Jonas Hofmann: Ein Blick auf Borussia Dortmunds Zukunftshoffnung
Deutschland 30.Oktober.2013 Rene Maric 2
Beim BVB sorgt – mal wieder – ein Jungstar dank seiner guten Entwicklung unter Jürgen Klopp für Furore. Doch dieses Mal ist es keine überraschende Neuverpflichtung wie Shinji Kagawa, Kevin Großkreutz oder Robert Lewandowski, sondern ein Spieler aus der zweiten Mannschaft; ein Schmelzer, wenn man so möchte. Eventuell ist dies im Verbund mit der geringen Einsatzzeit auch der Grund dafür, wieso er noch nicht konstant im Fokus der Aufmerksamkeit steht.
Seine Einsatzzeiten sind wegen der hohen Anforderungen an die Dortmunder und der großen Konkurrenz auf dem Flügel mit Millionenneuzugang Pierre-Emerick Aubameyang, Marco Reus und Jakub Blaszczykowski noch verständlicher Weise gering. Doch was er bei seinen bisherigen Auftritten gezeigt hat, ist herausragend.
Jonas Hofmann – Ein durchschlagskräftiger Joker
159 Minuten spielte Hofmann bislang in der Bundesliga und kommt auf vier Scorerpunkte; einer also alle 40 Minuten. Die Partie gegen Eintracht Braunschweig drehte er dabei fast im Alleingang. 0:0 stand es bis zur 75. Minute, als Hofmann einen Pass von Hummels verwertete, nur um einige Minuten später den Elfmeter zum 2:0 rauszuholen. Ähnliches schaffte er im DFB-Pokal, wo er gegen 1860 München in der Verlängerung am zweiten Tor und gegen Wilhelmshaven an zwei der drei Tore beteiligt war.
Scorerpunkte sind – insbesondere unter solchen Einsatzzeiten – allerdings ohnehin nur ein (verzerrter) Teil des Ganzen. Hofmann ist eigentlich gar kein reiner Flügelstürmer oder verkappter Mittelstürmer auf Außen, sondern ganz nach Dortmunder Art ein kompletter und defensiv mitarbeitender Akteur. Bevor wir diese Fähigkeiten analysieren, sehen wir uns noch die dazugehörigen Statistiken an (für jeden Spieler auf 90 Minuten pro Spiel hochgerechnet):
Jonas Hofmann | Marco Reus | Aubameyang | Blaszczykowski | |
Schüsse | 1,8 | 4,3 | 3,1 | 1,8 |
Tacklings | 1,8 | 1,2 | 2 | 1,8 |
Abgefangene Pässe | 0,5 | 0,4 | 0,8 | 1 |
Torschussvorlagen | 2,7 | 4,2 | 0,8 | 1,8 |
Dribblings | 4,1 | 2,9 | 1,1 | 2,6 |
Pässe | 60,3 | 38,2 | 25,6 | 47 |
Passgenauigkeit | 87,9% | 77,9% | 71,4% | 80,9% |
Flanken | 0,5 | 1,9 | 0,1 | 0,1 |
Ballverluste | 1,4 | 3 | 1,2 | 3,8 |
Verlorene Bälle | 0,5 | 1,5 | 0,3 | 2,2 |
In drei Kategorien schneidet Hofmann am besten ab, zwei davon hängen mit dem Passspiel zusammen, eine mit dem Dribbling. Defensiv ist er passabel, obwohl er nur auf Platz 3 landet, wenn man Tacklings und abgefangene Pässe zu einem Wert zusammenrechnet. Bei den Schüssen ist er etwas zurückhaltender, er verliert aber die zweitwenigsten Bälle – mit Abstand auf Platz 3 und 4. Hier ist Aubameyang etwas effizienter, dafür bereitet Hofmann mehr Schüsse vor.
Dabei muss aber seine geringe Anzahl an Schüssen im Vergleich mit Reus und Aubameyang beachtet werden, dennoch schneidet er insgesamt besser ab als Blaszczykowski. Zählt man wiederum Schüsse und Torschussvorlagen zu einem Offensivwert zusammen, wäre er Zweiter hinter Reus, dessen extrem hohe Werte in beiden Kategorien wiederum seine Wichtigkeit im letzten Drittel für den BVB unterstreichen.
Statistiken sind – insbesondere so früh in einer Saison und in Anbetracht taktischer Wechselwirkungen – immer schwer einzuordnen. Darum gibt es auch einige, möglichst objektive subjektive Bewertungen zu seiner Spielweise, seinen Stärken und Schwächen.
