Die Mannschaft für die neue Saison nimmt beim SK Rapid Wien immer mehr Form an. Nachdem das Einkaufsprogramm vorerst abgeschlossen ist, dünnt der Rekordmeister... Brian Behrendt wechselt nach Bielefeld: Wie sehr schmerzt Rapid sein Abgang?

Die Mannschaft für die neue Saison nimmt beim SK Rapid Wien immer mehr Form an. Nachdem das Einkaufsprogramm vorerst abgeschlossen ist, dünnt der Rekordmeister nun seinen Kader aus. So wurde vor kurzem bekannt, dass Brian Behrendt Rapid verlässt und bei Arminia Bielefeld anheuerte. Für drei Jahre unterschrieb der Defensivspieler beim deutschen Zweitliga-Aufsteiger. abseits.at geht der Frage nach, wie stark dieser Abgang schmerzt.

Behrendts Wechsel scheint die Fans des SK Rapid zu spalten. Die einen sind mit dem Transfer glücklich, immerhin wäre sein Vertrag nächstes Jahr ausgelaufen und nachdem eine Verlängerung nicht realistisch erschien hätte Rapid nun immerhin Ablöse kassiert. Die anderen sehen den Verlust eines wichtigen Bausteins im grün-weißen Spiel.

Stabilisator der Ballbesitzphilosophie

Den Großteil der letzten Saison verpasste Behrendt aufgrund von Verletzungen, dennoch konnte er unterm Strich 529 Einsatzminuten in der Bundesliga aufweisen. Ein Zeichen, dass ihn Trainer Zoran Barisic durchaus schätzt. In der Saison 2013/2014 konnten beispielsweise nur vier Feldspieler – davon drei Verteidiger – mehr Einsatzzeit als der 23-Jährige vorweisen. Vor allem im Frühjahr konnte er damals seine Qualitäten unter Beweis stellen. Hier sieht man seine Radars der letzten beiden Saisonen.

Der Fokus des Deutschen lag deutlich erkennbar in der Defensive. Zwar hatte er auch eine markante Torschussbeteiligung, diese rührten allerdings in erster Linie von seinen bekannten Weitschüssen. Das wiederrum erklärt die schlechte Schussgenauigkeit. Außerdem erkennt man die Aussagekraft solcher Radargrafiken; die Grundzüge, die den Spielertyp widerspiegeln sollen, bleiben nämlich erhalten. Mit seiner physischen Spielweise war Behrendt ein wichtiger Stabilisator im ballbesitzorientierten Spiel von Rapid.

Auswirkungen auf Petsos‘ Rolle

In der Saison 2013/2014 begann sich die Spielphilosophie von Barisic zu entwickeln und zeigte erste Erfolge. Im Frühjahr holte beispielsweise kein Team mehr Punkte als Rapid. Dass sich dies mit der stärksten Phase von Behrendt in Grün-Weiß deckte, ist kein Zufall. Es brauchte jemanden, der die teils mangelhaft umgesetzten Ansätze zusammenhält. Defensivstratege Behrendt schien dafür geeignet.

Die Entwicklung hin zur anvisierten Spielweise war damit aber nicht abgeschlossen, man wollte nämlich noch dominanter im Ballbesitz auftreten. Dementsprechend wurde im letzten Sommer an Stellschrauben gedreht und unter anderem Stefan Schwab neu geholt. Das hatte eine neue Aufstellung auf der Doppelsechs zur Folge. Behrendt wurde zum Reservisten, Thanos Petsos übernahm die defensive Position.

Wie man anhand dieser Grafik sehen kann, änderte das auch seine Leistungsdaten merkbar. 2013/2014 war der Grieche in mehreren Bereichen äußerst präsent, eroberte vor allem im Zweikampf viele Bälle (4,18 Tackles pro 90 Minuten) und hatte mehr Torschussbeteiligungen als 2014/2015. In der abgelaufenen Saison wurden Petsos‘ Fähigkeiten dann gezielter eingesetzt. Er spielte tiefer und hatte durchschnittlich die meisten Pässe aller Bundesligaspieler. Die Passquote blieb annährend gleich, aber die offensive Produktivität ging zurück. Der Anteil an langen Bällen stieg zudem, weil er nun weiträumiger agierte und die Bälle aus einer tieferen Position verteilte.

Interessant ist, dass die Zahl seiner Balleroberungen zurückging, was auch nicht durch seinen Nebenmann aufgefangen wurde. Schwab und Petsos eroberten 2014/2015 pro 90 Minuten gemeinsam 10,6 Bälle. In der Saison 2013/2014 waren es bei Behrendt und Petsos 13,5 – also fast drei direkte Balleroberungen mehr. Dennoch kassierte man weniger Tore. Die „Angriff ist die beste Verteidigung“-Strategie schien also aufzugehen und wird in der nächsten Saison wohl noch stärker fokussiert. Dementsprechend ist die Entscheidung, Behrendt abzugeben, nachvollziehbar.

Chancen für Grahovac und Wydra

Behrendt war im großen Angebot im zentralen Mittelfeld der defensivste und unflexibel einsetzbarste Spieler. Neben der Rolle als defensiver Abräumer schien er lediglich als Aushilfe in der Innenverteidigung in Frage zu kommen. Dort wurden in der letzten Saison jedoch auch Petsos und sogar Stefan Stangl eingesetzt. Nach dem Wechsel von Behrendt hat Barisic auf der Doppelsechs allerdings weiterhin eine breite Auswahl. Stefan Nutz und Schwab dürften dabei vor allem für den offensiven Part bzw. auch für die Zehnerposition im 4-2-3-1 in Frage kommen.

Die erste Alternative zu Petsos dürfte Srdjan Grahovac sein. Der Bosnier hatte in seiner ersten Saison Probleme zu überzeugen. Seine guten und breitgefächerten Anlagen konnte er nur selten zeigen. Gerade der offensive Output war durchaus überschaubar. Sieht man sich seine Passquote und seine Balleroberungszahlen an, ist es jedoch verständlich, dass er weiterhin das Vertrauen bekommt. Mit einer Passgenauigkeit von 82,2% übertrifft Grahovac er Petsos ebenso wie bei den Tackles (2,83) und abgefangenen Bällen (2,96), wo der Grieche auf jeweils 2,76 pro 90 Minuten kommt.

Eine zweite Option könnte Dominik Wydra sein. Der 21-Jährige gilt zwar landläufig als offensiver Mittelfeldspieler, aufgrund seiner strategischen Mängel wäre er jedoch auch eine Überlegung auf der defensiven Sechserposition – gerade weil Rapid vermutlich noch ballbesitzorientierter spielen wird. Andererseits zeigt sein Radar eine erstaunliche Übereinstimmung mit jenem von Behrendt. Bei Wydra stellt sich allerdings auch eine andere Frage – nämlich, ob er nächste Saison noch bei Rapid sein wird.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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