Auf dem Sprung zur Weltklasse: Die Stärken und Schwächen des AS-Roma-Dirigenten Miralem Pjanic
Fußball in Österreich 16.November.2013 Rene Maric 0
Ganz Europa blickte lange Zeit fasziniert nach Italien zur Serie A. Dort reihte eine Mannschaft einen Sieg nach dem anderen in überzeugender Manier mit stabiler Defensive und durchschlagskräftiger Offensive aneinander. Es war nicht Juventus Turin, welches dieses Kunststück vollbrachte, dass in anderen Ländern weder dem BVB, dem FC Bayern, Chelsea, Barcelona oder Real gelang. Es war der AS Rom, der unter dem neuen Trainer Rudy Garcia die ersten zehn Spiele allesamt für sich entscheiden konnte und dabei die beeindruckende Tordifferenz von 24:1 aufwies.
In einem Artikel auf Spielverlagerung.de habe ich dabei das strategische Zulassen von bedrängten Abschlüssen aus ungünstigen Positionen, die gute gruppentaktische Abstimmung, die variable Raumnutzung in der Offensive sowie die Fan-Lieblinge Francesco Totti und Daniele De Rossi, zwei Weltklassespieler, als ursächlich ausgemacht. Auch ein anderer Akteur wird dabei erwähnt, der hierzulande noch unbekannt ist, obwohl er potenziell ein Weltklassespieler ist.
Miralem Pjanic – der variable Zauberer
Eine der großen Stärken der AS Roma ist das Aufbauspiel über die Mitte, wo alle drei Akteure sich kreativ engagieren können. De Rossi und Strootman können beide in der Defensive aushelfen und vor der Abwehr Räume sichern, sie können lange Verlagerungen spielen oder kreative Kurzpässe in enge Räume. Der stärkste in dieser Hinsicht ist dennoch Miralem Pjanic, auf den das Aufbauspiel auch ausgerichtet ist. Der Bosnier lässt sich immer wieder zurückfallen und übernimmt in eigenem Ballbesitz manchmal sogar die Position vor der Abwehr.
Am liebsten bewegt er sich aber in die defensiven Halbräume und kurbelt von dort das Spiel an. Nach Pässen in die Spitze stößt er dann aus dem Sechserraum auf die nominelle Zehnerposition und fungiert hier wieder als pressingresistente Anspielstation. Dies dürfte die größte Stärke Pjanics sein: Er kann von hinten das Spiel aufbauen, er kann mit schnellen kurzen Antritten mit dem Ball am Fuß einen Gegenspieler ausspielen, wenn die Passoptionen versperrt sind und ist dank seiner engen Ballführung sowie seiner tollen Fähigkeiten im Dribbling auf engem Raum auch eine Option im heiß umkämpften Zehnerraum.
Diese Fähigkeiten im Verbund helfen ihm, dass er an guten Tagen extrem präsent wirken kann. Dann holt er sich hinten Bälle ab, verteilt sie oder trägt sie höchstpersönlich nach vorne, dient als Anspielstation in engen Räumen und spielt reihum gefährliche Pässe in die Spitze. Im Kombinationsspiel ist er ebenfalls stark und taktisch bewegt er sich gut.
Allerdings können sich diese Stärken auch kontraproduktiv auswirken – und dann verschwindet der Zauberer plötzlich. Gelegentlich wird er im Aufbauspiel nicht ordentlich eingebunden, rückt dann unpassend nach vorne und wirkt bei Ballverlusten lethargisch. Dies ist allerdings in dieser Saison kaum passiert, da sowohl Garcias Pressing mit den herausrückenden Achtern und dem Druck im Sechserraum, sowie die Rollenverteilung im Offensivspiel Pjanics Stärken entgegenkommen.
