Mit einer Tordifferenz von -4 abzusteigen ist natürlich bitter. Noch viel bitterer ist ein Abstieg aber dann, wenn man ein Jahr zuvor noch den... Wenn der Meister absteigt: Fluminense muss in die zweite brasilianische Liga

Fußball in BrasilienMit einer Tordifferenz von -4 abzusteigen ist natürlich bitter. Noch viel bitterer ist ein Abstieg aber dann, wenn man ein Jahr zuvor noch den Meistertitel feiern durfte. So geschehen in Brasilien, wo der Traditionsverein Fluminense aus Rio de Janeiro runter muss. Die Rot-Weiß-Grünen schrieben damit Fußballgeschichte, denn der direkte Abstieg eines Meisters in der Folgesaison passierte noch keinem brasilianischen Klub.

Eine 101-jährige Vereinsgeschichte, vier brasilianische Meistertitel, 31 Titelgewinne im Bundesstaat Rio de Janeiro. Zudem war der Verein noch vor wenigen Jahren Finalist in der Copa Libertadores und in der Copa Sudamericana. Es ist eigentlich unglaublich, dass „Flu“ absteigen muss, vor allem wenn man bedenkt, dass das Team aus dem Maracaña Stadion in den letzten drei Jahren die Benchmark im brasilianischen Fußball war. Zwei Meistertitel und ein dritter Platz in der knochenharten und vor allem langen brasilianischen Meisterschaft sprachen eine deutliche Sprache.

16 Niederlagen – davon 13 mit nur einem Tor Differenz

Es war ein mehr als unglücklicher Abstieg, wenn man sich die vielen Schnittpartien des einstigen Meisters zu Gemüte führt. Zu Beginn der Saison spielte man noch eine passable Copa Libertadores, schied erst im Viertelfinale gegen Olimpia Asuncion aus Paraguay aus. Im Verlauf der Saison 2013 verlor das Team kein einziges Spiel mit mehr als zwei Toren Differenz, was für einen Absteiger wohl sogar eine Weltneuheit darstellen dürfte. Das Team musste in 38 Spielen 16 Niederlagen hinnehmen: Siebenmal 0:1, je dreimal 1:2 und 2:3…

Luxemburgo sorgt wieder für Negativschlagzeilen

Der Trainer des Absteigers ist zwar kein Unbekannter, steht aber nicht für Kontinuität und wartet schon seit neun Jahren auf größere Erfolge: Der 61-jährige Vanderlei Luxemburgo gewann mit vier verschiedenen Vereinen die brasilianische Meisterschaft, was auch heute noch einen Rekord darstellt. Luxemburgo war insgesamt an 32 Stationen Cheftrainer, steht seit mittlerweile 30 Jahren in der Coaching Zone, ist aber nicht unumstritten. In Europa durfte er sich nur einmal versuchen: 2005 trainierte er Real Madrid, wurde Vizemeister und scheiterte schon im Champions-League-Achtelfinale an Juventus Turin, obwohl er Spieler wie Ronaldo, Zidane, Figo, Raúl, Roberto Carlos oder Beckham zur Verfügung hatte. Luxemburgo wurde unmittelbar nach dem Abstieg als Trainer von Fluminense entlassen.

Keine großen Stars, kaum spektakuläre Transfers

Der personelle Aderlass, den Fluminense in den letzten Jahren zu verkraften hatte, war ebenfalls kein besonders gravierender. 2011 wurde der argentinische Topstürmer Dario Conca um acht Millionen Euro nach China verkauft. Conca kehrt zur Saison 2014 nach erfolgreichen Jahren bei Guangzhou Evergrande wieder zu „Flu“ zurück – muss dort allerdings in Liga 2 auf Torjagd gehen. Flügelspieler Marquinho wechselte zur AS Roma und Wallace Oliveira verließ den Verein in Richtung Chelsea. Zuletzt sicherte sich Shakhtar Donetsk sich die Dienste des talentierten Linksaußen Wellington Nem um neun Millionen und der Kreativspieler Thiago Neves wechselte um sechs Millionen Euro in die Emirate. Dies waren die erwähnenswerten Transfers der letzten drei Jahre – allesamt keine Verluste von potentiellen Weltstars, wie sie etwa Santos oder Internacional zu verschmerzen hatten.

Selecao-Bomber Fred steigt ab – aber hilflos

Bekannte Kicker, die durch den Abstieg Fluminenses vielleicht auf die Suche nach einem neuen Verein gehen könnten? Wenige. Der bekannteste Absteiger ist Stürmerstar Fred, der erst beim diesjährigen Confederations Cup für die Selecao stürmte (u.a. mit zwei Toren im Finale gegen Spanien) und in der Vorsaison noch Torschützenkönig in Brasiliens Serie A wurde. Der 30-jährige Kapitän ist nun jedoch schon seit fast fünf Monaten mit Oberschenkelproblemen außer Gefecht, was mit ein Grund für den Abstieg des Klubs ist. Auch der defensive Mittelfeldspieler Jean gilt als Leader im Team. Der 27-Jährige absolvierte immerhin sechs Länderspiele, kickte aber nur ein halbes Jahr in Portugal, sonst immer in Brasilien. Für die vielen talentierten jungen Kicker im Team (Igor Juliao, Biro Biro, Willian Osmar, Marcos Junior) kommt der Wechsel zu einem größeren Klub aber zu früh. Fluminense wurde also Opfer von Verletzungssorgen und eines schwierigen Generationswechsels.

Cruzeiro ist Meister

Nichts desto trotz wird die Mannschaft aus Rio als haushoher Aufstiegsfavorit in die neue Saison gehen. Brasilianischer Meister wurde übrigens Cruzeiro Belo Horizonte, deren Stars auch eher unbekannte Namen tragen: Ricardo Goulart, Fabio Deivson, Humberlito Borges oder Ex-Metalist-Leihspieler Willian Gomes. Der Bekannteste: Der 32-jährige Julio Baptista, der früher für Sevilla, Real Madrid, Arsenal, Roma und Malaga, sowie 47-mal für die brasilianische Nationalmannschaft stürmte. Dieser kam im Sommer und spielte nur viermal von Beginn an…

Freds Reaktion auf den Abstieg spricht Bände:

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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