1:1 gegen Altach: Ein letzter Ballbesitzkick im Prater und klare Forderungen aus dem Block West
Bundesliga 12.Mai.2016 Daniel Mandl 0
Rapid verlässt nach zwei Jahren das ungeliebte Happel-Stadion und macht sich auf in eine schöne Zukunft in der neuen Heimstätte. Das 1:1 gegen den SC Rheindorf Altach war das Sinnbild für die gesamte Ligasaison – der Beigeschmack von Rapids letztem Auftritt im Prater war fahl.
Bisher verhielt sich der Block West ruhig, was die aktuelle sportliche Lage beim SK Rapid betrifft. Beim Spiel gegen Altach wandten sich die Fans an die Vereinsführung und die Mannschaft bzw. das Trainerteam.
Müller wird aktiv
„Ihr solltet wieder nach unseren Werten streben und nicht für jeden Cent das Röcklein heben. Ohne Konzept von Saison zu Saison, Pläne gibt’s nur für das Weststadion. Das Wichtigste passiert immer noch am Feld, denkt an den Sport und nicht nur ans Geld!“ – so das längste der Fantransparente. Tags darauf fixierte Rapid den Rekordtransfer von Arnór Ingvi Traustason und soll auch bei anderen Millionenkalibern mitbieten. Andreas Müller ist also bereits dabei die Fans zu beruhigen. Dass es mehr braucht als einen Toptransfer weiß man auch bei Rapid.
Acht Jahre ohne Titel sind den Fans genug
Die griffigere Ansage der Fans: „Jetzt gibt es keine Ausreden mehr, Titel und Erfolge müssen her! Unsere Zielvorgabe für nächste Saison: Cupsieger und Meister im Weststadion!“ – nach acht Jahren ohne Titel sind die Fans verständlicherweise sauer und ungeduldig. Der nächste Schritt muss es sein, dass man sich auch im Verein zu diesen Zielen bekennt und diese als klare Zielvorgabe für die neue Saison herausposaunt. Das wird natürlich passieren.
Alle Saisonziele verpasst
Aber wie die Fans schon bemerkten, liegt die Wahrheit auf dem Platz. Und diese Wahrheit war gestern – einmal mehr – unangenehm. Selbst in einer Partie, in der es um nichts mehr ging und in der Rapid eigentlich frei von der Leber weg spielen konnte, spielten die Grün-Weißen denselben uninteressanten Ballbesitzkick runter, wie bereits die gesamte Saison zuvor. Die Luft ist nach einer langen Spielzeit eindeutig draußen. Rapid hat mit dem 1:1 gegen Altach nun endgültig alle Saisonziele verpasst.
Die gefährliche Gleichgültigkeit in Grün-Weiß
Die Gleichgültigkeit und der Galgenhumor auf den Tribünen waren gerade am gestrigen Abend unerträglich. Es machte sich nicht mal mehr Ärger über das Dargebotene breit – der überwältigenden Mehrheit der Fans ist die aktuelle Mannschaft aufgrund ihrer laschen Mentalität schlichtweg „wurscht“. Und das ist bei Rapid wohl schlimmer als eine richtig schlechte Mannschaft zu haben. Es spricht Bände, wenn man von den allgemein emotionalen RapidFans nach dem 1:1 durch Schwab hörte: „Schade – jetzt holen’s einen Punkt und können den Topfen ungestraft weiterspielen…“
Ans Limit gehen
Kicken können sie alle. Das bewiesen sie auch gestern. Kämpfen, kratzen, beißen und bis ans körperliche Limit gehen – das alles können die wenigsten in dieser Mannschaft. Hier müssen sich die Spieler selbst, aber natürlich auch das Trainerteam hinterfragen. Wenn man sich die Elf des Champions-League-Finalisten Atlético Madrid ansieht, sieht man Spieler wie aufgezuckerte Bluthunde, die für den emotionalen Diego Simeone mit rostigen Nägeln in den Fußsohlen durchs Feuer gehen würden. Eigentlich Rapid-Mentalität – aber derzeit von Hütteldorf meilenweit entfernt.
Der ungeliebte Ballbesitzkick
Das Spiel gegen Altach zeigte einmal mehr, dass auch sportlich die falschen Werte und Ansätze Einzug in Hütteldorf gehalten haben. Gegen einen tief stehenden, defensiv gut organisierten Gegner hatte Rapid zwar 75,7% Ballbesitz, dennoch aber keine Herrschaft über den Zwischenlinienraum und in Wahrheit auch zu wenige zwingende Chancen. Das Spiel Rapids wirkt weiterhin wie eine einzige große Trainingsform. Als wäre jede Phase im Spiel der Hütteldorfer auf dem Reißbrett gezeichnet. Es gibt kaum Überraschungen, viel zu wenige Durchbrüche oder Besonderheiten. Und all das ist dringend notwendig, wenn das Gros der Gegner auf nationaler Ebene destruktiv bis hässlich spielen.
Zoki will nach außen härter werden…
Zoran Barisic beteuerte, dass er seine Kommunikationsweise ab der nächsten Saison ändern wird. Angesichts dessen, dass der Rapid-Coach in der Kritik steht und unter den Fans mittlerweile umstritten ist, war dieses Commitment notwendig. Ob er dies auch umsetzen wird bzw. kann, steht auf einem anderen Blatt.
…muss aber auch intern noch viel mehr fordern
Von Insidern hört man, dass Barisic intern sehr hart mit seinen Spielern umgeht und viel fordert. Lässt man die gesamte Saison (und auch die gestrige Partie) vor dem geistigen Auge revue passieren, kommt man zu dem Schluss, dass er wohl auch nach innen noch härter werden muss. Um das Simeone-Beispiel erneut zu strapazieren: Eine Leistung wie die gestrige hätte der Argentinier nicht durchgehen lassen, ohne mehr als der Hälfte seiner Mannschaft an die Kronjuwelen zu gehen. Und die bedeutungslose Altach-Partie war natürlich das erste Beispiel dieser Art.
Werte und Tugenden für eine erfolgreiche Saison 2016/17
Rapid hat deutlich mehr Probleme als zu viele vergebene Torchancen. Es fehlen nicht nur die letzten Prozente zur unbändigen Dominanz auf nationaler Ebene, sondern weiterhin sehr viel. Variabilität, Cleverness, Mut, Adaptierungsfähigkeit und nicht zuletzt Mentalität und Selbstbewusstsein. Nur wenn Barisic es endlich schafft, seiner Mannschaft diese Werte und Tugenden einzuimpfen, werden die Fans in der Saison 2016/17 ihre Transparente zu Hause lassen. Viele Beobachter fürchten im Sommer einen Umbruch bei Rapid, bedingt durch zahlreiche Spielerabgänge. In Wahrheit wäre ein Umbruch sogar wünschenswert, denn die Mannschaft kann eher an Profil gewinnen als verlieren.
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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