CL-Viertelfinale – Chelsea bestraft Paris für seine Passivität
Champions League 10.April.2014 Leonard Dung 0
Obwohl das Hinspiel mit 3:1 deutlich zugunsten der Franzosen ausging, hatte Jose Mourinho zu keinem Zeitpunkt resigniert. Das zahlte sich aus, denn letztlich konnten sich die Londoner auf ihre Heimstärke verlassen, was ihnen einen 2:0-Erfolg bescherte. Sie überzeugten dabei durch eine ungewohnt mutige und offensive Ausrichtung.
Die Aufstellungen – PSG ohne Ibrahimovic
Paris musste den Ausfall von Ibrahimovic auffangen, der wegen einer Verletzung aus dem Hinspiel passen musste. Deswegen besetzte Cavani das Sturmzentrum, ihn unterstützten dabei Lavezzi links und Lucas rechts. Im zentralen Mittelfeld liefen Matuidi und Verratti auf, dahinter sicherte Motta ab. Die Viererkette setzte sich aus Maxwell, Thiago Silva, Alex und Jallet zusammen, Sirigu hütete das Tor.
Wie gewohnt vertraute Mourinho auf Cech im Tor, die Viererkette bildeten Azpilicueta, Terry, Cahill und Ivanovic. Davor positionierten sich David Luiz und Lampard, da Ramires seine Gelbsperre verbüßen musste. Hazard, der nach 18 Minuten für Schürrle ausgewechselt wurde, bewegte sich links, indes frequentierte Willian den rechten Flügel. Oscar wurde im offensiven Zentrum eingesetzt, Eto‘o fungierte als Mittelstürmer.
Chelsea aggressiv im Pressing
Die Partie wurde von Beginn an von zwei unterschiedlichen Ansätzen geprägt. Paris zog sich weit zurück, hingegen verteidigte Chelsea hoch, aktiv und vorwärtsgerichtet. Sie formierten sich grundlegend in einem 4-4-2, wobei die Mittelfeldspieler variabel agierten, um den Druck auf den ballführenden Gegner stets hochzuhalten.
In vereinzelten Szenen ließ Chelsea im Pressing sogar den rechten Flügel verwaisen, um die anderen Räume intensiver zu komprimieren. Außerdem rückten die zentralen Mittelfeldspieler, insbesondere Luiz, weit aus der Kette heraus, um den Ball zu erobern und somit Konter zu verhindern. Generell überzeugte Luiz mit seiner Zweikampfstärke, da er nicht in ein zu enges taktisches Korsett gezwängt wurde, was ihn eher einschränkt. Gefährliche Ballgewinne erzielte Chelsea jedoch nicht, auch wenn Eto`o Sirigu in der 13. Minute in ein waghalsiges Dribbling zwang.
Da auch die übrigen Feldspieler oft kaum ausrechenbare Läufe zeigten, hatte PSG Probleme, seine Konter richtig auszuspielen. Es war zwar manchmal Raum da, aber bevor Paris ihn nutzen konnte, fuhr meistens noch ein Abwehrbein, aus welcher Richtung es auch immer kam, dazwischen. Zudem schalteten sie langsam auf Offensive um, vermutlich da sie keine Gegenkonter kassieren wollten, was ihnen zumindest gelang. Wenn sie sich sauber aus Chelseas Gegenpressing lösten, schlugen sie jedoch daraus kein Kapital.
PSG passiv und vorsichtig
Anders als gewohnt zog sich Paris weit zurück. Sie wollten den Raum um den Mittelkreis in einem kompakten 4-1-4-1 verdichten, wobei Cavani sogar in einigen Szenen Luiz deckte, was die defensive Herangehensweise illustrierte. Die einrückenden Flügelspieler wurden ebenfalls situativ mannorientiert übernommen, womit PSG sie anfangs weitgehend ausschaltete. Obgleich das Endergebnis anderes suggeriert, verteidigte Paris nicht schlecht. Ihr Problem war eher die harmlose Offensive.
