Es ist der frühe Morgen des 7. Dezembers als das Team des FC Barcelona die Heimreise Richtung Katalonien antritt. Am Abend zuvor besiegten sie... Cesc Fàbregas – Ein britischer Akzent in Barcas Tiki-Taka

FC BarcelonaEs ist der frühe Morgen des 7. Dezembers als das Team des FC Barcelona die Heimreise Richtung Katalonien antritt. Am Abend zuvor besiegten sie die Drittligakicker aus Cartagena locker mit 4:1 und können nun den Fokus auf den finalen Spieltag der Gruppenphase der Champions League legen, wenn gegen Celtic Glasgow der Gruppensieg auf dem Spiel steht. Ein Mann wird dabei aufgrund einer Gelbsperre fehlen. Es ist Francesc Fàbregas, seines Zeichens seit Freitag erster Barça-Spieler, der sich in allen drei noch laufenden Wettbewerben dieser Spielzeit bereits in die blau-rote Torschützenliste eintragen konnte. Dieser Artikel befasst sich mit ihm als Spielerpersönlichkeit und der Frage, wieso er gerade in dieser Saison so wichtig für den amtierenden spanischen Meister sein kann.

Entwicklung als Spieler bis zum Sommer 2013

Seine noch heute große Liebe zum FCB verdankt Cesc ursprünglich seinem Großvater, der ihn bereits im Alter von nur neun Monaten mit ins Camp Nou nahm. Von diesem Tage an war er immer glühender Fan des Klubs unweit seines Heimatorts Arenys de Mar, schaffte es im Alter von zehn Jahren gar in La Masia aufgenommen zu werden. Dort spielte er in einem der wohl bisher besten Jahrgänge der Klubgeschichte zusammen mit Piqué oder Messi um Titel im Juniorenbereich. In gewohnt zurückhaltender Art attestiert Fàbregas heutzutage vielen seiner damaligen Mitspieler größere Qualitäten als er sie selbst besessen habe, nicht erwähnend, dass er aus dem defensiven Mittelfeld heraus durchschnittlich um die 30 Tore pro Saison beisteuerte. Fábregas‘ Vorbild war zu dieser Zeit übrigens Pep Guardiola und der Sprung in die Kampfmannschaft war der Traum des jungen Spaniers.

Doch dies war unter den damaligen Voraussetzungen sehr schwer. Jeweils nur ein Spieler sollte zu dieser Zeit pro Jahrgang den Sprung in den Kader ersten Mannschaft vollziehen. In Anbetracht des Talents Leo Messis ein schier unmögliches Unterfangen. Der ungewissen Perspektive trotzend, trumpfte Cesc bei der U-17 WM 2003 in Finnland auf. Er wurde trotz nomineller Aufstellung im Mittelfeld Torschützenkönig des Turniers und führte die Jugendauswahl bis ins Finale des Wettbewerbs. Arsène Wenger reagierte prompt auf die ihm stark zusagende Performance, überzeugte ihn schlussendlich davon, den Schritt auf die Insel zu wagen und nach einem Jahr Eingewöhnungszeit Arsenals Profi-Team zu verstärken. Bei seinen ersten Einsätzen wusste er bereits zu begeistern, ließ die englische Fußballwelt über seine Fähigkeiten im (Kurz-)Passspiel und seinen Offensivdrang staunen. Bis heute ist er der jüngste Torschütze des Nordlondoner Klubs und galt als legitimer Nachfolger Patrick Vieiras. Er war in seiner Zeit bei Arsenal ständig auf Kommando Attacke getrimmt und für die gegnerische Deckung eine konstante Gefahr. Egal ob mit Steilpässen, in flacher wie hoher Ausführung, oder Läufen in den Sechzehner des Gegners, er wusste fast immer die Erwartungen des britischen Zuschauers mit seinem für die Insel typischen, straighten Stil zu erfüllen.

All dies war jedoch nicht genau das, was Cesc sich erträumte. Schon vor seiner letzten Saison im rot-weißen Jersey merkte man, dass mittlerweile die Bestrebungen seitens Barças Klubführung ihn zurück nach Spanien zu holen handfest und er alles andere als abgeneigt war. Er streute deutlich weniger Vorstöße in sein Spiel ein und verlegte sich viel mehr auf das Lenken der Geschicke seines Teams aus dem Zentrum heraus. Nach Ende der insgesamt erfolglosen Saison zog es ihn dann endgültig zurück in die Heimat.

