslinie aufhob und durch einen einfachen Steil-Klatsch, in Verbindung mit einem Bogenlauf des Stürmers zu Eins-gegen-Eins-Situationen führen konnte. Oder aber sie hielten die Höhe, was zur Folge hatte, dass Götze sich im Zwischenlinienraum aufdrehen konnte und so die Kette direkt unter Druck setzen.
Götze kommt entgegen und bietet sich kurz an. Weil sein direkter Gegenspieler ein Aufdrehen verhindern will geht er mit, öffnet damit aber den Raum hinter sich (grün) und löst die Abseitslinie auf. Kroos kann diesen Raum mit einem einfach Steilpass anspielen und Mandzukic hat wenig Probleme mit dem Timing, wenn er bogenartig in den Raum läuft.
Die Funktion des Breitengebers
Letztlich hatte Götze manchmal auch schlicht und einfach die Aufgabe Breite zu geben. Das war ab der Einwechslung von Thomas Müller öfter zu sehen. Dieser war der Breitengeber auf der rechten Seite, was Rafinha dazu veranlasste wieder inverser zu spielen. Hatte dieser den Ball im rechten Halbraum, orientierte sich der ballnahe Bayern-Achter (in diesem Beispiel Kroos) zur Situation, Mandzukic startete vom linken Flügel zur Mitte, wohin sich dann Götze bewegte. Seine Präsenz war im Zentrum nicht notwendig, da Bayern das Spiel breit halten wollte und die Mitte so nur verengt worden wäre, und so übernahm er die Aufgabe des Breitegebens von Mandzukic, der sich im Zentrum für Flanken anbot.
Tobias Robl, abseits.at
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Tobias Robl
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