Gut im Verbindungsspiel: Darum ist Tomi aktuell Rapids bester Stürmer
Bundesliga 8.Mai.2016 Alexander Semeliker 0
Mit der 0:2-Niederlage beim SV Grödig hat der SK Rapid in der vergangenen Runden den Meistertitel endgültig verspielt. Auf Platz drei werden die Hütteldorfer aber wohl auch nicht mehr zurückfallen. Deshalb könnten die letzten drei Bundesligaspiele auch ein Casting für die kommende Saison sein. Besonders die Stürmer stehen dabei im Mittelpunkt.
60 Tore erzielte Rapid in den bisherigen 33 Bundesligarunden – ein guter Wert. Dennoch gab und gibt es gerade um die personelle Situation im Angriff ständig Diskussionen. Der beste Saisonschütze kommt auf sieben Treffer und ist mit Florian Kainz ein Mittelfeldspieler. Dass es nach dem Abgang von Robert Beric Probleme geben könnte, erläuterte abseits.at bereits kurz nach dessen Wechsel. Viel zu spät scheint man den bestmöglichen Ersatzmann gefunden zu haben.
Schlitzohr und „Grätzn“
Lange versuchte es Rapid-Trainer mit Sommerneuzugang Matej Jelic als Solospitze im 4-2-3-1-System, doch der Kroate konnte in seiner ersten grün-weißen Saison trotz eines zwischenzeitlichen Hochs im Großen und Ganzen nicht überzeugen. Auch Deni Alar und Philipp Prosenik passten nicht wirklich zum anvisierten Spielstil. In den letzten Runden deutete nun aber ausgerechnet jener Spieler sein Potenzial an, dessen Transfer bei der breiten Masse für extrem viel Unverständnis sorgte: Tomi Correa.
Der Spanier, der ablösefrei aus Grödig kommt scheint von allen verfügbaren Stürmer aktuell jener zu sein, auf den das Rapid-Spiel am besten zugeschnitten ist. Eine Eigenschaft, die die meisten Fans bei seiner Verpflichtung positiv herausgestrichen haben, ist seine Schlitzohrigkeit. Diese äußert sich auf verschiedene Arten. Einerseits setzt Tomi seinen Gegenspielern mit kleineren, versteckten Scharmützeln psychisch und physisch zu, andererseits verfügt er über ein passenderes Antizipationsspiel als seine Stürmerkollegen.
Tomis Tore im Rapid-Dress bisher – es waren zugegebenermaßen auch nicht besonders viele – waren im Endeffekt nicht besonders schwer zu erzielen. Bei den ersten beiden Treffern fiel ihm jeweils der Ball im wahrsten Sinne des Wortes vor die Füße. Bei seinem Siegtreffer im Derby profitierte er von einem Fehler eines Gegenspielers und stand dann alleine vor dem Tormann. Gerade dieses Tor zeigte aber die Gedankenschnelle des 31-Jährigen. Er reagierte nämlich viel schneller als die drei FAK-Spieler, die um ihm standen, weshalb er letztlich viel Platz hatte um den Ball ins Netz zu befördern.
Schaffen von Verbindungen
Der Grund dafür, dass Tomi aktuell Rapids bester Stürmer ist, ist aber nicht einer den oben genannten Punkte, sondern vielmehr seine Qualität im Kombinations- und Verbindungsspiel. Eben genau jenen Bereichen, in denen auch Beric herausragte. Auch wenn Rapids Strukturen im Ballbesitzspiels stark ausbaufähig sind, so gelang es ihnen im Laufe der Saison doch regelmäßig zügig durchs zweite Drittel zu kommen. Das Ausspielen dieser Situationen war aber meist katastrophal. Vor allem ein zuverlässiger Ankerpunkt in der Gefahrenzone fehlte, der Räume öffnen und Bälle schnell weiterleiten kann. Tomi ist so ein Typ, wie die folgenden beiden Szenen zeigen.
