Toranalyse zur 3. Runde der tipico Bundesliga 2014/2015 | Schick, Rauter, Bruno
Bundesliga 5.August.2014 Alexander Semeliker 0
In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 2. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Thorsten Schick (Admira Wacker), Herbert Rauter (Wiener Neustadt) und Massimo Bruno (Red Bull Salzburg) unter die Lupe.
Admira Wacker Mödling – SK Rapid Wien 1:0, Thorsten Schick (7. Minute)
Im ersten Spiel der Runde trennten sich Admira Wacker Mödling und der SK Rapid Wien 1:1, wobei die Hütteldorfer in Ballbesitz die aktivere Mannschaft waren. Das lag zu Teilen auch am Spielverlauf, denn die Maria Enzersdorfer gingen bereits in der siebenten Minute in Führung. Mit diesem Treffer von Thorsten Schick wollen wir diese Toranalyse auch beginnen.
Dem Tor vorausgehend ist ein Einwurf für die Grün-Weißen, welchen wir in diesem Bild sehen. Der Ball wird bewusst auf Louis Schaub (weiß) geworfen, der hier inmitten von fünf Gegenspielern steht. Dieser soll in dieser Aktion als Nadelspieler fungieren, den Ball dank seiner starken Technik trotz des großen Drucks halten und dadurch Räume für seine Mitspieler schaffen. Das geht jedoch schief; zum einen weil er den Ball lange hält, zum anderen weil auch seine umgebenden Mitspieler nicht gut genug mitspielen.
Einerseits steht Thanos Petsos (grün), wie man in diesem Bild sieht, im Deckungsschatten eines Gegenspielers, sodass der Grieche nicht anspielbar ist. Stefan Schwab (rot) ist dies prinzipiell, verhält sich aber sehr passiv. Er macht nur ein paar nicht koordinativ wirkende Schritte nach hinten und hält einen kleinen Abstand zum Ballführenden ein. Dieser kann aufgrund des großen Drucks aber keinen sauberen Pass spielen, sodass Rapid den Ball verliert. Wäre Schwab weiter diagonal zurückgerückt, was ohne weiteres möglich gewesen wäre, hätte er nicht nur eine längere Zeit gehabt um den Ball zu kontrollieren, sondern hätte sich auch besser in den freien Raum im Zentrum nach vorne drehen können.
Eine weitere Möglichkeit für Schaub wäre es gewesen, auf den Einwerfer zurückzuspielen, was allerdings höchstwahrscheinlich einen Ballverlust zur Folge gehabt hätte, da dieser nur sehr eingeschränkt agieren hätte können. Torschütze Thorsten Schick (gelb) antizipiert indes den Ballgewinn seiner Mannschaft schon zu diesem Zeitpunkt und verschafft sich dadurch den entscheidenden Vorteil gegenüber Rapids Linksverteidiger im Sprintduell.
In der letzten Linie sieht man von den Innenverteidigern zudem das Verhalten, das Rapid in der letzten Saison schon das eine oder andere Mal zum Verhängnis geworden ist. Mario Sonnleitner (schwarz) und sein Nebenmann gehen nämlich nicht ins Gegenpressing, sondern orientieren sich nach hinten. Für die beiden Innenverteidiger ist diese Situation aber insofern schwer zu lösen, weil mit Issiaka Ouedraogo (blau) ein sehr athletischer und schneller Spieler den Ball hat. Für den Angreifer würde es wohl ausreichen, sich den Ball irgendwie vorbeizulegen um freie Bahn auf das Tor zu haben.
