Trotz Olympia und Qualiverbot: Holt Rapid Südafrika-Starlet Phiri?
Bundesliga 1.Juli.2016 Daniel Mandl 0
Der SK Rapid ist auch zwei Wochen vor der Eröffnung des neuen Allianz Stadions in Wien-Hütteldorf weiterhin auf der Suche nach einem defensiven Mittelfeldspieler. Der abkippende Sechser soll das Spieltempo der Rapidler bestimmen und den zu Werder Bremen abgewanderten Thanos Petsos ersetzen. Doch die Suche gestaltet sich schwierig.
Dass man grundsätzlich spät dran sei, will man bei Rapid nicht wissen. Es gibt stets einen Plan B – oder C, oder D. Fakt ist, dass man bereits seit gut einem halben Jahr weiß, dass Thanos Petsos den Verein verlassen wird, allerdings kein frühzeitiger Ersatzmann vorgestellt wurde, wie es auf der Kainz-Position des Linksaußen mit Árnor Ingvi Traustason gemacht wurde.
Die teuren Sechser
Manche der Kandidaten sind zu teuer, bei anderen ist man zu spät dran. So ist Nordsjaellands Kampfmaschine Stanislav Lobotka, ein kommender slowakischer Nationalspieler, ebenso zu teuer, wie der aktuelle slowakische Teamspieler Patrik Hrosovsky bei dem Viktoria Pilsen gut pokert. Auch die drei Millionen Euro schwere Ausstiegsklausel für Ivan Mocinic plus ein saftiges Gehalt für den Rijeka-Führungsspieler möchte Rapid offenbar nur im äußersten Notfall stemmen. Man ist weiterhin auf der Suche nach einer adäquaten Option, die weniger Risiko fürs Börserl birgt.
Underachieving Brøndby
Fündig wurde man nun offensichtlich bei einem vor kurzem beinahe insolventen Klub in Dänemark. 2013 stand Brøndby, Vorstadtklub und Underachiever in der jüngeren Vergangenheit, also irgendwie Rapid-ähnlich, kurz vor dem Aus und konnte nur durch eine Neuübernahme gerettet werden. Zweimal entrannen die Gelb-Blauen knapp dem Abstieg, 2013/14 sollte der Kickstart in Richtung Spitze erfolgen. Die neuen Eigentümer machten Geld locker, investierten drei Millionen Euro in neue Spieler, doch Brøndby blieb „underachieving“.
Ähnlichkeiten mit Rapid vor einigen Jahren
Zwar qualifizierte man sich dreimal für Europa, aber in Dänemark gab es weder einen Titelkampf, noch Erfolge im Cup. Im Europacup war das Playoff zur Europa-League-Gruppenphase das höchste der Gefühle. Die dringend benötigten Europacup-Millionen blieben aus, es werden wieder kleinere Brötchen gebacken und Spieler in recht flotten Deals abgegeben. Der langjährige Linksverteidiger Riza Durmisi, mittlerweile auch dänischer Teamspieler, wurde vor wenigen Wochen um zwei Millionen Euro an Betis Sevilla abgegeben, obwohl er noch zwei Jahre Vertrag hatte. Stangl wird etwa um dieselbe Summe von Rapid nach Salzburg wechseln. Brøndby steht finanziell somit ähnlich da, wie Rapid vor der Ära Krammer, als der Leitsatz auch stets war: „Entweder wir verkaufen jemanden oder wir kommen in eine Gruppenphase“.
Mehrere Stolpersteine
Da Brøndby die Saison 2015/16 auf dem vierten Platz der dänischen Liga beendete, ging es für das Team des Litauers Auri Skarbalius bereits gestern in der Europa League los. Beim 4:1-Auswärtssieg gegen Valur Reykjavik saß ein gewisser Lebogang Phiri auf der Bank der Dänen und wurde zur Pause eingewechselt. Der 21-jährige Südafrikaner könnte demnächst nach Wien wechseln, wäre für Rapid aber erst in der Gruppenphase der Europa League spielberechtigt. Ein deutliches Manko, ebenso wie die Tatsache, dass Phiri gerne für sein Land an den Olympischen Spielen in Brasilien teilnehmen würde. Diese würden vom 3. bis 20. August stattfinden.