Aktuell ist Pjanic nämlich laut des durch Statistiken hergestellten Ratings auf whoscored.com der fünftbeste Spieler der Serie A und notenbester Sechser/Achter; direkt vor Teamkollege Daniele De Rossi. Mit 2,7 Torschussvorlagen pro Spiel (fünfter in der Liga), einer Passgenauigkeit von 88,5%, drei Toren und vier Vorlagen lässt sich auch einfach argumentieren. Interessant ist auch, dass Pjanic beim Dribbling der zweitbeste Roma-Spieler hinter Gervinho ist (2,1 pro Spiel) und auf Platz 18 von 275 in der Serie A landet, womit er wiederum der am höchsten positionierte Sechser bzw. Achter in der Liga ist.
Seine Spielweise zeigt sich schon am Anfang dieses Videos sehr gut. In den ersten Aktionen steht er bei den Innenverteidigern, holt sich den Ball ab und baut das Spiel konstruktiv auf, wo De Rossi oft mit Bewegungen zur Seite für ihn Räume öffnet. Bei 1:31 taucht er in der späteren Phase des Herausspielens von Angriffen plötzlich im offensiven Zwischenlinienraum auf und versucht einen Schuss anzubringen – dank seiner Schussstärke eine weitere dankenswerte Option für jeden Trainer.
Bereits in der Folgeaktion bei 1:40 zeigt sich dann das gelegentliche Wechselspielchen mit Totti; der Kapitän der Römer lässt sich als Mittelstürmer oft zurückfallen, kombiniert dann mit Pjanic, um sein Sichtfeld drehen zu können, während der Bosnier seine Position weiter vorne situativ einnimmt. Gleichzeitig kann Pjanic wie Totti den Ball auch bei Pässen in diese Zone behaupten, da er sich durch sein Dribbling aus engen Situationen befreien kann.
Das Video zeigt aber neben einigen guten Aktionen in engen Räumen und bei taktischen Bewegungen im Aufbauspiel aber auch ansatzweise die Schwächen des Bosniers, wie bei 4:20, wo er den Ball verliert und eher dank glücklicher Fügung anstatt durch ein sofortiges Nachsetzen den Ball erobern kann. Das macht er zwar bei Traumtoren wie bei 5:02 wieder wett, aber es zeigt, dass er noch nicht gänzlich ausgereift ist.
Ein positives Fazit – trotz Hacke, Spitze, 1, 2, 3
Sein größtes Manko dürfte neben inkonstanter Defensivarbeit und teilweise lethargischem Herstellen von Zugriff im Zweikampf wie Stellungsspiel schlicht und ergreifend das mangelnde Ausnutzen seines Potenzials sein. Manchmal übertreibt Pjanic seine Dribblings, manchmal spielt er die Pässe nicht sauber oder mit falscher Gewichtung, wodurch sie ungenau werden, dem Kombinationsspiel die Dynamik rauben oder kullern, was sie schwerer zu verarbeiten macht. Außerdem sind seine Entscheidungsfindung und sein strategisches Gespür noch nicht vollständig ausgereift und könnten besser werden.
Aber es ist dennoch interessant, wenn man diese Kritik am zu verspielten und oftmals auf zu kleine Räume im Kombinationsspiel fokussierten Pjanic betrachtet – es ist nämlich Kritik auf sehr hohem Niveau an einem 23-jährigen zentralen Mittelfeldspieler, der sich aufmacht den Sprung zur Weltklasse zu schaffen. Festigt er seine Qualitäten im Abschluss, im Dribbling und im Kombinations- und Aufbauspiel, dann gehört er zu den kreativsten Akteuren seiner Generation.
Entwickelt er passend dazu noch ein erhöhtes Gespür, wann er Angriffe wie und wohin verlagern soll und erhöht sich seine Arbeit im Pressing und wird konstanter, obgleich diese Saison hier ebenfalls ein positiver Sprung zu sehen ist, dann gehört Pjanic zur kommenden Riege der Weltklassedirigenten, die offensiv wie defensiv ungeheure Aufgaben erfüllen. Aktuell scheint dieser Entwicklung nichts im Wege zu stehen.
René Maric, www.abseits.at
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