Defensivstark und gefährliche Konter: Das erwartet die Salzburger gegen Villarreal
Europa League 19.Februar.2015 Rene Maric 2
Hierzulande stehen sie natürlich im Schatten von Real Madrid, Atlético und dem FC Barcelona, doch Villarreal sorgte in den letzten Jahren immer mal wieder für Furore. 2005/06 erreichte man im 4-3-1-2 mit dem legendären Juan Roman Riquelme auf der Zehn das CL-Halbfinale, Jahre später gab es Anfang dieser Dekade ein hochinteressantes 4-2-2-2 mit Nilmar und Rossi als enorm talentiertem Sturmduo zu beobachten. Doch Abgänge, finanzielle Misswirtschaft und Verletzungen wichtiger Schlüsselspieler sorgten für den Niedergang; man stieg ab. Es gelang aber der direkte Wiederaufstieg und in der letzten Saison wurde man unter Trainer Marcelino als Aufsteiger sogar Sechster. Aktuell besetzt man ebenfalls den sechsten Platz und steht auf einem überaus soliden Fundament nur hinter den großen Drei Spaniens sowie Valencia und Sevilla.
Dieser Aufschwung ist auch Trainer Marcelino zu verdanken. Er gilt als herausragender Taktiker, dessen Vorbild Rafael Benitez ist und von dem auch folgendes Zitat aus einem Interview mit Sid Lowe überliefert ist:
„I think that those people who base their coaching on the mental side of the game…“ he says, pausing, „… well, it’s not real. What is real is the need to generate mechanisms within which players can play well and to help players be in the best possible condition to exploit their virtues.“
Was ist von einer Mannschaft mit einem solchen Trainer also zu erwarten? Die Antwort ist einfach: Interessanter Fußball mit starken Fähigkeiten mit und gegen den Ball, extrem sauberen, fast schon sterilen Abläufen und der Umsetzung der wichtigsten strategischen Konzepte im modernen Fußball.
Modernes 4-4-2 ohne klassische Stürmer
Villarreal formiert sich meistens in einem 4-4-2. Zwar gilt das 4-4-2 häufig als veraltet, doch bei richtiger Interpretation ist es nach wie vor eine sehr interessante Grundstaffelung. In eigenem Ballbesitz hat Villarreal beispielsweise keinen Brecher oder Zielspieler vorne, wie es z.B. in England beim 4-4-2 meistens üblich ist. Stattdessen haben sie mit Luciano Vietto einen Spieler von internationaler Klasse als Stürmer, der extrem beweglich, spielstark und taktisch intelligent ist.
Der 21-Jährige nutzt seine Dynamik und seine Dribblings, um sich immer wieder für Pässe hinter die Abwehr anzubieten oder sich schnell zurückfallen zu lassen, Bälle auf die Außen und die Sechser abzulegen oder im Alleingang für Raumgewinn zu sorgen. Für die Position neben ihm gibt es drei Optionen, allesamt sind auch eher untypische Mittelstürmer. Ikechukwu Uche ist zwar ein gelernter Mittelstürmer, definiert sich mit seinen 1,72m eher über seine Geschwindigkeit.
Die anderen Optionen Gerard Bordas und Giovani dos Santos sind sogar gelernte Flügelstürmer. Insbesondere Letzterer ist ein herausragender Dribbler und überaus spielstark, der mit Vietto ein schwer zu verteidigendes Duo bildet, welches sich sogar in Unterzahlkontern oft durchsetzen kann.
Unterstützt werden die Mittelstürmer von eher zentrumsorientierten, einrückenden Flügelstürmern.
Einrückende Flügelstürmer und unspektakuläres Fundament dahinter
Nach dem Abgang von Cani zu Atlético Madrid haben sie mit Moi Gomez und Jonathan dos Santos auf der rechten Seite zwei sehr junge Spieler für diese Rolle. Jonathan spielte einst beim FC Barcelona sogar als Sechser und Achter. Eine weitere Option auf der rechten Seite stellt Frazier Campbell dar, der sehr tororientiert und eher wie ein verkappter Stürmer agiert.
