Die Polyvalenz in Person: Darum wechselt Stephan Auer zum SK Rapid Wien
Bundesliga 22.Juni.2015 Alexander Semeliker 1
Zum vierten Mal in der laufenden Saison wurde der SK Rapid aktiv. Zum vierten Mal holen die Hütteldorfer einen Spieler aus der österreichischen Bundesliga. Zum vierten Mal ablösefrei. Und zum vierten Mal handelt es sich um einen äußerst interessanten Akteur, der zum anvisierten Weg gut passen dürfte. abseits.at analysiert den Transfer von Stephan Auer.
Mit dem Wechsel von Auer, der von Admira Wacker Mödling kommt und bis Sommer 2018 unterschrieb, soll das grün-weiße Transferprogramm abgeschlossen sein. Er passe, so Rapid-Trainer Zoran Barisic, „hervorragend zu unserer Philosophie, die vielseitig einsetzbare Spieler bevorzugt.“ Auch Sportdirektor Andreas Müller lobte explizit die Vielseitigkeit des 24-Jährigen.
Unscheinbare, aber wichtige Stammkraft
Der Deutsche verwies zudem darauf, dass Auer bereits einiges an Erfahrung besitze – genau 101 Einsätze in der höchsten österreichischen Spielklasse. Bedenkt man sein Alter scheint das allerdings kein Punkt, den man übermäßig positiv herausheben muss. Zum Vergleich: der vier Jahre jüngere Louis Schaub kommt beispielsweise auch schon auf 78 Bundesligaspiele. Bemerkenswerter wird die Einsatzstatistik von Auer erst, wenn man sie im Kontext seines Ex-Vereins sieht.
Die Admira stieg 2011 in die Bundesliga auf, bestritt seit dem 144 Duelle. Das bedeutet also, dass Auer bei 70% der Spiele am Feld stand – und das keineswegs kurzzeitig. Nur acht seiner 101 Bundesligaspiele bestritt er nicht über die volle Distanz. In den letzten beiden Saisonen gab es überhaupt nur drei Feldspieler, die mehr Einsatzminuten hatten als der Defensiv-Allrounder (5.711) – nämlich Christian Klem (5.925), Mario Sonnleitner (5.842) und Michael Sollbauer (5.740).
Mit diesen Statistiken – insgesamt 8.651 Bundesligaminuten – stellt Auer auch sämtliche ehemalige Admira-Mitspieler in den Schatten, die in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit bekommen. Marcel Sabitzer spielte seit dem Aufstieg 8.406 Minuten in der Bundesliga, Richard Windbichler 8.149 und Christopher Dibon 5.618. Einzig Philipp Hosiner hätte den Neo-Rapidler wohl abgehängt, er wechselte letzten Sommer aber nach 7.673 Bundesligaminuten für die Admira und Austria nach Frankreich.
Hohe positionelle Flexibilität
Nun könnte man dagegenhalten, dass Auer lediglich bei einem Team unter Vertrag stand, das in den letzten drei Jahren jeweils gegen den Abstieg spielte und es daher einfacher ist auf entsprechende Einsatzzeit zu kommen als bei einem Klub mit Meisterschaftsambitionen. Andererseits agierte die Admira in dieser Saison beispielsweise unter Walter Knaller sehr gegnerorientiert. Der 57-Jährige wechselte sowohl Formation und Ausrichtung als auch Personal. Auer schien dennoch stets in der Startelf auf.
Dies lag an seiner hohen positionellen Flexibilität. Er spielte nicht nur auf beiden Außenverteidigerpositionen, sondern kam auch auf beiden Flügeln und im Zentrum – offensiv wie defensiv – zum Zug. Aufgrund dieser ständigen Wechsel konnte er zwar nie dem Spiel seinen Stempel aufdrücken bzw. aus dem Kollektiv herausragen, seine Leistungen waren jedoch meist solide bis gut.
Einsatz kaschiert strategische Schwächen
Auers Leistungsdaten sind keineswegs überragend. Zum Beispiel steht er hinsichtlich Passquote (69%) und Zweikampfquote (43,7%) als auch Balleroberungen (4,42 pro 90 Minuten) und klärenden Aktionen (1,35 pro 90 Minuten) im Ranking hinter Mario Pavelic (77,3% – 52,3% – 4,66 – 1,44). Die prägendsten individuellen Eigenschaften von Auer sind seine hohe Einsatzbereitschaft und seine Atheltik. Taktisch hat der Neuzugang hingegen den einen oder anderen Mangel.
Zwar nahm er bei der Admira, wie erwähnt, viele verschiedene Rollen ein, die Interpretation war jedoch weitestgehend die gleiche. Gerade als er im zentralen offensiven Mittelfeld bzw. auf der Achterposition einer 4-1-4-1-Ordnung agierte, wirkte sich das auf das Spiel seines Teams negativ aus. Er suchte auch in unpassenden Momenten den Weg in die Tiefe, anstatt sich kleinräumig für Kombinationen anzubieten. Zwar war diese Spielweise auch der Grund für sein einziges Saisontor, im Großen und Ganzen fehlte dadurch aber nicht nur Kreativität sondern auch die Stabilität litt etwas.
Spielte er eine Ebene tiefer waren seine Bewegungen hingegen durchaus förderlich, weil der Admira in vielen Phasen jemand fehlte, der vertikal zwischen Abwehr und Mittelfeld pendelte und Verantwortung übernahm. Auf den Seiten gestaltete Auer sein Spiel simpel, versuchte meist zu hinterlaufen anstatt spielerisch einzugreifen. Insgesamt ist er also trotz einiger Übereinstimmungen nicht mit strategischen Genies wie Philipp Lahm oder Daley Blind vergleichbar, sondern jemand, der ein großes Aufgabenspektrum dank seiner Athletik und Einsatzbereitschaft verlässlich erfüllen kann.
Lösung für Rapids Problem rechts hinten?
Zwar betonte Barisic, dass Auer vor allem deshalb zu Rapid passe, weil er viele Positionen bekleiden kann, aufgrund seiner Spielweise und der Kaderstruktur Rapids dürfte er aber in erster Linie auf der Rechtsverteidigerposition zum Zug kommen. Seine strategischen Schwächen dürften zu groß sein, als er sich im Zentrum etablieren könnte und seine technischen Fähigkeiten scheinen im Vergleich zu den Qualitäten von Florian Kainz, Philipp Schobesberger, Philipp Huspek, Steffen Hofmann und Louis Schaub ebenfalls zu schwach um sich am Flügel durchzusetzen.
Rechts hinten zeigte Pavelic durchaus gute Ansätze. Der 21-Jährige passt mit seiner Dynamik und seiner guten Technik zudem zum ballbesitzorientierten Spiel Rapids. Jedoch fehlte ihm in seinen, immerhin auch schon 38 Bundesligaspielen die Konstanz auf dem entsprechenden Niveau. Hier dürfte Auer definitiv eine Upgrade sein. Außerdem könnte sich die Tatsache, dass er über einen längeren Zeitraum auf der gleichen Position agieren wird, positiv niederschlagen. Waren die bisherigen drei Neuzugänge aus Grödig eher eine Investition in die Breite, so ist die Verpflichtung von Auer als Zeichen zu deuten, auch die erste Elf zu stärken.
Alexander Semeliker, abseits.at
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