Helden aus der zweiten Reihe: Der Kampf schwul-lesbischer Fanklubs für mehr Toleranz im Sport
Gesellschaft & Ethik 5.Februar.2014 Andreas Breitenberger 0
Homosexualität im Profifußball ist noch immer ein Tabuthema. Während sich noch kein aktiver deutscher Profi geoutet hat, kämpfen auf den Rängen schwul-lesbische Fanclubs gegen uralte Ressentiments und für mehr Toleranz.
Über der Grundig Arena in Nürnberg bricht langsam die Dämmerung herein und das Flutlicht erhellt das saftige Grün des Spielfelds. Knapp drei Minuten vor dem Ende der Partie des 1. FC Nürnberg gegen die TSG Hoffenheim erheben sich die Zuschauer von Ihren Sitzen und spenden ihrer Mannschaft Standing Ovations. Es steht 4:0, somit ist der erste Saisonsieg der Franken nur noch Formsache. Während das ganze Stadion zu „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ schunkelt, schmeißen auch die letzten Skeptiker ihre Bedenken über Bord und stimmen mit ein. 37.000 Zuschauer singen wie aus einer Kehle. Und mittendrin die Norisbengel.
Die Norisbengel sind der erste schwul-lesbische Fanclub des 1. FC Nürnberg. Jahrelang wurde das Thema Homosexualität im Profifußball schlicht ignoriert. Durch das Outing des ehemaligen Nationalspielers Thomas Hitzlsperger kommt nun Bewegung in die Sache. „Ich finde es gut, dass Schwulsein im Fußball endlich draußen ist“, sagt Andreas Saller, Gründungsmitglied der Norisbengel. „Andererseits ist es schade, dass es überhaupt so ein Thema ist. Eigentlich sollte es ja ganz normal sein.“
Mit drei weiteren Fans gründete Andreas Saller vor knapp drei Jahren den Fanclub. Inzwischen zählt er 21 Mitglieder. Viele kommen aus dem Großraum Nürnberg, aber auch eine Frau aus Köln ist dabei – „weil sie überzeugt von der Sache war“, sagt der Chemielaborant stolz. Auch Heterosexuelle sind bei den Norisbengel herzlich Willkommen. Anfeindungen in der Kurve erleben sie selten. Dafür den ein oder anderen Spruch: „Schau hi, des is a Norisbengel. So schwul schaun die eigentlich gar ned aus.“ lacht Stefan Modschiedler, ebenfalls Mitglied des Fanclubs.
Knapp 30 schwul-lesbische Fanclubs gibt es in Deutschland, Tendenz steigend. Sie alle sind organisiert in QFF, den Queer Football Fanclubs. Ihr Motto „Getrennt in den Farben – vereint in der Sache“ leben sie aus. „Am Bahnhof in Gelsenkirchen wurden wir von dem Fanclub ´Andersrum auf Schalke´ mit einem Norisbengel-Schild abgeholt, danach feierten wir in der Kneipe – gemeinsam“, erzählt Stefan Modschiedler. Doch noch immer herrschen in der Bevölkerung Vorurteile gegenüber Homosexuellen. „Beim letzten Treffen des QFF in Köln wurden 20 Fans vor einer Dönerbude angepöbelt.“
Um dem entgegenzuwirken, erstellten die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der Deutsche Fußballbund (DFB) den Leitfaden „Fußball und Homosexualität“. Steffen Müller, ebenfalls Gründungsmitglied, fühlt sich von den deutschen Fußballverbänden jedoch im Stich gelassen. „Aktuell erfährt Homosexualität keine breite Unterstützung durch den DFB“, erklärt er. „Es nützt nichts, irgendein Papier zu unterschreiben, sondern es muss gelebt werden.“ Immerhin startete die DFL vor Kurzem den Pool zur Förderung innovativer Fußball- und Fankultur, kurz PFiFF. Mit 500.000 Euro jährlich unterstützt die DFL unter Anderem die Umsetzung antidiskriminierender Konzepte.
Was mit Eigeninitiative möglich ist, zeigten die Fans des Traditionsclubs Tennis Borussia Berlin. Sie kreierten ein purpurnes Banner, welches aufgrund seiner Farbe aus jeder Fankurve heraussticht. Darauf zu sehen sind zwei sich küssende Fußballer und ein Regenbogen, das Zeichen der Schwulen- und Lesbenbewegung. Seit Jahren schicken die Verantwortlichen das Plakat durch deutsche Stadien und werben so für mehr Toleranz. „Eine Gesellschaft entwickelt sich weiter. In zwanzig Jahren wird Homosexualität im Fußball ganz normal sein“, gibt sich Steffen Müller optimistisch. Eine längst fällige Normalität.
Andreas Breitenberger, abseits.at
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Andreas Breitenberger
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