Kevin Kampl unter der Lupe (1) | Seine Qualitäten im Pressing und Kombinationsspiel
Bundesliga 13.Dezember.2013 Rene Maric 0
Seit seinem Wechsel aus der zweiten deutschen Bundesliga avancierte Kevin Kampl zum Star der österreichischen Liga. Für viele ist er unumstritten der stärkste Spieler im Lande und, ob man dem zustimmt oder nicht, so ist zumindest seine grundlegende Qualität für alle unstrittig. Kampl besticht kontant im Trikot der Bullen, überzeugt durch tolle Aktionen und scheint für Größeres bestimmt zu sein. Er verbindet Spektakel, Umsetzung moderner Taktiken, Effektivität und strategischen Nutzen.
Wie schafft er das? Welche Eigenschaften zeichnen ihn aus? Wie besonders sind seine Aktionen und Bewegungen wirklich? All diesen Fragen wollen wir in einer zweiteiligen Spieleranalyse näher auf den Grund gehen.
Die Pressingmaschine – in allen Belangen
Ein wohl oft übersehener Bestandteil seiner Spielweise ist seine Bewegung im Pressing. Kampl ist hierbei nicht nur wegen seiner Wendigkeit und Schnelligkeit sehr gut, weil er dadurch eine gute Zweikampfführung besitzt, sondern auch wegen seines Mitdenkens. Nach Ballverlusten setzt er beispielsweise sofort nach und kann Gegner oft direkt nach Fehlpässen oder verlorenen Zweikämpfen unter Druck setzen. Damit erhöht er die Wahrscheinlichkeit auf ein erfolgreiches Gegenpressing, was ein eklatanter Bestandteil der aktuellen Salzburger Erfolgswelle darstellt.
Aber auch im normalen Pressing überzeugt Kampl durch intuitives Spielverständnis und seine Bewegungen. Sehen wir uns dazu folgende Szene aus dieser Saison an.
Die Austria hat hier Probleme im Aufbauspiel und verliert beinahe den Ball. Achtet man als Zuseher nicht direkt auf den Ball, sondern auf den rechten oberen Bildrand, dann erkennt man Kampls Bewegung zu seinem Gegenspieler hin. Instinktiv erkannte der Slowene, dass sich die taktischen Begebenheiten wegen der unsauberen Ballannahme des Austrianers verändert hatten. Kompaktheit als Schutz vor Pässen ins Mittelfeld war nun nicht mehr so wichtig; Kampl orientiert sich am nächsten freien Gegenspieler. Da der Austrianer mit dem Kopf klären muss, kommt er nicht so weit. Der Kopfball geht auf den zuvor freien Mitspieler, den Kampl nun abdeckt. Dadurch und dank sehr guter individualtaktischer Bewegung und Antizipation des Balles kann Kampl den Ball erobern.
Im nächsten Ausschnitt sehen wir sein Gegen- und Rückwärtspressing.
Der Rieder Verteidiger rückt heraus und kann den Ball per Kopf klären. Kampl befand sich hier noch in einer Aufrückbewegung und der Ball kommt hinter ihn. Doch der Spielgestalter der Bullen dreht sofort ab und sprintet nach hinten. Er fällt nicht auf die Bewegung des Gegenspielers herein, sondern übt aggressiv und körperbetont Druck aus. Der Rieder Mittelfeldspieler kommt dadurch in Bedrängnis und Kampl kann den Ball erobern.
Die Szene ist aber noch nicht vorbei. Salzburgs Sechser, der dank Kampls Einsatz den Ball erhielt, schaltet nach vorne um. Kampl erkennt nach kurzem Antritt, dass er in diesem Angriff keine Rolle spielen kann. Er bewegt sich auf Außen und sichert ab. Beinahe kann er sogar den Befreiungsschlag der Rieder abfangen, kurz darauf presst er wieder rückwärts und erobert den Ball ein weiteres Mal.
Diese defensiven Fähigkeiten zeugen davon, wie effektiv Kampl für die Bullen ist. Defensiv kann er immer wieder seine Aufgaben sehr gut erfüllen, nutzt seine Schnelligkeit und Athletik sehr gut, um schnell Druck zu erzeugen.