Nichtsdestotrotz wollen wir kurz noch den mutigeren, hypothetischen Lösungsansatz anführen. Sonnleitner müsste dafür den Ballführenden attackieren, schon zum Zeitpunkt des Anspiels rücken. Christopher Dibon müsste gleichzeitig dafür sorgen, dass der Passweg auf den steilgehenden Schick zugestellt wäre. Dies bringt scheinbar ein größeres Risiko mit sich als die passive Staffelung, allerdings ist der Angriff in diesem Stadium aus eigener Kraft ohnehin kaum aufzuhalten. Das Potenzial, bei Ballgewinn selbst gefährlich zu werden, ist aufgrund der weiterhin geöffneten Zentralachse ein weiterer Pluspunkt.
SK Sturm Graz – SC Wiener Neustadt, Herbert Rauter 1:2 (22. Minute)
Dass die Sechser im Gegenpressing einen sehr entscheidenden Part einnehmen, wurde bereits im Rahmen der letztwöchigen Toranalyse erwähnt. Anlass war das abwartenden Agieren der beiden Sechser von Sturm Graz im Spiel gegen den SV Grödig, was letztlich zum entscheidenden Gegentor führte. Dass ein aggressives und sofortiges Gegenpressing im Umkehrschluss nicht immer richtig ist, sah man pikanterweise in dieser Runde erneut am Beispiel Sturm Graz.
Nachdem Sturm am gegnerischen Strafraum den Ball verliert, orientiert sich Daniel Offenbacher (rot) hier sofort zum Ball. Allerdings ist ein Wiener Neustädter schneller dort und spitzelt den Ball am herausrückenden Grazer vorbei. Dadurch hat Sturm nur mehr drei Spieler hinter dem Ball, die gegen die guten Bewegungen der Niederösterreicher kaum eine Chance haben.
Michael Tieber (weiß) orientiert sich vom Zentrum auf den Flügel heraus und zieht damit den linken Sturm-Innenverteidiger mit. Dasselbe sieht man auf der anderen Seite von Herbert Rauter (gelb). Dadurch ist sowohl der Abstand zwischen den Innenverteidigern, als auch jener von diesen zum Ball sehr groß. Zugriff? Keine Chance. Auch hier hätten die Defensivspieler mutiger agieren können – der rechte Innenverteidiger hätte hoch bleiben können und Rauter schon früh an den Rechtsverteidiger übergeben können -, allerdings wäre die Aussicht auf eine Angriffsunterbrechung noch geringer als beim oben analysierten Tor der Admira.
SV Josko Ried – FC Red Bull Salzburg 0:2, Massimo Bruno (92. Minute)
Zwei Teams, die bereit sind ein sehr hohes Risiko gegen Ball zu nehmen und dementsprechend auch ihre Abwehrreihen sehr hoch spielen zu lassen, sind die SV Ried und Red Bull Salzburg. Vom „nach vorne verteidigen“ liest und hört man in diesem Zusammenhang immer. Dies scheint aber auch eine Ersatzphrase für ein mannorientiertes Angriffspressing bzw. ein ballorientiertes Gegenpressing, bei dem sich fast alle Spieler auf den Ballführenden stürzen. Aufgrund dessen, dass das technische Niveau in der österreichischen Liga nicht allzu hoch ist, ist dies in vielen Fällen auch effektiv. Was passiert, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben ist, zeigten die Salzburger beim 2:0 in Ried.
Hier sieht man, dass sich gleich vier Spieler der Oberösterreicher zu Kevin Kampl (weiß) orientieren. Davor zog schon Naby Keita (schwarz) die Aufmerksamkeit von drei Riedern auf sich. Das zeugt einerseits von hohem Druck für den Ballführenden, allerdings öffnet es auch Räume andernorts – auch Torschütze Massimo Bruno befindet sich in einem solchen. In diese freien Räume gelangt man aber nur, wenn man schnell kombiniert. Sowohl Kampl als auch als Valentino Lazaro (blau) tun dies, spielen den Ball mit dem ersten Kontakt weiter. Besonders die Verarbeitung des Slowenen ist in dieser Szene besonders herauszuheben. Außer ihm hätten hier wohl nicht viele Bundesligaspieler den Ball sofort in den freien leiten können.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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