In dieser Aktion weicht der Spanier aus dem Angriffszentrum zur Seite aus und zieht damit den Innenverteidiger des Gegners aus dessen Position. Der dadurch entstanden Raum wird sofort von einem Mitspieler angelaufen, sodass sich eine äußerst gute Ausgangsposition ergibt. Der rechte Verteidiger des Gegners muss nämlich einrücken, wodurch der linke Rapid-Flügelspieler frei wird. Der vermeintliche Haken: Tomi muss den Ball mit dem ersten Kontakt weiterleiten um die Dynamik der Situation ausnützen zu können. Er hat aber die dafür nötigen technischen Fähigkeiten und in der Folge erzielt Rapid ein Tor.
Diese Szene zeigt die großen Fähigkeiten von Tomi im Verbindungsspie noch besser. Wieder öffnet er durch sein Herausrücken einen Raum, von dem aus sein Mitspieler sehr gefährlich werden kann. Wieder ist das direkte Anspiel extrem schwer zu bewerkstelligen. Der gegnerische Innenverteidiger eröffnet Tomi sogar die Möglichkeit selbst direkt zum Tor zu ziehen.
Würde er sich für diese Option entscheiden, hätte er aber einen weitaus schlechteren Schusswinkel als der durchstechende Flügelspieler. Ein Anspiel auf diesen wäre dann auch nicht mehr möglich, da aus der Mitte bereits ein Gegenspieler den Raum zustellen würde. Deshalb nutzt Tomi seine Technik wieder dahingehend aus, seinen Mitspieler direkt anzuspielen. Im Vergleich zur ersten Szene folgt aber kein Tor.
Intelligentes „Reinstellen“ des Körpers
Tomi ist also in allen Bereichen, die für das Bespielen der kurzfristigen Lücken in der gegnerischen Formation nötig sind, für österreichische Verhältnisse überaus stark. Durch seine Bewegungen schafft er die nötigen Räume, mit seiner Technik kann er die Bälle direkt weiterleiten und er handelt so vorausschauend, dass die Folgeaktion bestmöglich im Sinne seines Teams ist. Die Entscheidung dafür muss aber nicht immer so ausfallen, dass der Ball sofort abgespielt wird. Im Gegenteil: in manchen Situationen ist es sogar besser, das Zuspiel zu verzögern.
Dass Tomi auch hier oft die richtige Balance finden kann, sah man schon während seiner Grödig-Zeit. Dabei zieht er nicht nur einen Vorteil durch seine physischen Anlagen, sondern nutzt diese auch optimal aus. So blockte er zum Beispiel gegen Sturm Graz beim Fernschuss, der zum 1:0 führte, seinen Gegner sehr auffällig weg. Dadurch konnte er sowohl die Flugbahn des Balls vergrößern, als auch sich selbst im Falle eines Abprallers in eine gute Position bringen.
Hier sieht man eine andere Szene, in der Tomi seinen Körper intelligent „reinstellt“ und Rapid in der Folge zu einer sehr guten Torchance kommt. Er dreht sich bewusst in den Gegenspieler ein um den Körper zwischen diesen und den Ball zu bekommen. Außerdem hat er dadurch ein offenes Sichtfeld nach vorne um den startenden Flügelspieler einzusetzen.
Kein dauerhafter Beric-Ersatz
Erneut erkennt man, dass es nicht ausreicht in nur einer Disziplin stark zu sein, um der passende Spieler im Rapid-System zu sein. So hätten in der letzten Szene wohl die körperlich ebenfalls robusten Jelic und Prosenik den Ball auch behaupten können. Ob sie dies allerdings auch in der Art und Weise wie Tomi gemacht hätten – nämlich so, dass man aus der Folgeaktion weiterhin torgefährlich ist – ist fraglich.
Dieses alleinige und strategisch wertvolle Festmachen und Weiterleiten von Bällen des Stürmers war wie bereits öfters erwähnt ein wichtiger Grund dafür, dass Rapid mit Beric einen derart erfolgreichen und flüssigen Fußball zeigen konnte. Der Slowene schaffte es zudem diese Qualitäten in Einklang mit einer passablen Schnelligkeit und einer äußerst guten Abschlussstärke bzw. Torquote zu bringen. Gerade diese beiden Punkte sind allerdings Argumente dafür, dass Tomi keine dauerhafte Lösung für die Stürmerposition sein dürfte. Die Frage, warum Rapid die beste zur Verfügung stehende Waffe dennoch in der laufenden Spielzeit recht lange nicht einsetzte, bleibt trotzdem bestehen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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