Auf links haben sie mit Denis Cheryshev eine dynamische und dribbelstarke Option, die sowohl gefährliche Pässe aus der Tiefe auf die Stürmer oder eben wie ein weiterer Angreifer fungieren kann. Er ist ein weiterer Schlüsselspieler in ihrem System. Ebenso wie Kapitän Bruno Soriano, der als halblinker Sechser das Spiel aufbaut, sich sehr spielintelligent bewegt und ein tolles Passspiel besitzt. Pina und Trigueros unterstützen ihn auf der Doppelsechs.
Die Abwehrreihe ist individuell eher unspektakulär besetzt; am ehesten dürften Innenverteidiger Mateo Musacchio und Torwart Sergio Asenjo bekannt sein, doch auch sie sind weit weg vom Status eines internationalen Stars. Dennoch überzeugt Villarreals Defensive. In 23 Spielen in der heimischen Liga haben nur Barcelona und Valencia weniger Gegentore erhalten. Dies liegt an der beeindruckenden taktischen Abwehrarbeit.
Sauberes Verschieben, hohe Kompaktheit
Im 4-4-2 verteidigt Villarreal außerordentlich gut. Sie stehen sehr gut auf ihren Positionen, verschieben in einem harmonischen Rhythmus zum Ball, sind dabei sehr lauffreudig und können ballnah fast immer die Passoptionen verschließen. Beeindruckend ist, wie sauber sie das handhaben.
Man sehe sich diese Szene an:
Die Linien sind wie auf dem Reißbrett gezogen, die Abstände zwischen den Spielern in der Horizontale und den Mannschaftsteilen in der Vertikale scheinen direkt aus einem Trainerlehrbuch zum Verschieben zu stammen. Dadurch kontrolliert man die ballnahen Zonen fast immer, erlaubt kaum Raum in der Mitte und besetzt die Räume vor dem Strafraum enorm präsent. Qualitativ hochwertige Abschlusssituationen werden dadurch verringert. In dieser Szene sieht man, wie sie auf den Flügel verschieben, sehr kompakt sind und Druck erzeugen:
Situativ können sie aber aus diesem eher passiven und tieferen Defensivspiel auch in ein aggressiveres und intensiveres Pressing übergehen. Hierbei verändert sich nicht nur bzw. nicht immer die Pressinghöhe, sondern auch die Art zu decken.
Variable Mannorientierungen aus der Position heraus
Um mehr Druck zu erzeugen, rücken öfters einzelne Spieler nach vorne und versuchen sich als Manndecker an einem Gegenspieler festzubeißen. Besonders die Sechser probieren öfters dadurch mehr Präsenz in höheren Zonen zu erzeugen und den Gegner zu pressen. Hier ist gut zu sehen, dass sich einer der Sechser nach vorne bewegte und die zwei Stürmer unterstützt, während die restlichen Spieler auf ihrer Position bleiben:
Die Flügelstürmer machen dies ebenso, meist aber nur sehr ballnah oder in bestimmten Situationen. In dieser Szene ist zum Beispiel der zuvor manndeckende Flügelstürmer wieder eingerückt und verschiebt ballorientiert, während abermals der Sechser herausrückt:
Ähnliches ist bei den Außenverteidigern ebenfalls der Fall. Der Fokus liegt auf der Sicherung und Besetzung der Mitte und der Halbräume, aber wenn der Ball auf dem Flügel ist und der Gegner von dort aus eine potenziell gefährliche Aktion starten könnte, dann rücken die ballnahen Flügelspieler mannorientiert heraus und versuchen diese zu verhindern. Hier macht dies beispielsweise der Außenverteidiger, der gleich in den Zweikampf mit Messi gehen möchte:
Fazit
Villarreal ist eine defensivstarke und offensiv sehr gefährliche Mannschaft, welche in der Europa League jedem unangenehm werden kann. Gegen Red Bull Salzburg wird wichtig sein, wie die Salzburger die Konter Villareals kontrollieren und ob sie ausreichend Zugriff erzeugen können. Besonders die Abwehr wird schwer zu knacken sein.
René Maric, www.abseits.at
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