Jonas Hofmann in der analytischen Betrachtung
Auch wenn dieser Wert sein höchster ist, so kann man Hofmann dennoch nicht als einen Standarddribbler beschreiben, der mit Übersteigern und Spektakel eher im Stand dribbelt, als riskant in offene Räume zu gehen. Stattdessen ist Hofmann ein schneller Flügeldribbler, der seine Geschwindigkeit nutzt, um an Gegnern vorbeizuziehen und sich dann zwischen ihn und Ball zu stellen oder dorthin zu gehen, wo viel Raum frei ist.
Zusätzlich ist Hofmann taktisch sehr stark, er rückt manchmal sehr gut in die Halbräume und kombiniert dort. Teilweise geht er auch mit schnellen Läufen in Richtung Spitze, entweder diagonal vom Flügel aus oder vertikal aus den Halbräumen, wodurch er Präsenz im Straf- und im Zwischenlinienraum erzeugen kann.
Doch seine Lauf- und Sprintstärke helfen ihm nicht nur in der Offensive. Defensiv verhält er sich gut im Pressing, er agiert in hohem Tempo und ist überaus zuverlässig. Seine Bewegungen sind bisweilen aber noch etwas unorthodox und unpräzise, aktuell ist das aber noch positiv zu sehen. Selten lässt er dadurch große Räume zu, sondern macht nur kleine Räume auf, die ansatzweise riskant wirken, es aber selten sind.
Statt Angriffe zuzulassen kommt er nämlich in den etwas offeneren Raum mit viel Dynamik zurück, wenn der Gegner versucht diese vermeintlich offenen Räume zu bespielen. Mit seinem Schwung kann er dann die Zweikämpfe für sich entscheiden oder erzeugt zu viel Dynamik im gegnerischen Offensivspiel, wodurch diese ungenau und später abgefangen werden können. Dank seiner guten Antizipation und Schnelligkeit kann er diese Spielweise auch so umsetzen, ohne (oft) gefährliche Löcher im Defensivverbund aufzumachen oder seine Aufgaben zu vernachlässigen.
Dazu kommen noch gute bzw. eiskalte Abschlüsse, die ihm Torgefahr geben, wenn er in diese Situationen kommt. Ihm einen ausgeprägten Torinstinkt zu bescheinigen, wäre wohl etwas zu viel, doch wenn sich die Chance bietet, nutzt er sie meistens. Hinzu kommen seine überaus solide Technik und Ballkontrolle, dazu noch etwas, was man auch bei Kevin Großkreutz beobachten kann: In schwierigen Situationen und im Kombinationsspiel findet er sich für sein eigentliches Talent überdurchschnittlich gut zurecht, verhält sich intelligent und ist erfolgsstabil. Selten verliert er hier unnötig Bälle und sorgt auch selten dafür, dass seine Mitspieler beim Kombinieren mit ihm Bälle verlieren.
Dies dürfte auch seine aktuelle Effektivität in puncto Scorerpunkten erklären: Er wurde meistens in Situationen eingewechselt, wo der Gegner tief stand und einen Punkt verteidigte, wodurch Hofmanns Kombinationsstärke stärker zum Tragen kam. Oder er wurde dann eingewechselt, wenn Dortmund schon führte und sich stärker aufs Kontern und schnelle Kombinieren nach vorne konzentrieren konnte. Ob er weiterhin oder bei Einsätzen von Beginn an so effektiv gewesen wäre, bleibt zu bezweifeln.
Fazit
Trotz seiner herausragenden Werte ist Jonas Hofmann sicherlich kein Supertalent. Stattdessen könnte er als sehr starker Ergänzungsspieler oder role-player für bestimmte Situationen langfristig seine Minuten erhalten, die ihm aktuell noch verwehrt bleiben. Hierbei hilft ihm seine Kombinationsstärke und Variabilität, er kann sowohl auf links als auch auf rechts agieren, mittelfristig wären wohl sogar die Position im Zentrum der offensiven Dreierreihe eine Option, langfristig könnte er je nach Entwicklung ein Halbspieler im 4-3-3/4-5-1 oder ein Flügelverteidiger bei einer Dreierkette werden. Es wird spannend zu beobachten, was Jürgen Klopp aus ihm machen wird – eigentlich müsste er perfekt seinem Profil entsprechen: Ein Spieler, der noch formbar ist und trotz hoher individueller Qualität, insbesondere taktischer Natur, in vielen Bereichen noch Luft nach oben hat.
René Maric, www.abseits.at
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