In dieser begleitenden Serie zur Europameisterschaft in Frankreich werden pro Gruppenspieltag die Schlüsselduelle der einzelnen Begegnungen kurz unter die Lupe genommen. Wer die Duelle für sich entscheiden konnte und ob es überhaupt zu den vorgestellten Auseinandersetzungen gekommen ist, wird am folgenden Tag besprochen. Diesmal mit den Paarungen Albanien – Schweiz, Wales – Slowakei und England – Russland.
Migjen Basha vs. Granit Xhaka
Im Spiel Albanien gegen die Schweiz würde sich zur Betrachtung natürlich das „Bruder-Duell“ zwischen Taulant und Granit Xhaka anbieten. Ersterer spielt jedoch im albanischen Team eine andere Rolle als sein Bruder in der „Nati“, sodass das Augenmerk in dieser Partie auf einem anderen Duell liegt.
Granit Xhaka ist das Herz und Hirn der Eidgenossen, wobei der 23-Jährige immer noch Probleme hat, ein Spiel wirklich zu lenken. Er verlässt sich noch zu sehr auf seine Dynamik und behält in vielen Situationen keinen kühlen Kopf, sodass das Spiel seiner Mannschaft oft zerfahren und hektisch wird. Xhaka schafft es noch nicht, den Rhythmus dahingehend zu bestimmen, in den richtigen Situationen das richtige Tempo anzuschlagen. Vielleicht stellt sich diese Entwicklung nun unter Arsene Wenger beim FC Arsenal ein.
Xhakas Rolle nimmt im albanischen Team, wie bereits erwähnt, nicht sein Bruder Taulant ein, sondern der gebürtige Schweizer Migjen Basha ein. Der zentrale Mittelfeldspieler ist beim EM-Debütanten, neben Lorik Cana, der Chef auf dem Platz. Albanien operiert im Spielaufbau viel mit langen Bällen und der 29-Jährige ist derjenige, der diese oft spielt und entscheidet, wann sie gespielt werden.
Beide Spieler sind extrem wichtig für ihre Mannschaften, wobei ein Ausfall Xhakas für die Schweiz eine mittlerer Katastrophe darstellen würde, während sein Gegenüber vom italienischen Zweitligisten Calcio Como im albanischen Team „einer von vielen“ ist, da die Mannschaft von ihrer Geschlossenheit und taktischen Disziplin lebt. Trotzdem wäre der Ausfall ihres Spielmachers natürlich ein herber Schlag für das Team vom Balkan.
Joe Allen vs. Marek Hamsik
Im walisischen Team ist natürlich Gareth Bale der alles überstrahlende Superstar. Wales ist jedoch kein offensiv-orientiertes Team, sondern lebt von einer hervorragenden Defensive. Ein Spieler, dem im Defensivkonstrukt der Waliser eine wichtige Aufgabe zu kommt, ist Joe Allen.
Der Liverpooler lebt von seiner Zweikampfstärke und Passsicherheit. Er ist ein laufstarker, galliger Spielertyp, der bei den „Reds“ sehr gut in das System von Jürgen Klopp passt. Hauptaufgabe beim EM – Debüt wird für den 26-Jährigen sein, sowohl den Spielaufbau mit zu orchestrieren, als auch die gegnerischen Angriffe frühzeitig zu unterbinden.
Mit dieser Aufgabe betraut, wird Allen im Spiel gegen die Slowakei sehr häufig auf deren Superstar Marek Hamsik treffen. Der offensive Mittelfeldspieler vom SSC Neapel ist der Fixpunkt im slowakischen Spiel und wird im Angriff immer wieder gesucht.
Hamsik ist technisch überragend und hat einen tollen Schuss. Er kann Spiele alleine entscheiden und auch sichere Defensiven mit einer Aktion in Verlegenheit bringen. Der Nachteil: wenn die walisische Defensive um Joe Allen es schafft, den 28-Jährigen aus dem Spiel zu nehmen, ist das mehr als die halbe Miete, um den slowakischen Angriff lahmzulegen.
Roman Shirokov vs. Wayne Rooney
Der russische Routinier ist trotz seiner 34 Jahre immer noch ein Fixpunkt in der Sbornaja – was einiges über das russische Team aussagt. Mit seiner Erfahrung ist er einer der fußballerisch intelligentesten Akteure im russischen Kader, der das Tempo eines Spiels beeinflussen und klare Aktionen in das etwas unstrukturierte Spiel der Russen bringen kann.
Nichtsdestotrotz kratzt der offensive Mittelfeldspieler mittlerweile an seinem Zenit. Ob er noch in der Lage ist auf höchstem Niveau zu agieren, wird sich im Spiel gegen England zeigen. Zumal Shirokov keine wirkliche Torgefahr ausstrahlt.
Um Wayne Rooney muss man sich in diesem Punkt keine Sorgen machen. Der Engländer ist auf seiner Position absolute Weltklasse – auch wenn die englische Presse das oft nicht wahrhaben will. Der 30-Jährige von Manchester United ist im Offensivspiel der Engländer so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau: Er schießt Tore, setzt seine Mitspieler mit Vorlagen ein, reißt durch seine Wucht Lücken und ist fußballerisch hochintelligent.
Von den beschriebenen Voraussetzungen her, wirkt es wie ein ungleiches Duell zwischen den beiden offensiven Fixpunkten der beiden Mannschaften. Shirokov ist ein alternder Star, der die besten Tage hinter sich hat, während Rooney im Zenit seiner Leistungsfähigkeit steht. Abschreiben sollte man den Russen jedoch nicht.
Nachbetrachtung der gestrigen Duelle
Dass sich Gastgeber Frankreich gegen gut organisierte Rumänen schwer getan hat, war nicht sonderlich überraschend. Die besprochenen Duelle hatten auf das 2:1 – Endergebnis einen nicht unerheblichen Einfluss: Oliver Giroud war ein stetiger Unruheherd; die rumänische Abwehr um Kapitän Vlad Chiriches bekam nie wirklich Zugriff auf ihn – folgerichtig erzielte der Stürmer vom FC Arsenal das 1:0, wobei er bei seinem Kopfballtreffer seine ganz körperliche Wucht präsentierte.
N`Golo Kanté machte ein gutes Spiel, war aber einmal nicht zur Stelle und musste mit ansehen, wie sein Kollege Patrice Evra sich im Strafraum gegen Nicolae Stanciu nur mit einem Foul zu helfen wusste. Den fälligen Elfmeter verwandelte Bogdan Stancu. Generell war Stanciu für die Franzosen nie ganz zu greifen und sorgte im überraschend offensiven Spiel der Rumänen für die nötige Struktur. Kanté hingegen gab seiner Mannschaft auch in kritischen Phasen Balance und bereitete den Siegtreffer durch Payet vor.
Antoine Griezmann machte für seine Verhältnisse ein eher durchschnittliches Spiel und war, bis auf seinen Stangenkopfball in der ersten Halbzeit, bei der rumänischen Abwehr in guten Händen; wohingegen sein Pendant Dmitri Payet von der rumänischen Abwehr um Chiriches und Razvan Rat nicht in den Griff zu bekommen zu war. Vor allem Rat zeigte sich in einigen Situationen vom Tempo der französischen Offensive überfordert.
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