Passsicher und stark im Abkippen
Auch wenn es um den Box-to-Box-Midfielder anfängliche Unstimmigkeiten gibt und er der erste Südafrikaner im Rapid-Trikot wäre, liest sich die „Akte Phiri“ im Grunde wie ein typischer Rapid-Transfer. Vor allem wenn man genauer ins Spiel des jungen Mannes aus Johannesburg eintaucht. Der vierfache Nationalspieler der „Bafana Bafana“ ist enorm kurzpasssicher, hat die ersten beiden Drittel im Griff und spielt die Rolle des abkippenden Sechsers souverän.
Guter Dribbler
Eines der für Rapid wichtigsten Merkmale im Spiel des Top-Talents: Phiri hat Zeit seiner Karriere eine sehr hohe Dribblingerfolgsquote für einen defensiven bzw. zentralen Mittelfeldspieler. Gegen Brøndby stehen die Gegner naturgemäß nicht so tief wie gegen Rapid, aber eines der großen Probleme der Hütteldorfer in der Vorsaison war es, dass sie aus dem zentralen Aufbau heraus nur schwer über die erste Linie des Gegners kamen. Dies kann einerseits durch vertikale Pässe passieren, was Srdjan Grahovac in Pflichtspielen zu selten forcierte oder durch beherzte Dribblings, wie es Stefan Schwab oft vor allem mit Hilfe physischer Überlegenheit versuchte.
Ein anderer Spielertypus
Lebogang Phiri stellt einen unterschiedlichen Typus dar, denn der eher schmächtig wirkende Südafrikaner kommt nicht über die Physis ins Dribbling, sondern über clevere Bewegungen und Körpertäuschungen, die eine neue Facette ins Spiel der Grün-Weißen bringen könnten. Zudem gilt Phiri auch als guter Zweikämpfer, Balleroberer und Spielverlagerer. Direkte Torschussvorlagen gelingen ihm nur sehr wenige, dafür aber fungiert er immer wieder als Einfädler und Architekt im Spiel seiner Teams. In 101 Pflichtspielen für Brøndby erzielte er acht Tore, was wiederum seiner dritten richtig großen Stärke nach den Kurzpässen und den Dribblings geschuldet ist.
Belebende Komponente für sonst dogmatische Rapid-Zentrale
Phiri ist nämlich vor allem laufstark und schnell zu Fuß. Der 21-Jährige kommt schnell hinter den Ball, spielt von Aufbau bis Abschluss sehr geradlinig auf der Zentralachse und kommt auf ebendieser auch häufig in Strafraumnähe bzw. in den Strafraum. Einige seiner Treffer für Brøndby leitete er selbst ein, schloss dann in Abstaubermanier ab, weil er auch die direkten Wege gerne und mutig geht. Natürlich ist das Spiel des jungen Sechsers noch nicht immer sauber, aber die Variabilität in seinen Entscheidungen würde Rapids zentrales Mittelfeld auf jeden Fall beleben. Und da Rapid eine Mannschaft ist, die – so alle zusammenspielen – gutes Gegenpressing praktiziert, wären auch Fehler Phiris in einer hohen Zone des Spielfelds kein Beinbruch.
Muss Brøndby sicherheitshalber verkaufen?
Noch ein Jahr lang läuft der Vertrag des Mittelfeldspielers, der von allen Seiten als professioneller, hart arbeitender Hoffnungsträger beschrieben wird. Erst letzte Woche erzielte er beim COSAFA-Cup gegen Swasiland seinen ersten Treffer für die südafrikanische Nationalmannschaft. Die Ablösesumme wäre angesichts der verbleibenden Vertragslaufzeit wohl für Rapid zu stemmen und naturgemäß benötigt Brøndby in dieser Phase der Saison Transfererlöse zur Absicherung. Auch heuer ist nicht zu erwarten, dass sich der Klub für die Europa League Gruppenphase qualifiziert, muss er doch durch vier schweißtreibende Runden. Und eine etwaige Phiri-Million bekommt man von Rapid ausschließlich jetzt – nicht aber Ende Juli oder gar im August. Denn da muss bereits eine grün-weiße Meistermannschaft stehen, sofern alle Entscheidungsträger auch noch den Ankick zur nächsten Saison miterleben wollen.
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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