Dort schienen zuerst alle Bestrebungen des für einen amtierenden Welt- wie Europameister noch sehr jungen Fàbregas wahr zu werden. Er spielte unter seinem Kindheitsidol in einer Mannschaft, welche ausschließlich aus seinen besten Freunden bestand und in weiten Kreisen als die bis dato beste in der modernen Fußballgeschichte bezeichnet wurde. Der Neuankömmling bestach dabei vor allem durch seine für das Team untypisch englische Geradlinigkeit und „rettete“ zahlreiche der schier endlosen Kombinationen davor in bedeutungslosem Ballgeschiebe zu verenden. Auch wenn er in eingeengten Zonen des Feldes anders als Iniesta oder Messi Probleme bekam, bestach er als eine Art „vorstoßende Zehn“ hinter dem Argentinier in Anbetracht seiner Fähigkeit, viel Raum schnell kombinationsfähig zu machen und Torabschlüsse zu kreieren.

Aufgegeben werden musste diese Spielweise letztendlich weil der hierfür sehr weit vorpreschende Dani Alves defensiv merklich fehlte und die Formation (fast ein 3-3-4) den Anforderungen nicht in allmöglichen Teilbereichen standhalten konnte. In letzter Konsequenz wurde Cesc hierdurch etwas weiter zurück ins Mittelfeld geschoben und verlor seine Form nahezu komplett bis zum Ende der Saison. Der auf den scheidenden Guardiola folgende Trainer Vilanova setzte jedoch weiter auf diese Spielweise und sollte damit was die Leistungen seiner Nummer 4 angeht nach anfänglichen positiven Ansätzen weiter im Dunklen tappen. Fàbregas wirkte innerhalb des auf lang anhaltenden, sich immer wieder beständig aus verengten Situationen lösenden Ballbesitzspiel der Katalanen in Spielen gegen gut organisierte Mannschaften überfordert und zeichnete sich insbesondere damit aus, falsche Zeitpunkte für seine Vorstöße auszuwählen.

Entwicklung seit diesem Sommer

Im Sommer musste Tito Vilanova nach anhaltenden gesundheitlichen Problemen seinen Posten räumen und Gerardo Martino trat seine Stelle an. Dieser modelliert das Spiel des FC Barcelona in den letzten Monaten gekonnt um und ist von Fàbregas mehr als nur angetan. Er könne sich Barça ohne Cesc nicht vorstellen, äußerte er bei einer seiner ersten Pressekonferenzen auf die Frage, ob er aufkommende Gerüchte eines Wechsels seines Schützlings zu Manchester United begrüße. Fàbregas solle unter ihm so spielen wie in seinen Jahren bei Arsenal. Der argentinische Coach legt das Spiel nun nämlich direkter und schnörkelloser aus, sprich britischer. „Was wir früher mit zehn Kontakten gelöst haben, soll nun mit einem geschehen.“, gab beispielweise Iniesta zu Protokoll. Da kommt Fàbregas dem neuen Trainer selbstverständlich gerade recht – mit seinen ansatzlosen Steilpässen und Läufen in die Spitze, wie er sie bereits anfangs unter Guardiola zeigte, ist er für seinen neuen Trainer Gold wert. Allein am ersten Ligaspieltag bereitete er vier Tore vor, gegen tiefstehende Gegner ist er fast schon die Personifizierung der Brechstange. Als offensiver Achter im Dreiermittelfeld der Katalanen darf er nun zügelloser und sehr viel öfter in die Region um den Strafraum eindringen und sich selbst und seine Mitspieler schnell vor das gegnerische Tor kombinieren. Dabei ergänzt er sich hervorragend mit Neuzugang Neymar und auch wie schon vorher mit Messi, der allerdings derzeit verletzt ausfällt. Dass dieser Ausfall schwer wiegt ist allgemein bekannt, vor allem weil Fàbregas ihn in seiner Position nicht voll und ganz ersetzen kann.

Denn Cesc ist eben in seiner Spielanlage very british; mit ihm geht es auf und ab auf dem Feld. Er ist bekannt geworden für seinen offensiven, direkten Touch und darf diesen nun unter „Tata“ wieder voll und ganz ausleben. So wie an jenem Abend in Cartagena vergangene Woche.

Lennart Kühl, abseits.at

Lennart Kühl

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