Davon profitiert er übrigens auch selbst. Nach Ballverlusten wegen zu viel Risiko oder Fehlpässen in den engen Kombinationen, welche Kampl und seine Mitspieler gerne praktizieren, kann er den Schaden dank seines tollen Gegenpressings schnell wieder wettmachen. Dennoch ist Kampl natürlich primär kein Defensivarbeiter. Seine spektakulärsten und prägenden Fähigkeiten finden sich in der Offensive wieder, eben in dem gerade erwähnten Kombinationsspiel.
Der Kombinator und Dauerbrenner – Teil 1
Neben des oft chaotisch wirkenden und gelegentlich etwas unstrukturierten, dafür jedoch sehr aggressiven und intensiven Pressings definieren sich die Bullen natürlich auch durch ihr enorm schnelles Kombinationsspiel. Besonders daran ist auch, dass es nicht nur extrem schnell und in Relation zu dieser Geschwindigkeit präzise ist, sondern auch in sehr engen Räumen praktiziert wird.
Oft kann man Mannschaften, die sich sehr auf das schnelle Kombinations- und Umschaltspiel fokussieren, mit einer sehr kompakten oder auch einer passiven Defensivspielweise Probleme bereiten. Ihre Kombinationen finden dann in zu engem Raum unter hohem Gegnerdruck statt, wodurch schon minimale Fehlbewegungen und etwas ungenaue Pässe gefährlich werden können. Zumindest in der österreichischen Liga schaffen die Bullen es zumeist dennoch ihre Spielweise durchzuziehen und sich einfach durchzukombinieren.
Ein Grund dafür ist natürlich auch unser Analyseobjekt Kevin Kampl. Wieder haben wir ein nettes Videobeispiel dafür.
Nach einer Balleroberung erhält Kampl den Ball in der Mitte. Sofort wird er vom nächsten Austria-Spieler gepresst. Ruhig legt er nach hinten ab und schiebt sofort in den freien Raum nach vorne. Der Austrianer steht nun falsch und konnte wegen Kampls schneller, aber ruhiger und intelligenter Aktion den Ball nicht erobern. In dieses wegen des Herausrückens entstandene Loch zieht Kampl und macht sich wieder anspielbar.
Das Interessanteste kommt dann bei diesem Pass, der ziemlich scharf zugespielt wurde. Normalerweise würde Kampl den Ball wohl mitnehmen. Überraschenderweise lässt er ihn trotz einer potenziell riskanten Situation durch; der Grund offenbart sich sofort. Ein besser postierter Mitspieler erhält den Ball und Kampl läuft sich sofort frei. Salzburg kann dadurch schneller aufrücken und zentral ist sofort Kampl in einer strategisch günstigen Position und in guter Wechselwirkung mit der gegnerischen Staffelung eine Anspielstation.
Die Bullen kombinieren weiter. Nach seinem Anspiel sprintet Kampl sofort nach vorne und läuft sich wieder frei, der Ball geht zuerst aber auf links. Kampl setzt seinen Lauf weiter fort und bietet sich auf links an, wo er den Ball erhält und dann einen Fehlpass spielt. Nichtsdestotrotz war er der Hauptverantwortliche eines tollen und effektiven Spielzugs. Man zeigte mit einigen schnellen Pässen Spektakel und verbuchte gleichzeitig Raumgewinn.
Neben Kampls Kombinationsgeschick erkennt man auch seine unaufhörlichen Bewegungen und sein Anbieten. Dieses Anbieten ist eigentlich in fast jedem Spiel zu sehen. Selten springt Kampl sogar, wenn er nicht angespielt wird, wütend herum und gestikuliert, da er unbedingt eingebunden werden möchte. Diesen Punkt sollte man ihm aber nicht negativ auslegen – im Gegenteil. Diese Energie und Lust am Fußball wandelt er an guten Tagen in durchgehendes Freilaufen, Kombinieren und Bewegen um. Wie er das tut, sehen wir im zweiten Teil.
René Maric, www.abseits.at
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