Da die Pariser auch ihren Deckungsschatten gut nutzten, hatte Chelsea zeitweilig Probleme, die Verbindung zwischen dem defensiven Mittelfeld und dem Offensivquartett zu schaffen. Lampard und Luiz ließen sich weit zurückfallen, was die Distanz vergrößerte. Im Spielverlauf nahm Willian dann allmählich eine dominantere Rolle und tiefere Positionierung an, um dieses Problem einzudämmen.
Wenn Chelsea Gefahr entwickelte, geschah das normalerweise über Oscars Rochaden auf einen der beiden Flügel. Dort versuchte er, gemeinsam mit einem der Außenstürmer, den ansässigen Außenverteidiger in die Bredouille zu bringen. Besonders die eigene linke Seite, wo sich der nominell schwächere Jallet aufhielt, hatte er sich dabei ausgeguckt. Auch wenn diese Pärchenbildungen nicht ausreichend mit dem übrigen Personal abgestimmt waren, um Großchancen zu kreieren, resultierte daraus Chelseas erste gute Torchance. Oscar dribbelte über links und wurde dabei von Verratti gefällt. Den fälligen Freistoß von Lampard parierte Sirigu aber. Im Anschluss an diese Gelegenheit formierte sich PSG noch tiefer, was in der 32. Minute prompt von Schürrle, nach einem weiten Einwurf von Ivanovic, bestraft wurde.
Das Spiel wird offener
In der zweiten Halbzeit entwickelte sich ein etwas dynamischeres Spiel, weil PSG nun probierte, selbst Akzente zu setzen. Freilich waren diese Versuche nicht wirklich erfolgreich. Wenn sie jetzt ausnahmsweise höher pressten, überbrückte Chelsea das mit langen Bällen. In dieser Phase ergab sich die spektakulärste Aktion der Partie. Paris, das verunsichert wirkte, praktizierte erstmals einen leichten Ballverlust, der durch Chelseas Pressing provoziert worden war. Oscar bekam den Ball, der über Umwege zu Schürrle gelangte, welcher ihn an die Latte setzte. Im Anschluss wurde Chelsea ein Freistoß zugesprochen, den diesmal Oscar an den Querbalken schoss.
Etwas stabilisierten sich die Franzosen, als Cabaye in der 58. Minute für Verratti eingewechselt wurde, um mehr Zweikampfstärke zu liefern. Die einzigen Torchancen, die Paris im gesamten Spiel erhielt, wurden nun durch lange Pässe über Chelseas Abwehrlinie eingeleitet, die Cavani mit seiner phänomenalen Technik verarbeitete. Indes brachte Mourinho mit Ba und Torres Mittelstürmer zwei und drei, um maximale Durchschlagskraft zu gewährleisten. Das erlösende 2:0 fiel letztlich aber nicht unbedingt durch technische Brillanz, sondern weil Chelsea, wie schon vor dem 1:0, Paris mit Macht in ihrem Abwehrdrittel band, so dass ein Querschläger, den Ba erfolgreich verwandelte, für das Tor genügte.
Fazit
Paris zeigte eine mangelhafte Offensivleistung, was angesichts ihrer gewöhnlichen Leistungsstärke verblüfft. Sie schalteten sehr langsam um, außerdem konnte Chelsea ihre Aktionen mit ihrem Pressing ersticken oder zumindest behindern. Es schien so, als würden sie zudem Ibrahimovic als verkappten Spielgestalter und finalen Passgeber vermissen. Schließlich gingen von den Übrigen keine überraschenden Impulse aus.
Defensiv agierten sie gut, allerdings konnte Chelsea, indem sie den Druck stets hochhielten, zwei Treffer erkämpfen. Die „Blues“ deuteten erneut an, dass sie dank ihrer defensiven Stabilität und Flexibilität, sowie ihres Umschaltspiels kein Underdog auf dem Weg zum Champions-League-Triumph sein müssen. In der nächsten Runde werden wir sie wieder in ihrer Paraderolle als Konterteam erleben.
Leonard Dung, abseits.at
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